Und dann kusste er mich
wusste das besser als Dwayne – Verzeihung: D’Wayne .
»Gut und schön, aber es hört sich trotzdem bescheuert an«, bemerkte Jack trocken, worauf wieder alle losprusteten.
Vor etwas über einem Jahr beschlossen wir, dass The Pinstripes einen Manager brauchten, der sich um unsere Vermarktung und die Buchungen kümmerte. Ich wusste immer noch nicht genau, wie wir auf D’Wayne McDougall gestoßen waren, aber vermutlich hatten wir uns wie oft in solchen Fällen an die Empfehlung irgendeines Musikers gehalten, den einer von uns im Pub kennengelernt hatte. Wer immer ihn empfohlen hatte, er sollte einen Tritt in den Allerwertesten kriegen, da D’Wayne mit dem Vermarkten von Bands keinerlei Erfahrung hatte. Weder mit Band-PR noch mit Bandmanagement oder – da wir schon einmal dabei sind – mit der Planung von Auftritten. Dafür verstand er es ausgezeichnet, den Eindruck zu erwecken, dass die richtig fetten Aufträge nur ein Telefongespräch entfernt wären. Und er besaß ein meisterliches Talent dafür, den Ruhm für erfolgreiche Auftritte einzuheimsen, obwohl wir schlussendlich alles selbst organisiert hatten. (Immerhin hatte er beeindruckende schwarze Afrolocken, die wie dunkel züngelnde Flammen abstanden und an den Seiten zu eindrucksvollen Mustern ausrasiert waren.) Doch da wir Pinstripes nun mal unerschütterliche Optimisten waren, hofften wir, dass unser Manager an diesem Abend mit frohen Botschaften aufwarten würde.
Während wir unser bunt zusammengewürfeltes Festmahl verspeisten, wanderte mein Blick der Reihe nach über meine besten Freunde. Tom mit seinem dunklen Haar und der durchtrainierten Radlerfigur war wie immer urkomisch und gab bei jeder Gelegenheit spontane Comedyeinlagen zum Besten. Wren mit ihren flammend roten Haaren und ihrer elfenhaften Statur verwirrte die Jungs mit ihrer Schlagfertigkeit und ihren (es muss einmal gesagt werden!) wirklich dreckigen Witzen. Jack war groß und witzig, hatte grünblaue Augen, kurz geschorenes braunes Haar und ein so lautes und markantes Lachen, dass man ihn schon von weitem heraushörte, noch bevor man ein Zimmer betrat. Sophie, ruhig und nachdenklich und eine tolle Zuhörerin, steckte ihr langes blondes Haar immer auf diese nachlässig-schicke Art hoch, die so mühelos aussah, aber vermutlich stundenlanges Styling erforderte. Und dann war da Charlie mit seinem nussbraunen Haar und den mitternachtsblauen Augen, die sich, je nach der Farbe seiner Kleidung, zu verändern schienen. Er war durch und durch Musiker und wie Jack ein Fan von ziemlich schrägem Jazz. Obwohl mich sein Anblick schmerzte und das Gefühl von Scham noch sehr präsent war, tat es mir dennoch gut, mit ihm und meinen anderen Freunden zusammen zu sein. In ihrer Gesellschaft konnte ich immer ich selbst sein, ich fügte mich mühelos ein, als schlüpfte ich in ein Paar bequeme Lieblingsschuhe, konnte mit ihnen über die selben Witze lachen und enthusiastisch über Musik diskutieren. Die Sache mit Charlie hatte definitiv einen Missklang hineingebracht, doch zum Glück schienen die anderen nichts davon zu merken.
Nach dem Vier-Gänge-Menü, bestehend aus einer Vor speise (Jacks vornehme Würstchen), gebratenen Lachsfilets mit Zitronensaft und Bockshornklee von Charlie, einem hervorragenden würzigen Schmorbraten mit knus prigen Kräuterkartoffeln von Tom (eindeutig von Nigel Slater beeinflusst, den er anbetet), meinen Nachspeisen und Kaffee mit Pfefferminzbonbons von Wren (deren Vorstellung von Kochkunst darin bestand, genau zu wissen, wo man was in der Lebensmittelabteilung von Marks & Spencer fand – doch sie kam damit immer durch, weil wir sie so gern hatten), zogen wir ins Wohnzimmer um.
Ich liebte Jacks und Sophies Haus – eine alte edwardia nische Villa mit großzügigen Räumen, hohen Decken, Stuckrosen und Bilderleisten. Sie hatten es vor vier Jahren gemietet, und jede Woche landeten wir alle an irgendeinem Abend dort. Ich besuchte die beiden oft am Samstagnachmittag, wenn wir nicht gerade einen Auftritt hatten, oder wochentags nach der Arbeit, wenn Jack kochte und die Aussicht auf ein herzhaftes Abendessen zu verführerisch war, um zu widerstehen.
Zum Glück hatte Jack mir angeboten, im Gästezimmer zu übernachten, so dass ich mir den Luxus erlauben konnte, an diesem Abend etwas mehr zu trinken als sonst.
Jack legte ein Album von den Yellowjackets auf, während Sophie und ich Schüsselchen mit Schokolade, Nüssen und Keksen auf den niedrigen Holzcouchtisch stellten. Wie immer
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