Und der Basilisk weinte (German Edition)
blieben der Hitze vorbehalten. Die städtischen Behörden wollten demnächst Einschränkungen im Wasserverbrauch beschliessen, da das Grundwasser einen bedenklichen Tiefstand erreicht hatte. Noch war es nicht so weit. Der Wetterbericht sah für die nächsten Tage heftige Gewitter voraus, Regen war also in Sicht. So weit, so gut.
Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, folgte Ständerat Markus Schneider der offiziellen Aufforderung nicht. Er liess ausrichten, dass er keine Zeit habe. Dringende Geschäfte erforderten seine Anwesenheit.
«Und jetzt?»
«Besuchen wir unseren Staatsanwalt, Nadine.»
Borer goss pfeifend und bestens gelaunt seine Pflanzen.
«Nun, wie geht es mit Ihrem Fall voran?»
«Harzig.»
«Tja, dann sollten Sie sich ein wenig mehr ins Zeug legen.»
«Ständerat Schneider weigert sich, zur Einvernahme zu kommen.»
«Politiker sind immer beschäftigt. Da kann ich leider auch nicht behilflich sein. Tut mir ausserordentlich leid. Sonst noch etwas an diesem schönen Tag?»
«Wir brauchen aber seine Aussage», liess Nadine nicht locker.
«Ihr Problem! Es ist nicht meine Aufgabe, die Arbeit der Polizei zu erledigen», er drehte einen Blumentopf um fünf Zentimeter im Uhrzeigersinn. «Die Wärme tut ihnen gut. Wie Sie sicher festgestellt haben, läuft meine Klimaanlage nicht. Die hätte nämlich verheerende Auswirkungen. Im letzten Sommer sind mir alle Pflanzen eingegangen. Zuerst hatte ich zeitweise den Verdacht …», er schaute Ferrari in die Augen, «… dass jemand meinen Pflänzchen den Garaus gemacht hat.»
«Also, ich muss schon bitten, Herr Staatsanwalt!»
«Dann hat mir ein Freund gesagt, dass es an der Klimaanlage liegen könnte. Und siehe da, so war es. Jetzt gedeihen sie prächtig. Aber ich muss stets darauf achten, dass sie nicht zu sehr der Hitze ausgesetzt sind. Aus diesem Grund lasse ich am Mittag immer die Rollläden runter. Schauen Sie diese hier …», er strich sanft über einen Kaktus, «das ist die Königin der Nacht. Sie stammt aus Mittelamerika, ich hege und pflege sie seit Jahren. Irgendwann wird sie blühen. Das wäre eine Sensation. Haben Sie eigentlich auch Pflanzen in Ihrem Büro, Ferrari?»
«Wie? Nein … ich meine …»
«Sie werden mir doch eine einfache Frage beantworten können.»
«Zwei! Sie wissen, was das heisst, Herr Staatsanwalt?»
«Nur zwei? Das heisst, dass Sie kein echter Pflanzenliebhaber sind. Schade, Ihnen entgeht etwas.»
«Quatsch! Ich meine nicht das Grünzeug.»
«Ach, Sie meinen Markus. Nun dann, schreiten Sie zur Tat.»
Hatten sie richtig gehört? Borer gab ihnen freie Hand, einfach so, ohne Wenn und Aber? Unschlüssig blieben Nadine und der Kommissär stehen.
«Ist noch etwas?»
«Wir können den Ständerat von der Fahndung abholen lassen, ohne dass Sie einschreiten?»
«Meine liebe Frau Kupfer, wenn Markus Schneider Ihre Ermittlungen behindert, muss er wie jeder andere behandelt werden. Vor dem Gesetz sind wir alle gleich.»
Ferrari konnte das Gehörte nicht glauben. Im Flur setzte er sich auf eine Bank.
«Ist dir nicht gut, Francesco?»
«Der grösste Ränkeschmieder der Stadt lässt einen seiner besten Kumpane fallen? Die Sache stinkt doch zum Himmel. Wahrscheinlich befindet sich Schneider auf einer Auslandsreise oder macht eine Mondbesichtigung.»
«Gestern war er noch zu Hause, du Pflanzenmörder.»
«Sie sprechen da vom Verdacht eines vorsätzlichen Pflanzenmords! Ich hoffe, Sie sind sich über den Ernst der Lage im Klaren, beste Frau Kupfer», äffte Ferrari den Staatsanwalt nach. «Der spinnt doch. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, im falschen Film zu sein. Was solls, konzentrieren wir uns auf unseren Fall. Wir lassen Markus Schneider abholen. Ganz wohl ist mir allerdings nicht bei der Sache. Dafür ist Borer viel zu gut gelaunt.»
Während sich Nadine und der Kommissär unterhielten, fuhren zwei Polizisten mit einem Privatwagen aufs Bruderholz, um den Ständerat abzuholen. Es dauerte keine zehn Minuten und Markus Schneider wurde vom Staatsanwalt persönlich in Ferraris Büro gebracht.
«Markus Schneider hat sich bei mir gemeldet, er wollte mich noch kurz sprechen. So, jetzt steht er Ihnen zur Verfügung.»
Borer drückte den Ständerat auf einen Stuhl.
«Ständerat Schneider war sich nicht bewusst, dass Sie ihn so dringend sprechen müssen. Wahrscheinlich haben Sie die Dringlichkeit Ihres Anliegens nicht deutlich genug geäussert. Das kann ja mal vorkommen. Können wir uns kurz unter vier Augen
Weitere Kostenlose Bücher