Und der Basilisk weinte (German Edition)
häuften, wie es mir noch nie untergekommen war, habe ich Streck zur Rede gestellt. Er sagte damals nur, reg dich nicht auf, Gregor. Du gewinnst einen hoffnungslosen Prozess. Damit wirst du zum absoluten Superstar. Ich fragte ihn dann, ob es ihm nichts ausmache, zu verlieren. Er verneinte gelassen, man könne nicht immer gewinnen.»
«Dieses verdammte Dreckschwein!», schrie Meister sichtlich erregt. «Ich stand damals wie ein Idiot da, während Streck zur Tagesordnung überging. Und du wurdest zum gefragtesten Anwalt der Stadt.»
«Das war ich bereits vor diesem Fall. Eines möchte ich noch dazu sagen, alle vier haben geschworen, dass sie unschuldig sind. Ich habe ihnen geglaubt.»
«Ach, hör doch auf. Du Unschuldslamm! Das nehme ich dir nicht ab. Hättest du sie etwa nicht verteidigt, wenn sie dir die Tat gestanden hätten?»
«Ich hätte sie in jedem Fall verteidigt. Aber ich habe ihnen wirklich geglaubt.»
«Macht dir das zu schaffen?»
«Dass sie mich belogen haben? Jetzt nicht mehr. Wenn man alt ist und vor allem unheilbar krank, dann verschieben sich die Prioritäten. Darf ich dich etwas fragen, Bernie?»
«Nur zu. Wenn du mir vorher noch ein Glas einschenkst.»
«Weshalb hast du mich nach jedem Mord angerufen?»
«Damit du siehst, dass es doch noch eine Gerechtigkeit auf der Welt gibt. Du konntest sie zwar vor dem Gefängnis bewahren, nicht aber vor der Bestrafung.»
«Und was bringt dir das?»
«Genugtuung, Gregor! Eine ungeheure Befriedigung.»
«Du willst mir also damit beweisen, dass das Recht immer siegt. Dann beantworte mir bitte eine weitere Frage. Kommissär Ferrari hat mich im Zusammenhang mit den Morden verhört. Er war in dem Augenblick hier, als du mich wegen Stähli angerufen hast, und hat exakt zur gleichen Zeit einen Anruf eines Kollegen erhalten, der ihn über den Mord an Stähli informierte. Wie kommt es, dass du so gut auf dem Laufenden bist?»
«Weiss er, dass ich dich angerufen habe?»
«Nein, das ist unser kleines Geheimnis.»
«Was denkst du?»
«Wenn ich dich nicht besser kennen würde, könntest du der Racheengel sein.»
Im Raum gegenüber hielten Nadine und Ferrari den Atem an.
«Eine logische Schlussfolgerung.»
«Konkret, hast du die drei ermordet, Bernie?»
«Nicht einmal, Gregor. Hundert Mal, tausend Mal! Die vier haben mir die Karriere versaut.»
«Ach was, du übertreibst. Du bist nicht rausgeflogen, du wurdest nicht unehrenhaft entlassen. Deine Karriere ging ganz normal mit deiner Pensionierung zu Ende.»
«Mit einer kleinen Einschränkung. Was niemand weiss und zum Glück auch niemand an die grosse Glocke gehängt hat, ist die Tatsache, dass ich kurz davor war, Leiter der Fahndung zu werden. Nach diesem Fall wollte mich niemand mehr.»
«Das habe ich nicht gewusst.»
Ferrari sah Nadine entsetzt an. Das ist der Grund für den tiefen Hass! Anstatt den ganz grossen Coup zu landen und nach verdienstvollen Jahren nochmals einen Karriereschritt zu machen, wurde Bernhard Meister nach dem Desaster kaltgestellt. Und keine Menschenseele sprach jemals darüber. Anscheinend gab es doch noch einige Stellen, die zu schweigen verstanden. Ferrari sah den Fall auf einmal in einem anderen Licht. Meister sass in seinem Garten und dachte tagtäglich über sein Karriereende nach. Weit schlimmer. Der ehemalige Leiter der Fahndung hatte nach seinem Abgang lukrative und einflussreiche Mandate in Stiftungen und Verwaltungsräten angenommen. Bis zu seinem Tod vor drei Jahren war er ein bedeutender und gefragter Berater gewesen. Der pensionierte Kommissär hingegen verschwand vollkommen in der Versenkung. Ein würdiges Abschiedsfest war alles gewesen. Nach zwei Jahren sprach keiner mehr vom alten Kommissär. Zum Leidwesen von Meister war es Ferrari gelungen, einige spektakuläre Fälle zu lösen. Damit verdrängte er den ehemaligen grossen, alten Mann noch schneller aus dem Gedächtnis der Öffentlichkeit.
«Ich habe noch nie mit jemandem darüber gesprochen. Es nagt in mir. Immer, wenn ich daran denke, dass diese vier Taugenichtse meine Karriere vermasselt haben, drehe ich durch. Und glaube mir, ich denke oft daran. Sehr oft!»
«Was soll sich ändern, wenn du einen nach dem anderen umbringst?»
«Vielleicht komme ich zur Ruhe, wenn alle tot sind.»
«Und wie sieht es mit deinem Gewissen aus? Ein Leben lang hast du dich für das Recht eingesetzt, um im Alter doch noch die Fronten zu wechseln?»
«Eigenartige Worte aus dem Mund von jemandem, der immer auf der falschen Seite
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