Und dann kam Ute (German Edition)
den kleinen Strahleflummi und drückte ihn. Seine kleinen Ärmchen umschlangen meinen Hals. Er schmatzte mir einen dicken, feuchten Kuss auf die Backe und stellte die typischste aller Kinderfragen: «Hast du mir was mitgebracht?»
Ich gab ihm ein Riesenüberraschungsei und überreichte Ute umständlich die Anstaltspackung Mon Chéri. Fast gleichzeitig sagten wir beide: «Es tut mir leid!»
Aber Ute hielt sich nicht lange mit Gefühlsduseleien auf: «Du bringst jetzt den Kurzen ins Bett. Waschen, Zähneputzen, Geschichte vorlesen und dann Feierabend. Ich mach uns in der Zwischenzeit ein paar Häppchen.» Was hatte ich diesen Kasernenhofton vermisst!
Eine halbe Stunde später war der Drops gelutscht, und Philipp schlief tief und fest.
Wir machten es uns im Wohnzimmer bequem und aßen biologisch korrektes Dinkel-Amaranth-Brot mit vegetarischem Leberwurstersatz.
«Mmh, Ute, der Vollkornsekt schmeckt so süffig. Pelzig im Schritt, fruchtig im Abgang. 93er Südlage, Château Migraine!» Sie grinste über beide Ohren.
«Oh Mann, bitte sag es nicht weiter, aber du glaubst gar nicht, wie sehr ich deine blöden Sprüche vermisst habe.»
«Hört sich gut an, Ute, aber … ganz ehrlich, als ich dich das letzte Mal gesehen hab, hatte ich nicht den Eindruck, dass du irgendwas an mir besonders schätzt.»
«Kann schon sein. Ich war einfach total sauer, weil ich in Heiko verknallt war. Natürlich kannte ich alle Geschichten über den Typ, aber ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Versteh mich nicht falsch, der konnte echt nett und charmant sein. Ich kann mir das selber nicht erklären. Ich war nicht bei mir. Vielleicht war es aber eben genau das, was ich zu dem Zeitpunkt brauchte.»
Vorsichtig tastete ich mich vor.
«Und was ist jetzt mit Heiko? Seid ihr noch zusammen, oder …?»
«Nein, es ist vorbei. Am Ende war er genau so wie sein Ruf: ein eitler, selbstgefälliger Fatzke, der jungen Weibern hinterhersteigt. Billig und niveaulos. Ich könnte mich ohrfeigen. Das alles ist mir so peinlich.»
Ich schaute ihr tief in die Augen und überraschte sie mit meinem alten Komplimente-Trick: «Du siehst toll aus, wenn du wütend wirst.»
Damit war das Eis endgültig gebrochen. Ich erzählte von meinen Abenteuern der letzten zwölf Monate – natürlich nur in der FSK-12-Version, die größten Exzesse ließ ich schön beiseite, hätte sie ja eh nicht geglaubt. Aber – Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste … da nehm ich doch lieber die Tochter. Ich glaube, an diesem Abend waren wir die glücklichsten Menschen der Welt. Ich hätte meinen Porsche verwettet, dass Ute mich genauso vermisst hatte wie ich sie … Definitiv mehr, als sie zugeben konnte oder wollte. Aber auch in dieser Angelegenheit waren wir uns ja einig. Wir verbrachten noch ein paar wundervolle Stunden mit Geschichten, Wein und Musik. Oder mit dem, was Ute so Musik nennt. Meiner Meinung nach gehören Harfen auf die Artenschutzliste, und der Handel mit ihnen sollte verboten werden.
Gegen zwei Uhr morgens gingen wir zufrieden und endgültig versöhnt auseinander. In den nächsten drei Wochen war alles wieder wie früher. Wir feierten Philipps dritten Geburtstag mit dem ganzen Haus und einer ausgelassenen Meute tobender Kinder. Ich hatte einen Westernplanwagen gemietet, und unter großem Hallo der als Cowboy und Indianer verkleideten Fruchtzwerge ging es wild schießend und johlend durch die Essener Fußgängerzone.
Anfang April verabschiedete ich mich dann, weil ich nach Ghana, Westafrika, reiste. Und das kam so: Ich hatte im Dezember 2010 bei Günther Jauchs Promi-Special von «Wer wird Millionär?» eine halbe Million Euro abgeräumt und der Hilfsorganisation «Madamfo Ghana» gespendet. Bettina Landgrafe, Gründerin und Chefin dieser Organisation, hatte mit dem Geld ein Kinderkrankenhaus in Ghana an der Grenze zur Elfenbeinküste gebaut. Kennengelernt hatte ich diese großartige Frau über einen gemeinsamen Freund, der für mich nach einem sinnvollen Hilfsprojekt gesucht hatte, bei dem das Spendengeld ankommen würde. Also verabredete ich mich mit Bettina in einem Café in Hagen und war begeistert von dieser gutaussehenden Frau mit den langen blonden Haaren. Genau so hatte ich mir die hilfsbedürftige Afrikanerin auch vorgestellt …
Aber im Ernst: Innerhalb eines Jahres baute Madamfo Ghana ein neues Kinderkrankenhaus, das von den Müttern in der Region sofort stark frequentiert wurde. Wie man im Volksmund sagt: Die Bude war jeden Tag
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