und der blaue Diamant
»wie die riechen! Ich finde das sehr romantisch. Es sieht fast so aus wie das Schloß von Dornröschen, findet ihr nicht?«
»Du mußt es ja wissen«, knurrte Julius. »Ich habe das Schloß von Dornröschen bloß im Märchenbuch gesehen. Das echte kenne ich leider nicht. Das Fräulein Prinzessin hat mich noch nie zu ihrer Geburtstagsparty eingeladen.«
Micki gluckste vor Lachen. »Mit Dornröschen hat das hier bestimmt nichts zu tun. François hat mir erzählt, daß hier früher eine Rosenfarm gewesen ist. Die haben Rosen gezüchtet für Parfüm.«
»Parfüm wird aus Rosen gemacht?« fragte Anne. »Ich habe immer gedacht … «
»Aus Kuhmist, was?« unterbrach Richard sie. »Oder hast du gedacht, da verzaubert einer Wasser in Rosenduft?«
Micki drehte sich um. »Redet doch nicht so laut!« ermahnte er die beiden. »Wir sind gleich bei der Tür, und wer weiß … « Er stockte und blieb stehen. Wie durch Geisterhand bewegte sich plötzlich einer der Dornenbüsche vor ihnen, und ein Mann vertrat ihnen den Weg. Finster starrte er sie an. »He!« knurrte er. »Où allez-vous?«
Micki war ganz blaß geworden. »Hallo, Jean«, sagte er erleichtert auf französisch. »Du hast mich aber erschreckt.« Er drehte sich zu den anderen um. »Das ist Jean. Er arbeitet auf dem Gut. Er ist in Ordnung.«
Julius und Richard sahen Jean argwöhnisch an. Jean hatte seine blaue Baskenmütze tief ins Gesicht gezogen, er trug ein kariertes Hemd und alte zerbeulte Cordhosen. Er sah wirklich aus wie ein Landarbeiter, genau wie Micki gesagt hatte. Und Micki mußte es schließlich wissen, er lebte schon seit zwei Jahren auf dem Gut. »Das sind meine Freunde, Jean«, sagte Micki. »Georg, Anne, Julius und Richard.« Er zeigte auf Tim. »Und das ist Tim.«
Tim war dicht an Jean herangetreten und beschnupperte ihn neugierig. Jean zog erschrocken seine Hand weg, als Tims Schnauze näher kam. Tims Rückenfell sträubte sich, und er knurrte leise. Ärgerlich zog Georg ihn zurück. »Aus, Tim!« rief sie. »Aus! Was hast du denn?« Sie lächelte entschuldigend. »Normalerweise ist er ganz brav. Er tut keiner Fliege was zuleide.«
»Qu'est-ce qu'elle dit?«: fragte Jean. »Was sagt sie?«
Micki übersetzte. Tim blickte Jean immer noch unverwandt an. Er hörte nicht auf zu knurren. Erst als Georg ihm mit der flachen Hand einen Klaps gab, winselte er und legte sich ganz dicht neben Georgs Füße. Jean blickte immer noch mißtrauisch auf den Hund. »Ich kann Hunde nicht leiden«, sagte er zu Micki. »Hunde sind falsch und hinterhältig. Ich bin schon zweimal gebissen worden.«
Anne lächelte. »Ich habe alles verstanden«, sagte sie. »Jean sagt, daß er Hunde nicht leiden kann.«
Georg verzog ihr Gesicht. »So gut ist mein Französisch auch«, sagte sie. »Glaub ja nicht, daß nur du hier alles verstehst.«
Micki wandte sich an Jean. »Was machst du denn hier?« fragte er. »Hier kommt doch sonst nie jemand her.«
Jean wirkte plötzlich ganz verlegen. Er stotterte und fuhr sich mit der Hand unter die Mütze. Er starrte die Kinder an und erschien sehr unsicher. »Ich … äh … ich dachte … ich wollte … also es ist so … «
Micki nickte eifrig. »Vielleicht wolltest du auch nach der Holztür sehen?« fragte er. Jean erbleichte. »Holztür?« fragte er hellhörig. »Was ist denn mit der Holztür? Die ist doch ganz verrostet. Da gibt es doch nichts zu sehen.«
Julius wollte noch etwas dazwischen rufen, aber Micki plauderte schon munter alles aus. Daß Anne und Georg einen Mann beobachtet hätten, der im Baum mit einem Fernrohr gesessen habe und … Julius stieß Micki in die Rippen. »Warum redest du so viel, Micki«, sagte er auf englisch. »Das ist doch unser Geheimnis! Ich finde nicht, daß es andere Leute etwas angeht!«
Jean lächelte plötzlich gar nicht mehr so freundlich, sondern betrachtete die Kinder der Reihe nach argwöhnisch. Micki lachte. »Aber Jean ist doch kein Fremder! Jean weiß alles von mir! Jean kennt sogar die Geschichte von dem blauen Diamanten … « Er schlug sich plötzlich auf den Mund. »Ach ja«, sagte er leise, »ich habe ja ganz vergessen, daß ich nicht so laut darüber reden soll.«
Jean packte Micki an den Schultern. »Was ist mit dem blauen Diamanten?« fragte er. »Ist etwas passiert?«
Micki schüttelte den Kopf. »Nichts. Ich glaube, sie denken sich nur gerade ein neues Versteck aus.« Er grinste. »Und dieses komische Pärchen da ist völlig auf dem Holzweg. Die denken
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