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Und dennoch ist es Liebe

Und dennoch ist es Liebe

Titel: Und dennoch ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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zum anderen.«
    Keines von beidem, erkenne ich, wird mich dorthin führen, wo ich hinwill. »Ich habe da eine Bitte«, sage ich. »Ich würde gerne in der Nähe von Dr. Prescott sein, dem Herzchirurgen.«
    Harriet lacht und tätschelt mir die Hand. »Jaja, er ist sehr beliebt, nicht wahr? Diese Augen! Ich glaube, er ist der Grund für die Hälfte aller Graffitis auf der Damentoilette. Jeder will in der Nähe von Dr. Prescott sein.«
    »Sie verstehen nicht«, sage ich. »Er ist mein Mann.«
    Harriet schaut auf das Bewerbungsformular und deutet auf meinen Namen. »Oh«, sagt sie.
    Ich lecke mir die Lippen und beuge mich vor. Stumm spreche ich ein rasches Gebet, dass keine Unbeteiligten in diesem Krieg zwischen mir und Nicholas verletzt werden. Dann lächele ich und lüge, dass sich die Balken biegen. »Wissen Sie, seine Dienstzeiten sind furchtbar. Wir sehen uns kaum.« Ich zwinkere Harriet verschwörerisch zu. »Ich habe mir das als so eine Art Geburtstagsgeschenk gedacht. Dass ich ihm nahe sein will und so. Ich dachte, wenn ich jeden Tag in seiner Nähe Dienst habe, sozusagen als seine persönliche, ehrenamtliche Hilfskraft, dann wäre er glücklicher. Und das macht ihn sicherlich zu einem besseren Chirurgen, und davon würde jeder profitieren.«
    »Was für eine romantische Idee.« Harriet seufzt. »Wäre es nicht wunderbar, wenn alle Arztfrauen sich bei uns melden würden?«
    Ich schaue sie ruhig und gelassen an. Ich bin keine dieser typischen Arztfrauen, aber wenn das meine Buße sein soll, dann schwöre ich, ich werde sie ertragen. Ich würde Harriet Miles den Mond versprechen, wenn sie mir nur hilft. »Ich würde alles dafür tun«, sage ich.
    Harriet Miles lächelt mich an und schmilzt förmlich dahin. »Ich wünschte, ich wäre so verliebt«, sagt sie, greift zum Telefon und wählt eine Hausnummer. »Wollen wir doch mal sehen …«
*
    Astrid findet mich im Garten unter einem Pfirsichbaum, wo ich zeichne. »Was ist das?«, fragt sie, und ich antworte ihr, dass ich das nicht wisse. Im Augenblick ist es auch tatsächlich nur eine Ansammlung von Linien und Kurven. Irgendwann wird es sich aber in etwas verwandeln, das ich erkenne. Ich zeichne, weil das für mich wie eine Therapie ist. Nicholas hat mich heute nicht bemerkt – noch nicht einmal, als ich das Bett mit seinem gerade operierten Patienten von der Intensivstation in ein Privatzimmer geschoben habe, und anschließend bin ich ihm auch noch mit dem Bücherwagen bei seiner Visite gefolgt und habe in der Cafeteriaschlange hinter ihm gestanden. Er bemerkte mich erst, als ich gerade das Trinkwasser im Zimmer des Patienten nachfüllte, der am nächsten Tag operiert werden sollte. Und er bemerkte mich nur, weil er gegen mich lief und Wasser auf meine pinkfarbene Uniform spritzte. »Oh, Entschuldigung«, sagte er, schaute auf die Flecken in meinem Schoß, auf meine Brust und dann in mein Gesicht. Vor lauter Angst brachte ich kein Wort heraus. Ich hatte fest damit gerechnet, dass Nicholas hinausstürmen und nach dem Verwaltungschef brüllen würde, doch er hob nur die Augenbrauen und lachte.
    »Manchmal zeichne ich einfach«, sage ich zu Astrid und hoffe, dass ihr das als Erklärung reicht.
    »Manchmal schieße ich einfach«, sagt sie, und ich schaue sie überrascht an. » Fotos «, fügt sie hinzu. Sie lehnt sich gegen den Stamm des Baumes und wendet ihr Gesicht der Sonne zu. Ich betrachte ihr entschlossenes Kinn und das silberne Haar, und ich sehe den Mut, der sie umhüllt wie ein teures Parfüm. Und ich frage mich, ob es irgendetwas auf der Welt gibt, wozu Astrid Prescott nicht in der Lage wäre, wenn sie sich einmal dazu entschlossen hat.
    »Es wäre schön gewesen, schon früher eine Künstlerin in der Familie gehabt zu haben«, sagt sie. »Es war für mich immer eine Frage der Ehre, meine Talente weiterzugeben.« Sie lacht. »Zumindest die fotografischen.« Sie öffnet die Augen und lächelt mich an. »Nicholas war fürchterlich mit der Kamera. Er hat nie verstanden, wie man ein Bild richtig belichtet, und Abzüge hat er immer zu lange im Entwickler gelassen. Er hatte zwar ein Auge für das richtige Motiv, aber es fehlte ihm an Geduld.«
    »Meine Mutter war Künstlerin«, platze ich heraus und erstarre dann. Meine Hand schwebt wenige Zoll über dem Zeichenblock. Das ist das erste Mal, dass ich freiwillig etwas Persönliches von mir preisgebe. Astrid rückt näher an mich heran, weil sie weiß, dass dieser kleine Riss in meiner Rüstung der erste Schritt ist,

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