Und dennoch ist es Liebe
Telefon unters Ohr geklemmt. »Nein«, sagte sie gerade, »Sie verstehen nicht. Ich will den Globe nicht abonnieren. Nein. Wir können uns das nicht leisten.« Nicholas schlüpfte hinter sie und nahm ihr das Baby von der Schulter. Sie konnte ihn nicht sehen, überließ ihm instinktiv das Kind. Max hatte einen Schluckauf und erbrach sich auf Nicholas’ Hemd.
Paige legte den Hörer auf. Dann starrte sie Nicholas an, als wäre er aus Gold. Sie trug noch immer ihr Nachthemd. »Danke«, flüsterte sie.
Nicholas kannte die klinischen Ursachen für eine postnatale Depression, und er versuchte, sich an die beste Therapie dafür zu erinnern. Es hatte alles mit den Hormonen zu tun, das wusste er, aber sicher würde auch ein wenig Lob dabei helfen, Paige wieder zu dem zu machen, was sie einmal gewesen war. »Ich weiß wirklich nicht, wie du das schaffst«, bemerkte er und lächelte sie an.
Paige schaute auf ihre Füße. »Nun ja, offensichtlich mache ich das falsch«, sagte sie. »Er will einfach nicht aufhören zu weinen. Er hat nie genug zu trinken, und ich bin so müde. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich tun soll.« Wie auf Kommando begann Max zu schreien. Paige straffte die Schultern, und ein kurzes Funkeln in ihren Augen verriet Nicholas, wie schwer es ihr fiel, sich überhaupt auf den Beinen zu halten. Sie lächelte steif und fragte über Max’ Schreie hinweg: »Und wie war dein Tag so?«
Nicholas schaute sich in der Küche um. Auf dem Tisch lagen Geschenke, die ihm seine Kollegen zu Max’ Geburt gemacht hatten. Einige waren noch verpackt. Und überall auf dem Boden lagen Geschenkpapier und Schleifen verstreut. Eine Milchpumpe stand auf der Arbeitsplatte neben einem offenen Becher Joghurt. Und drei Bücher zum Thema Babypflege lehnten an schmutzigen Gläsern. In dem unbenutzten Laufstall lagen die Anzughemden, die Nicholas dringend in die Wäscherei bringen musste. Nicholas schaute zu Paige hinüber. Fettuccine würde es definitiv nicht geben.
»Hör zu«, sagte er. »Wie wäre es, wenn du dich mal ein, zwei Stunden hinlegst, während ich mich um das Baby kümmere?«
Paige ließ sich gegen die Wand zurücksinken. »Oh«, erwiderte sie, »würdest du das wirklich tun?«
Nicholas nickte und schob sie mit der freien Hand in Richtung Schlafzimmer. »Was soll ich mit ihm machen?«, fragte er.
Paige drehte sich auf der Schwelle um und hob die Augenbrauen. Dann warf sie den Kopf zurück und brach in lautes Lachen aus.
*
Zwei Tage nachdem Paige das Kind zur Welt gebracht hatte, hatte Fogerty Nicholas in sein Büro gerufen. Er gab ihm ein Geschenk, das Joan ausgesucht hatte – ein Babyfon –, und Nicholas dankte ihm dafür, auch wenn das Geschenk einfach nur lächerlich war. Aber jemand wie Fogerty dachte vermutlich nicht daran, dass das Haus so klein war, dass man Max’ markerschütternde Schreie auch ohne Babyfon überall hören konnte. »Setzen Sie sich«, forderte Fogerty ihn ungewohnt höflich auf. »Wenn mich nicht alles täuscht, haben Sie in letzter Zeit nicht allzu viel Ruhe gehabt.«
Dankbar ließ Nicholas sich auf den Lederstuhl fallen und strich mit den Händen über die glatten Armlehnen. Fogerty lief in seinem Büro auf und ab und setzte sich schließlich auf die Schreibtischkante. »Ich war nicht viel älter als Sie, als wir Alexander bekommen haben«, sagte er. »Aber ich hatte damals auch nicht so viel Verantwortung wie Sie. Ich kann alte Fehler nicht wiedergutmachen, aber Sie haben die Chance, es schon beim ersten Mal richtig zu machen.«
»Was meinen Sie damit?«, fragte Nicholas. Es gefiel ihm nicht, wenn Fogerty in Rätseln sprach.
»Sie müssen sich von Ihrer familiären Verantwortung lösen«, antwortete Fogerty. »Vergessen sie nicht, dass auch Menschen außerhalb Ihres Heims von Ihrer Energie und Ihren Fähigkeiten abhängen. Setzen Sie das nicht aufs Spiel.«
Nicholas verließ das Büro und fuhr direkt ins Brigham-Krankenhaus, um Paige und Max zu besuchen. Er hielt seinen Sohn in den Armen und spürte das Heben und Senken der winzigen Brust bei jedem Atemzug. Er staunte über die Tatsache, dass er dabei geholfen hatte, ein Lebewesen zu erschaffen. Fogerty war ein scheinheiliger Idiot … oder zumindest dachte Nicholas das bis zu dem Abend, an dem Paige und Max nach Hause kamen. Dann hatte er mit dem Kissen auf dem Kopf geschlafen, um Max’ Schreien auszusperren, sein lautes Nuckeln an der Brust und sogar das leise Rascheln, wenn Paige aufstand, um sich um das Kind zu kümmern.
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