und das Geheimnis der Tuerme
Wohnzimmer von Eichenruh.
Das Telefon konnte jeden Moment klingeln, das wusste er.
Während es allmählich dunkel wurde, stand Charles auf und goss sich einen weiteren Whisky ein. Er rieb sich die Stirn. Die Mädchen werden mich noch kennenlernen, dachte er.
Dabei sind es so nette Kinder. Warum mache ich das alles überhaupt?
Er setzte sich wieder in seinen Sessel und starrte in die Dunkelheit. Geld, dachte er. Ich brauche das Geld.
Das Telefon klingelte. Charles nahm einen großen Schluck Whisky, bevor er zum Hörer griff.
Die vier Himmelsrichtungen
Als Charles am Sonntagmorgen erwachte, gellte Glendas Stimme noch immer in seinen Ohren. Die ganze Nacht über war sie ihm im Traum erschienen. Er hatte sich herumgewälzt und hin- und hergeworfen und war mit dem Gefühl aufgewacht, sein Schädel müsse jeden Moment explodieren. Jetzt saß er in der Küche, trank einen Kaffee und sah hinaus in den Garten. Gewaltige graue Wolken türmten sich am Himmel auf, und von Zeit zu Zeit war ein drohendes Grollen zu vernehmen.
In Gedanken jedoch war er bei Glenda. Als er ihr beschrieben hatte, wie Flora das Kästchen auf dem Dorffest gefunden und ihm in sage und schreibe letzter Sekunde vor der Nase weggeschnappt hatte, hatte sie vor Wut schier geschäumt.
»Du Dummkopf!«, hatte sie ins Telefon gekreischt.
Charles hatte die Zähne zusammengebissen. Glenda akzeptierte keine Entschuldigungen. Es spielte keine Rolle, dass er nicht hatte wissen können, dass das Kästchen dort sein würde. Niemand hätte das vorausahnen können, nicht in einer Million Jahren.
In dem Kästchen war etwas, das Glenda mehr als alles andere auf der Welt haben wollte. Ein Dokument, so hatte sie ihm erzählt, das die uralte Magie der Cantrip-Familie in sich barg.
Glenda hatte ihm stets erzählt, dass ihre Großmutter Margaret dieses Stück Magie von ihrer Mutter Lily hätte erben sollen. Ein Großteil der Magie wurde über die weibliche Linie der Cantrip-Familie von Generation zu Generation weitergegeben. Aber anstatt das uralte Geheimnis Margaret anzuvertrauen, hatte Lily Cantrip es an Sidney weitergegeben, ihr drittes Kind. Er hatte die uralte Magie in seinem Zuhause verankert: Cantrip Towers.
Charles war scharfsinnig genug, um zu erkennen, dass Lily das Wohl der ganzen Familie im Auge gehabt hatte und ihre Entscheidung weise gewesen war. Indem sie das Geheimnis Sidney anvertraute, hatte sie dafür gesorgt, dass dieser sehr mächtige Teil der Cantrip-Magie in den Händen der guten Cantrips blieb. Sidney war ein ausgeglichener und freundlicher Mensch, ihm war bewusst, dass Magie zu besitzen bedeutete, eine große Verantwortung zu tragen, und man sie niemals leichtfertig einsetzen durfte. Von dem, was sowohl Glenda als auch sein Vater Bernard ihm erzählt hatten, wusste Charles, dass Lily schon früh erkannt hatte, wie rücksichtslos und ehrgeizig ihre Tochter war, sosehr sie Margaret auch liebte.
Lilys Urenkelin Glenda schien ähnliche Charakterzüge zu besitzen, dachte Charles.
Sicher war jedenfalls, dass die Entscheidung, Sidney das Geheimnis zu vermachen, zu einem Riss geführt hatte, der mitten durch die Familie hindurchlief. Vielleicht wäre diese Wunde inzwischen verheilt, wäre sie nicht durch Glendas Bemühungen, die uralte Magie der Cantrips für ihre Seite der Familie zurückzuerobern, wieder aufgerissen worden. Glenda würde nicht eher aufgeben, bis ihr genau das gelungen war. Und sie hatte entschieden, dass es sein Job war, die Drecksarbeit zu erledigen.
Charles sah weiter aus dem Fenster, während er seine Situation Stück für Stück im Geiste durchging.
Beruflich könnte es nicht besser laufen, dachte er. Ich verstehe mich gut mit meinem Cousin Stephen, einem Mann, der viele wichtige Leute kennt. Wenn ich mit der Inventarliste für Colin und Ottalie fertig bin, werde ich nach London zurückkehren. Der erste Teil der Arbeit liegt schon hinter mir, in den nächsten fünf Tagen muss ich nur noch die Bilder ablichten.
Das alles ist wunderbar, dachte Charles und nahm einen Schluck Kaffee.
In meinem Privatleben läuft dagegen nicht alles rund, überlegte er. Glenda sitzt mir im Nacken, und ich habe ihr bis jetzt nicht die gewünschten Informationen beschafft. Wenn es mir nicht gelingt, wird sie mich nicht bezahlen und dann stecke ich wirklich in Schwierigkeiten. Dazu kommt, dass ich von ein paar kleinen Mädchen ausgetrickst worden bin und sie nun von meinen Kräften wissen. Sie werden bestimmt etwas aushecken, um das nächste
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