und der Meister des Todes
seine beiden Freunde vor.
»Ihr müsst mir unbedingt erzählen, was ihr vorhabt. Früher war ich ein echter Filmfan. Hitchcocks berühmten Film ›Psycho‹ habe ich bestimmt fünf- oder sechsmal hintereinander im Kino gesehen. Oh, wie war das spannend!« Ihre Augen leuchteten. »Außerdem wollte ich als junges Mädchen selbst gerne Schauspielerin werden. Aber daraus ist leider nie etwas geworden.« Sie lächelte. »Dafür freue ich mich umso mehr, wenn ich aufstrebenden Filmemachern helfen kann.«
»Nun, es ist eigentlich nur ein Schulprojekt«, gab Bob zu. Die drei ??? betraten das Wohnzimmer. Es war hell und freundlich eingerichtet. Justus bemerkte, dass es überhaupt keine persönlichen Fotos gab. Möglicherweise hatte Mrs Sciutto keine Familie.
»Aber setzt euch doch!«, rief die alte Dame, als sie kurz darauf mit einem Tablett in den Raum trat. »Ich muss doch unbedingt wissen, was bei mir im Haus passieren wird!«
Auf ihr Drängen hin erzählten Justus, Peter und Bob ausführlich von dem Filmprojekt.
»Ein Horrorfilm!«, sagte Mrs Sciutto schließlich. »Dafür ist das Haus natürlich wunderbar geeignet.«
Der Zweite Detektiv sah bei diesen Worten nicht gerade erfreut drein.
»Sie meinen, es eignet sich gut als Kulisse für unheimliche Szenen?«, hakte Justus nach.
»Nun, das auch. Es ist ein altes Haus, das die Vorfahren meines Mannes Ende des 19. Jahrhunderts errichtet haben. Beim Bau wurden venezianische Stilelemente verwendet. In manchen Räumen fühlt man sich wie in einem Palazzo aus einer vergangenen Zeit.« Mrs Sciutto schenkte Eistee ein. »Man könnte meinen, die Räume wären verwunschen.«
»Das hört sich gut an!«, meinte Bob zuversichtlich.
»Aber dann sind da noch die Marionetten.« Der Blick der alten Dame verfinsterte sich schlagartig.
»Unsere Mitschülerin Mary-Ann hat uns schon davon berichtet. Sie sagte, die Puppen wären gefährlich.«
»Ja, das habe ich ihr gleich am Telefon erzählt. Ich hatte zuerst Bedenken, ob ich euch wirklich in das Haus lassen kann. Aber Mary-Ann meinte, es wäre wichtig für euch.«
»Aber so richtig gefährlich sind die Marionetten doch nicht, oder?«, fragte Peter voller Unbehagen. »Sonst würden Sie uns das Haus doch gar nicht zur Verfügung stellen.«
»Nun, ich denke nicht, dass euch die Puppen etwas anhaben können, solange sie gebannt sind.«
»Gebannt?« Bob sah die alte Dame fragend an.
»Ach, am besten, ich beginne mit der Geschichte von vorne«, sagte Mrs Sciutto mit einem Seufzer. »Es ist besser, wenn ihr Bescheid wisst.« Sie nahm einen Schluck Eistee. »Die Marionetten sind schon sehr alt, viel älter als das Haus. Ein Vorfahre meines Mannes, ein venezianischer Künstler und Marionettenspieler, hat sie vor über vierhundert Jahren angefertigt. Es heißt, dass er jede von ihnen in einer Vollmondnacht schuf und einen Zauber in ihre Körper legte. So konnte er mit ihnen reden und die Puppen antworteten – wenn auch nur nach Sonnenuntergang. Als einige Jahre später die Pest über die Stadt kam, raffte die Krankheit die Menschen wie Fliegen dahin. Der Vorfahre meines Mannes fürchtete die Seuche, aber noch mehr fürchtete er den Tod. Da bot ihm eine der Marionetten an, sein Leben zu retten. Der Künstler musste ihr dafür sein Herz geben. Als Gegenleistung lenkte die Puppe den Tod ab und der Marionettenspieler überlebte die Seuche. Schon bald wurde er als ›Meister des Todes‹ bekannt. Es heißt, dass es von da an in jeder Generation der Sciuttos einen Meister gab, der mit den Puppen auftrat. Und keiner von ihnen ist je gestorben. Bevor der Tod sie holen konnte, verschwanden sie auf mysteriöse Weise. Doch der Tod wollte sich nicht so einfach an der Nase herumführen lassen. So ist er seit all den Jahren auf der Suche nach der Seele, die ihm noch zusteht.«
»Aber«, fragte Bob vorsichtig nach, »Ihr Mann ist dann doch gestorben, nicht wahr?«
»Richtig, mein Mann ist der erste Sciutto, der beerdigt wurde. Nach dem Tod unseres jüngsten Sohnes hat er mit dem Puppenspiel aufgehört und ist somit aus der Reihe der Meister ausgetreten. Er wollte mit der ganzen Sache nichts mehr zu tun haben.«
»Das mit Ihrem Sohn tut uns sehr leid«, sagte Bob. Peter und Justus pflichteten ihm bei.
»Eigentlich glaube ich nicht an solche Sachen«, sagte Mrs Sciutto kurz darauf nachdenklich. »Aber mein Mann sagte immer, dass die Puppen ohne einen starken Meister eine Gefahr darstellen. Wir hatten stets gehofft, dass einer unserer beiden Söhne
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