und das Goldene Dreieck
Karte vernünftiger, aber sie fand weder das eine, noch das andere im Rucksack. Das Funkgerät deutete auf ein Treffen, auf Mitteilungen, auf andere Leute hin, und weckte das Gefühl in ihr, daß Mornajay sie belogen hatte, was den Zweck seines Hierseins betraf.
Gewiß, es gab Rätsel auf, aber ihr war klar, daß ihre Gedanken rein spekulativ waren, und was immer Mornajay tatsächlich in diese Berge geführt hatte, es war zweifelhaft, ob er sie wieder verlassen würde. Deshalb tat er ihr leid. Seufzend packte sie Funkgerät und Revolver wieder in den Rucksack und kehrte zu Mornajay zurück. Dann fing sie erneut an, von hundert rückwärts bis eins zu zählen.
»Das ist entsetzlich langweilig«, beschwerte sie sich, als sie es geschafft hatte. Trotzdem fing sie noch einmal von vorne an. Sie war bei zwanzig angelangt, als sie in der Ferne Geräusche hörte: Jemand, der sich mit einem Buschmesser seinen Weg bahnte. Und dann hörte sie die Stimme: Bonchoo, der sie rief.
»Bonchoo!« schrie sie und sprang auf. »O Bonchoo - Bonchoo!«
Er kam zurück... Mit Tränen in den Augen sah sie die breitschultrige, stämmige Gestalt zwischen den Bäumen und Schlingpflanzen auftauchen. »Ich habe Hilfe mitgebracht!« rief er ihr zu.
»Hilfe?« wiederholte sie verständnislos. Doch da entdeckte sie zu ihrer Verblüffung etwas Oranges im Wald hinter Bonchoo, und in einigem Abstand einen ähnlichen Farbklecks. Die beiden orangen Flecken erwiesen sich nach kurzer Weile als die Gewänder von zwei jungen Männern. Und sie waren gar nicht wirklich orange, sondern safrangelb. »Mönche?« krächzte sie. Sie wollte weinen und lachen zugleich, doch sie ging Bonchoo mit äußerlicher Ruhe entgegen, und als er aus dem Dickicht trat, faßte sie seine Hand. »Ich bin so froh, daß Sie wieder da sind«, sagte sie und brach prompt in Tränen aus.
Verlegen tätschelte Bonchoo ihre Schulter. »Wie geht es Mornajay?«
»Schlimmer«, schluchzte sie. Hastig zog sie ein Taschentuch hervor und schneuzte sich.
Die beiden jungen Männer traten mit einer Bambusbahre auf die kleine Lichtung. Sie waren bestimmt noch keine zwanzig, hatten kahlgeschorene Köpfe und jetzt, wo sie lächelten, blitzten die Zähne weiß in den dunklen Gesichtern. »Wo in aller Welt haben Sie sie gefunden?« erkundigte sie sich.
»Später«, vertröstete er sie. »Wir müssen uns beeilen, solange noch Hoffnung besteht.«
Die Mönche setzten die Bahr e neben Mornajay ab, drückten die Fingerspitzen zum Wai zusammen und verbeugten sich vor ihr, ehe sie Mornajay behutsam auf die Bahre hoben.
»Wo ist Anu?« Bonchoo schaute sich suchend um.
»Fort. Ist er denn nicht Ihnen nach? Er ging einfach weg.« Sie hob Mornajays Fotoapparat auf und seinen Schlafsack und sah zu, wie Bonchoo abwesend den Rucksack nahm.
»Gar nicht gut!« Er seufzte. »Er hat wahrscheinlich Angst gehabt, daß die Naklengs zurückkommen und uns alle töten würden. Vor allem hat er Angst um sich gehabt, denn wenn ein Akha außerhalb seines Dorfes stirbt...« Er schüttelte den Kopf. »Das fürchten sie am meisten.«
Bedrückt entgegnete sie: »Und ich fürchte am meisten, daß wir das SchanLager nicht finden werden. Bonchoo, wohin bringen sie Mornajay? Und wo her, in aller Welt, kommen diese Mönche?«
»Das werden Sie bald sehen!« Bonchoo wirkte erleichtert. »Ich hatte es kaum zu hoffen gewagt, daß ich den Tempel tatsächlich finden würde, aber die Geister des Waldes sind doch go rooh nak. Es ist ein Wunder! Vor sechs Jahren schmuggelte ich Radios nach Birma, dabei verirrte ich mich und stieß auf die Ruinen dieses Wats... wir sind jetzt ganz nah an der Grenze!«
»Tempelruinen bewohnt?« staunte sie.
»Nur vom Acharya, einem sehr heiligen Mann, und den paar Schülern, die zu ihm kommen, um von ihm zu lernen, wie diese beiden.« Er nickte, als sie mit Mornajay an ihnen vorbeigingen. »Vielleicht würde er es das vergessene Kloster nennen, das er sucht, wer weiß? So, aber nun gehe ich voraus, um einen Weg mit dem Buschmesser zu bahnen.«
Er machte sich sofort an die Arbeit und verbreiterte den Pfad für die Bahre. Mrs. Pollifax folgte den zwei Mönchen. Eine schreckliche Last war von ihr genommen und sie fühlte sich unendlich erleichtert, daß doch noch etwas für Mornajay getan werden konnte. Und wenn er trotzdem starb, dann wenigstens mit ein bißchen Fürsorge und von einem heiligen Mann gesegnet. Sie kamen schnell voran. Bonchoo hatte bereits auf dem Hinweg einen brauchbaren Pfad gehauen, und so mußte er
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