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Und dann kam Ute (German Edition)

Und dann kam Ute (German Edition)

Titel: Und dann kam Ute (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Atze Schröder
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meine es todernst. Sei pünktlich! Der Kleine weiß Bescheid und wartet auf dich. Pünktlich!»
    Bevor ich losfuhr, holte ich den Zettel aus dem Briefkasten. Da stand aber auch wirklich alles drauf: «Rudolf-Diesel-Waldorfkindergarten im Zeisigweg 4, Maikäfergruppe, Philipp Peymann, keine Cowboystiefel tragen, beim Anorakanziehen nicht fluchen, die Gummistiefel auf den Ständer, Schal und Mütze nicht vergessen, Butterbrottasche ist die mit dem Elefanten drauf, NICHT mit dem Porsche abholen und auf keinen Fall mit den Erzieherinnen diskutieren.»
    Ich warf den Zettel weg, stieg in meinen Porsche und donnerte mit viel Zwischengas Richtung Öko-Guantánamo. In meiner grenzenlosen Naivität glaubte ich, die anderen Mütter kämen alle mit dem Rad oder zu Fuß, um ihre Brut einzusammeln, aber – weit gefehlt. Was für ein Theater vor dem Waldorfkindergarten! Anthroposophisch korrekte Mütter in dicken SUVs und aufgemotzten Multivans kämpften erbittert um jeden Zentimeter Stellplatz. Weit und breit kein Parkplatz in Sicht – bis auf das kleine Rasenstück direkt vor dem Eingang. Mit elegant vorgetragener Rockford-Wende platzierte ich meinen Boliden zentimetergenau auf diesem unberührten Stück Muttererde. Ich stieg geschmeidig aus und hatte noch die Tür in der Hand, da stapfte schon das erste bunt gefiederte Ozonloch auf mich zu.
    «Na toll, Sie sind ja ein schönes Vorbild für die Kinder!»
    «Ganz ruhig, Lady Tofu. Erstens ist das hier der neue VIP-Parkplatz, und zweitens machst du doch mit deinen Birkenstock-Tretern Größe 52 mehr Mutterboden platt als ’ne Planierraupe. Außerdem – was bist du denn für ein Vorbild? Free Willy unrasiert?» Mit offenem Mund versank das Muttertier in schwere Depressionen. An dieser Front hatte ich schon mal für Ruhe gesorgt. Leider war ich zu früh gekommen; wir mussten noch zehn Minuten auf die Kinder warten. Es war die Hölle! Da stand ich völlig unvorbereitet mit 38 gewaltbereiten Terrormüttern am Zaun. Drei Stunden hatten die Kinder offensichtlich friedlich miteinander und in Ruhe gespielt – bis die Zaunmeisen-Mamis kamen und das Gekeife losbrach. Eine rosa Steppjacke eröffnete den vielstimmigen Kanon.

    «Finja, nicht so hoch schaukeln. Finja – nicht so hoch! Hast du gehört, Finja? Nicht so ho-hoch!»
    Jetzt setzte ein stimmgewaltiges Kopftuch ein:
    «Yoldas! Yoldas! Nicht den Mirko mitte Schüppe inne Fresse! Da sind wir Geburtstag!»
    Die Steppjacke ging in die nächsthöhere Oktave.
    «Finja, steh wieder auf. Kugel dir den Arm selber wieder ein. Du kannst das!»
    Auftritt einer klirrenden Barbour-Jacke:
    «Alexander, musst du? Alexander, musst du? Alexander, musst du? Alexander, musst du? Alexander, wenn du musst – dann geh! Geeeh-heeee! Natürlich musst du, ich sehe es doch! Alexander! Ja, jetzt is’ auch egal. Lass es liegen. Lass es … du sollst es liegenlassen! Grab es unter! Nicht mit den Hä… mit der Schüppe!»
    Gott sei Dank wurde das Tor endlich aufgeschlossen. Ich wollte schnell rein, den Kurzen abklatschen und ab nach Hause – aber von wegen. Wir Eltern mussten uns erst mal an den Händen fassen und gemeinsam ein Lied singen.
    «Alle Leut’, alle Leut’ gehn jetzt nach Haus!
    Große Leut’, kleine Leut’!
    Dünne Leut’, dicke Leut’!
    Alle Leut’, alle Leut’ gehn jetzt nach Haus!»

    Das Ganze war doch eine Falle aus «Verstehen Sie Spaß?». Gleich würden Kurt und Paola Felix um die Ecke eiern. Falls das Theater hier aber doch seriös gemeint sein sollte, würde ich nachher mal ein ernstes Wort mit Ute reden müssen.
    Nach dem unfreiwilligen Gejaller mit den «Fischer-Chören» ging ich natürlich sofort in die Maikäfergruppe und brüllte absichtlich laut: «Philipp, alter Fischstäbchenwemser! Alles akkurat im Spagat? Wo ist mein kleiner Playmo-Fucker?»
    Wenn Blicke töten könnten! Ungefilterte Feindseligkeit aus hasserfüllten, verbiesterten Augen schlug mir entgegen.
    Welch ein Ansporn! Ich legte ’ne Schüppe nach: «Komm mal her, mein kleiner Puddinglude, ich bind dir mal schnell die Schuhe zu!»
    «Schuhe zubinden kann unsere Finja schon ganz alleine!», blökte das rosa Steppschaf schnippisch rüber.
    «Aber nicht mit dem ausgekugelten Arm, gnädige Frau.»
    Seelenruhig machte ich Philipp den Anorak zu. Die letzte Beißhemmung fiel, und das gesamte Mutterrudel machte sich kläffend und geifernd übereinander her.
    «Unser Yoldas kann auch schon Schuhe zubinden. Der kann auch schon bis hundert zählen.»
    «Das ist

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