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und das geheimnisvolle Erbe

und das geheimnisvolle Erbe

Titel: und das geheimnisvolle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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meiner Tür, ein rothaariger Kater, der ein Bein nachzog und kläglich miaute. Ein Schälchen Sahne kurierte das Hinken auf wundersame Weise, und nach einer Nacht in der warmen Ecke am Küchenherd war das klägliche Mi-auen einem Fauchen gewichen, das den armen Milchmann so erschreckte, dass er eine Flasche Milch fallen ließ. Ich habe den Kater im Verdacht, dass er vorsätzlich handelte, da er die Milch sofort aufleckte.
    Nun gibt es im ganzen Haus keine Pflanze mehr, die vor seiner Zerstörungswut sicher ist, außerdem wetzt er seine Krallen am Tisch im Esszimmer. Et-wa ein Dutzend Mal am Tag bringt er mich auf die Palme. Ich weiß, ich sollte ihn hinauswerfen – soll er sich doch selbst sein Futter besorgen –, aber Beth, ich mag ihn. Seit er im Haus ist, habe ich nicht eine langweilige Minute gehabt, außerdem wärmt er mir nachts die Füße. Und das muss doch ein paar Pflanzen im Haus aufwiegen. Sage ich mir jedenfalls.
    Ich habe ihn Attila getauft. «

    Bill lachte, während er sich das Datum des Briefes notierte, für den Fall, dass er später darauf zurückkommen wollte.
    »Warte«, sagte ich, »mach das Notizbuch noch nicht zu.«
    »Warum? Was hast du gefunden?«
    Ich las vor:

    »Meine liebste Beth,
    Liebes, warum tun wir uns Weihnachten an? Wenn der liebe Gott gewusst hätte, was er da anrichtet, dann hätte er doch bestimmt die Geburt seines Sohnes nur einem kleinen Freundeskreis durch eine Privatanzeige bekannt gegeben und sie zu Still-schweigen verpflichtet. Wenn das nicht möglich gewesen wäre, hätte er wenigstens eine große Familie haben können und die Geburtstage seiner Kinder über das ganze Jahr verteilen können. Aber nein. In Seiner unendlichen Weisheit hat der Allmächtige nur einen Sohn gezeugt und damit ein Freudenfest vom Zaun gebrochen, an dem nur ein Geschäftsmann Gefallen finden kann.
    Ich bin gerade aus dem Tal der Tränen zurückge-kommen, in das sich London in der Woche vor Weihnachten verwandelt. Sollte ich noch einmal auf den Einfall kommen, in dieser Zeit in die In-nenstadt zu fahren, kannst du mich getrost zu meiner eigenen Sicherheit einsperren lassen. Nur ein Irrer begibt sich freiwillig in das weihnachtlich geschmückte Harrod’s – ausgerechnet.
    Stell dir einen Forellenschwarm von voll gepackten, zappelnden Menschen vor; stell dir das eingefrorene Grinsen auf den Gesichtern der Verkäufer vor, die sich vor Erschöpfung kaum mehr auf den Beinen halten können; stell dir meinen Fuß unter dem eines schnaufenden und beängstigend gut genährten Mannes vor.
    Und stelle dir meine Enttäuschung vor, als ich –
    nachdem ich das alles überlebt hatte – mit leeren Händen wieder nach Hause ging. Die Taschenlampe, der einzige Grund, warum ich mich überhaupt in dieses Gewühl gestürzt hatte, gab es nicht, und ich werde bis zum März oder vielleicht sogar bis Juni mit Kerzen auskommen müssen. Wenn Gott will, werden sich die Scharen bis dahin verlaufen haben …«

    »Kein Wunder, dass deiner Mutter diese Freundschaft so viel bedeutet hat«, sagte Bill. »Kannst du dir vorstellen, immer wieder solche Briefe zu bekommen?«
    Ich nannte ihm das Datum des Briefes und las weiter. Es machte Spaß, diese mir aus den Geschichten vertrauten Episoden zu lesen, aber noch mehr zog mich das sich vor meinem inneren Auge entfaltende Alltagsleben Dimitys sowie der häufige Bezug auf ihre gemeinsame Zeit in London in Bann.
    »Wie findest du das?«, sagte ich. »Dimity die Ehestifterin.«
    Bill erschrak beim Klang meiner Stimme. »Was hast du?«
    Ich sah auf. »Entschuldige«, sagte ich, »aber ich habe gerade erfahren, dass sich meine Eltern durch Dimity kennen gelernt haben.«
    Bill zwinkerte ein paar Mal, dann sagte er: »Tatsächlich?«
    »Es steht alles hier, schwarz auf weiß: ›… an jenem Abend in Berkeley Square, als ich dir Joe vorstellte.‹ Ich wusste, dass sie sich im Krieg kennen gelernt hatten, aber nicht, dass Dimity dahin-tersteckte. Jedenfalls haben sie großartig zusam-mengepasst.«
    »Hältst du etwas von solchen Sachen?«, fragte Bill.
    »Wovon, vom Ehestiften?« Ich überlegte. Nicht dass ich jemals groß darüber nachgedacht hätte.
    »Ich glaube, dagegen ist nichts einzuwenden. Wenn man die Leute gut genug kennt und denkt, dass es funktionieren könnte – warum sollte man sie dann nicht zusammenbringen? Was sollte daran falsch sein?«
    »Mir fällt auch kein Gegenargument ein«, sagte Bill.
    »Warum? Hat dein Vater es bei dir versucht?«
    »Nein«, sagte er, indem er

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