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Und das Leben geht doch weiter

Und das Leben geht doch weiter

Titel: Und das Leben geht doch weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bin keine Schifahrerin und habe ihn deshalb im Winter nie begleitet, sondern bin immer zu Hause geblieben. Das war, wie sich jetzt herausstellt, ein Fehler, den ich künftig abstellen werde.«
    Yvonne Padenberg lächelte noch einmal.
    »Mit anderen Worten«, fuhr sie fort, »ich habe eingesehen, daß es auch für eine ältere Dame unerläßlich sein kann, Schikurse zu nehmen.«
    »Für eine ältere Dame«, protestierte Paul Burghardt, dem so etwas wie Galanterie höchst selten unterlief; Yvonne Padenberg hatte ihm von Minute zu Minute mehr und mehr imponiert. »Daß ich nicht lache! Sie sind doch alles andere als eine ältere Dame, gnädige Frau.«
    »Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen, Herr Burghardt.«
    »Ja?«
    »Sie fahren nach Hamburg zurück – sagen wir: für drei, vier Tage – und überlassen es mir, die schwebende Angelegenheit zu regeln. Sie treten also gewissermaßen auf der Stelle. Sollte ich meine Kräfte überschätzen, sollte also bis spätestens nächste Woche Ihre Tochter nicht nach Hamburg zurückgekehrt sein, können Sie immer noch aktiv werden. Diese Vereinbarung zwischen uns hat natürlich nur Sinn, wenn sich Ihre Tochter tatsächlich bei meinem Mann befindet. Noch hege ich ja die leise Hoffnung, daß dies nicht der Fall ist.«
    »Einverstanden«, erwiderte kurz entschlossen Paul Burghardt, da er sah, daß ihm Frau Padenberg, eine willensstarke, zielbewußte Dame, heute ja doch nicht verraten würde, wo ihr Mann zu finden wäre.
    Er verabschiedete sich, nicht ohne zu erkennen zugeben, wie sehr er von einer Dame in diesem Haus, das er nur mit Abscheu betreten hatte, beeindruckt worden war. Draußen bestieg er wieder sein Taxi, ließ sich ins Hotel zurückbringen und trat von dort die Heimreise in seinem eigenen Wagen an.

10
    In einer kleinen, engen, nicht das ganze Jahr über bewohnten Fischerkate direkt an der Küste hinter dem Deich lebte seit einigen Wochen Detlev Padenberg. Von seinem Fenster aus konnte er das Feuer der Eider-Lotsen-Galiote sehen, und wenn er sich einmal des Sonntags die Zeit nahm, zum Endpunkt der Eisenbahn, nach St. Peter, zu wandern, stand er auf der Deichkuppe und blickte hinaus auf die grau verhangene Nordsee. Dann fühlte er das Fernweh in sich und bereute es, Architekt – und nicht Seemann – geworden zu sein.
    Unter der Woche kamen ihm solche Gedanken nicht. Da stapfte er die Deiche entlang und beaufsichtigte die Ausbesserungskolonnen. Da hockte er in seiner Stube über Plänen und Karten und zeichnete und rechnete, verglich die Tabellen und maß die Entwürfe nach.
    Am heutigen Abend spannte Padenberg einmal aus. Er hatte seinen Sessel, ein uraltes, knarrendes Stück, nahe an den Ofen herangerückt und las in einem Roman. Er hatte es sich gemütlich gemacht, seine Schuhe mit Pantoffeln vertauscht, den Rock ausgezogen und sich eine Pfeife angesteckt. Draußen war ziemlich starker Wind aufgekommen, der das Meer aufgewühlt hatte und die Fischer besorgt auf die Deiche blicken ließ, besonders auf die Stellen, wo Padenbergs Kolonne seit Wochen flickte und ausbesserte.
    Nach einer Weile ließ der Deichspezialist das Buch, welches er in Händen hielt, auf den Schoß sinken und blickte hin zu einem Wandschränkchen zwischen Fenster und Tür. Wie lange habe ich mir eigentlich keinen Grog mehr gebraut? fragte er sich. Es war eine Ewigkeit her. (Vier volle Tage!) Heute hätte ich aber wieder einmal Lust auf einen richtigen steifen Seemannsgrog, der die nötige Bettschwere verleiht. Ich brauchte ja nur hingehen zum Wandschränkchen und den Rum herausnehmen …
    Gedacht, getan. Detlev Padenberg erhob sich, sein Sesselveteran knarrte jämmerlich. Er legte das Buch auf den Tisch, zwängte sich am Ofen vorbei und streckte schon die Hand aus, um das Türchen des Wandschränkchens zu öffnen, als es draußen leise an den Holzladen des Fensters klopfte.
    Padenberg ließ die Hand sinken, sah zum Fenster und lauschte. Stille herrschte. Nur das Tosen des Windes war zu vernehmen. Hatte es nun geklopft oder nicht, fragte sich Padenberg. Ach was, ich werde mich getäuscht haben.
    Schon hielt er den Knopf des Schranktürchens wieder in der Hand, um dieses zu öffnen, als es wieder – und zwar etwas stärker – pochte. Jetzt gab es keinen Zweifel mehr, draußen stand jemand und klopfte an seinen Fensterladen.
    Nicht gerade begeistert, ließ Padenberg vom Wandschränkchen ab, ging zum Fenster und öffnete es einen Spalt.
    »Ja?« rief er durch den Laden hindurch.
    Er rechnete

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