Und dann kusste er mich
murmelte meine Tante.
»Das ist nicht erfunden! Meine Mutter hat das ständig gesagt!«
»Ach, wenn deine Mutter es gesagt hat, muss es natürlich ein richtiges Wort sein, da sie ja bekanntermaßen keine Spinnerin war!«
Onkel Dudley schüttelte den Kopf und redete unbeirrt weiter. »Ein Hochihoch ist, wenn sich Sachen auftun, die deine düstere Stimmung vertreiben. Zum Beispiel, wenn ich wegen meiner Arthritis eine schwere Woche hatte und dann auf dem Flohmarkt irgendwas Besonderes entdecke. Oder als ich damals erfuhr, dass die Belegschaft in meiner Abteilung um die Hälfte gestrichen werden sollte, dann aber herausfand, dass ich ohne irgendwelche finanziellen Einbußen in den vorzeitigen Ruhestand gehen konnte. Es ist so, als würde man an einem trüben Tag einen schimmernden Penny finden, oder wenn Tante Mags einen neuen Kuchen backt, der genau das ist, was ich gerade brauche. Du hattest in letzter Zeit ein paar schwere Niederlagen. Also ist es höchste Zeit für ein kleines Hochihoch.«
Manchmal liebte ich meinen Onkel so sehr, dass ich ihn hätte auffressen können. »Welches Hochihoch schlägst du mir also vor?«
Er strahlte so hell wie die Maisonne, die durch die Fenster von Our Pol hereinschien. »Gute Frage! Also, nach diesen Rückschlägen hast du dich bestimmt gefragt, wie deine Chancen stehen, den Burschen zu finden. Ich habe ein wenig im Netz recherchiert, und du wirst nicht glauben, was ich entdeckt habe!« Er nahm ein Blatt von dem Papierstapel. »Hör dir das an: ›Ein Mann aus Solihull ist mit seiner Jugendliebe wieder vereint, nachdem er auf einen Brief gestoßen war, den sie ihm vor dreißig Jahren geschrieben hatte. Al Cunningham hatte den Kontakt zu seiner ersten großen Liebe, Ruth Lucas, verloren, als ihre Familie nach Leicestershire zog. Nachdem er sechs Monate nichts von ihr gehört hatte, nahm er an, sie hätte ihn vergessen, und so heiratete er eine andere Frau und bekam Kinder mit ihr. Nach dem Tod seiner Mutter entdeckte Alan, der mittlerweile geschieden war, in einer Kommode einen Brief von seiner Jugendliebe, der dreißig Jahre dort gelegen hatte. »Meine Mutter war mit Ruth nicht einverstanden gewesen und hat den Brief vor mir versteckt, in der Hoffnung, ich würde Ruth vergessen«, erzählte der nunmehr sechsundvierzig Jahre alte Mr Cunningham. Als er die Adresse aufsuchte, die Ms Lucas in ihrem Brief angegeben hatte, traf er auf einen Nachbarn, der noch Kontakt zu der Familie hatte. Seit fünf Monaten ist das Paar nun wieder vereint und will noch in diesem Jahr auf St. Lucia seine Traumhochzeit feiern. »Ich konnte es nicht glauben, als Alan mich anrief«, sagte Ms Lucas, die inzwischen bei ihrem Verlobten in Solihull lebt. »Als wir uns wiedersahen, war es, als wären wir all die Jahre gar nicht getrennt gewesen. Ich habe nie aufgehört, an ihn zu denken, obwohl er nicht auf meinen Brief geantwortet hatte. Er ist mein Seelenverwandter, und wir freuen uns, den Rest unseres Lebens gemeinsam verbringen zu dürfen.«‹ Siehst du? Wahre Liebe überwindet alle Schranken!«
Ich musste zugeben, dass diese Kostprobe eines Hochihoch ausgesprochen reizvoll, wenn auch nur schwer zu überbieten war. Und es gab noch mehr Geschichten, die Onkel Dudley zu meiner Ermutigung gesammelt hatte – mindestens fünfzig Beispiele, in denen die Liebe entgegen aller Wahrscheinlichkeit triumphiert hatte. Die nächsten eineinhalb Stunden lang lasen wir gebannt diese wahren Liebesgeschichten, die manchmal so schön waren, dass wir alle drei vor Rührung weinten.
»Ach, herrje«, bemerkte Tante Mags lachend und wischte sich mit einem Schürzenzipfel die Augen. »Was sind wir drei doch für Heulsusen!«
»Wenn wir so weitermachen, wird Our Pol auf den Grund des Kanals absaufen«, sagte Onkel Dudley schmunzelnd und fügte dann, an mich gewandt, hinzu: »Wichtig ist vor allem eines, Romily: All diese Geschichten haben sich wirklich zugetragen. Also bewahre dir deinen Glauben und deine Zuversicht, dann kann nichts schiefgehen.« Er klopfte auf den Papierstapel an Beweisen. »Bis Weihnachten könnte eine dieser Geschichten deine sein.«
Ebenso wie Tante Mags’ Backwaren immer perfekt zu meiner Stimmungslage passten, war Onkel Dudleys Wahre-Liebe-Recherche genau das, was ich in diesem Moment brauchte. Bei so vielen Menschen, die mich unterstützten, der verheißungsvollen Aussicht auf Caytes Artikel und noch knapp sieben Monaten Zeit war ich optimistischer denn je, dass der Erfolg in Reichweite war.
Ich
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