Und dann kusste er mich
Rom und ich haben uns nur unterhalten.« Charlie wischte einen Grashalm von seinem Hosenbein. »Wenn wir gegen sieben rübergehen, bleibt uns genügend Zeit, alles noch einmal zu überprüfen, bevor die Feier losgeht.«
»Cool.« Tom zwinkerte mir zu: »Dann könnt ihr euch ja weiter unterhalten !«
Charlie schob die Hände in die Hosentaschen und blickte zu mir herunter. »Er ist ein Blödmann.«
Erneut verstummte er, und ich fühlte mich an das bedeutungsschwere Schweigen in den Wochen vor Weihnachten erinnert, als eine Flut von unausgesprochenen Dingen zwischen uns zu liegen schien. Dieses Schweigen war für meine Liebeserklärung verantwortlich gewesen, da ich es als Bestätigung für seine Gefühle mir gegenüber interpretiert hatte. Diese Annahme hatte sich als spektakulärer Irrtum erwiesen – warum sollte also jetzt plötzlich mehr dahinterstecken?
Die Härchen an meinem Unterarm stellten sich auf, und ich nahm das als Zeichen, das Weite zu suchen. »Ich werde mich noch ein Stündchen hinlegen, bevor es losgeht.«
»Cool. Da bin ich dabei …« Seine Augen weiteten sich vor Schreck. »Ähm, ich meine beim Schlafen, nicht, also …«
Dumm gelaufen, Charlie, was? »Du wirst ja rot!«
Er wandte den Blick ab. »Quatsch.«
»Sei unbesorgt, ich verstehe das nicht als Einladung.« Die Spöttelei fühlte sich gut an, obwohl sie nur meine eigene Verlegenheit kaschieren sollte. »Außerdem ist es ein Einzelzimmer, da ist nur Platz für mich …«
Seine Röte wurde noch intensiver. »Rom! Was redest du denn da?«
»Beruhige dich wieder, okay? Irgendwann können wir hoffentlich über die Geschichte von Weihnachten lachen. Und seien wir doch mal ehrlich: Wenn jemand das Recht hat, sich über das Ganze zu grämen, dann ja wohl ich.«
»Aber du hast doch nur gesagt, was du empfindest. Das ist kein Grund, dir Vorwürfe zu machen.«
Ich war mir nicht sicher, ob er das herablassend meinte oder nicht, doch sein Ton ärgerte mich. Glaubte er etwa, ich wäre immer noch in ihn verliebt? Trotz allem, was ich in meine Suche investiert hatte? Falls ja, wie eingebildet war das denn bitte von ihm? »Ich mache mir überhaupt keine Vorwürfe. Ich will nur, dass unser Verhältnis wieder so ist wie früher, bevor ich dir meine unsterbliche Liebe erklärt habe.«
»Oh.«
»Ja. Also sei nachsichtig mit mir und lass mich über meinen Fehler wenigstens Witze reißen.« Ich drehte mich zum Gehen um, doch Charlie hielt mich am Arm fest.
»Und wenn es kein Fehler war?«
Ich funkelte ihn an. »Es war einer.«
Seine Stimme wurde sanft. »Aber du warst dir an Weihnachten so sicher …«
Ich entwand ihm meinen Arm. »Charlie, Schluss jetzt! Verstehst du keinen Scherz mehr? Das … ist nicht fair.« Ich bückte mich, um meine leere Teetasse einzusammeln, und richtete mich dann langsam wieder auf, bis ich ihm direkt gegenüberstand. »Du wolltest doch, das es zwi schen uns wieder ist wie früher, oder? Nun, genau darum bemühe ich mich jetzt.«
Er gab keine Antwort. Plötzlich wirkte er so verletzlich, wie ich ihn noch nie erlebt hatte – als würde er zusammenbrechen, wenn ich noch ein weiteres Wort sagte.
So kamen wir nicht weiter. Ich trat zurück und legte meine Hand für einen Moment leicht auf seine Brust. »Entschuldige, aber ich muss mich jetzt wirklich hinlegen. Bis später.«
Ich ging auf das Cottage zu, spürte jedoch, wie er jeden meiner Schritte beobachtete.
»Toast?«, fragte Tom am nächsten Morgen. Es war halb acht, und ich hatte eine unruhige Nacht hinter mir. Also war ich früh aufgestanden und schon einmal in die Küche gegangen, wo ich zu meiner Überraschung Tom vorfand.
Mir war übel, und ich hatte ein flaues Gefühl im Magen. »Nein, danke, nur eine Tasse Tee, falls gerade einer da ist.«
Gespielt gekränkt schüttelte er den Kopf. »Wenn ich in der Küche bin, ist immer Tee da.« Er ergriff die mit Rosen bemalte Teekanne und schenkte mir eine Tasse ein. Als ich mich an den großen Eichenholztisch setzte, sah er mich besorgt an: »Bist du okay, Rom?«
»Ja, nur wahnsinnig müde. Ich habe schlecht geschlafen.«
»Das liegt wahrscheinlich an dem fremden Bett. Mir geht’s genauso, deshalb das zeitige Frühstück. Hey, du siehst echt mitgenommen aus.«
»Danke.« Ich legte beide Hände um die Tasse, die eine wohltuende Wärme verströmte. »Wann seid ihr gestern ins Bett gegangen?«
»Bei mir war es gegen zwei, und bei Wren und Sophie war es sicher nicht viel später. Aber Jack und Charlie haben ewig
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