und der sizilianische Dieb
die Polizei interessieren? Dann sind es demnach keine Kopien?«
Schulterzuckend antwortete Franca: »Damit begann es. Caterina erwähnte, daß Sie selbst ein Künstler sind und eine Galerie in Mexiko haben. Ich habe lange genug gelauscht, um zu wissen, daß Sie dabei waren, die nächste sehr logische Folgerung zu ziehen, oder täusche ich mich?«
Farrell sagte leise: »Der Correggio war wunderbar!«
Sie nickte. »Sie haben ihn also für echt gehalten? Auch das ist wunderbar. Danke.«
» Sie haben ihn gemalt - gefälscht?«
»Wie Sie sehen, bin ich ganz in Ihrer Hand, aber ich muß Sie warnen«, fügte sie nachdrücklich hinzu, »daß Sizilianer sehr heißblütig sind. Sollte im Dorf bekannt werden, was Sie herausgefunden haben, könnte es leicht sein, daß alle - einschließlich Peppino, Nito und die anderen - dafür sorgen würden, daß Sie die Villa Franca nie wieder verlassen.«
Ein wenig gekränkt entgegnete Mrs. Pollifax: »Das hätten Sie nicht zu sagen brauchen, Franca. Wir sind uns durchaus bewußt, daß wir vielleicht bereits nicht mehr am Leben wären, wenn Sie uns nicht Zuflucht gewährt hätten. Ich kann natürlich nicht für Farrell sprechen, aber ich...«
Farrell sagte mit schiefem Lächeln: »Sie hat natürlich recht, Franca; ich bezweifle stark, daß auch nur einer von uns noch leben würde, wenn wir in einem Hotel in Palermo abgestiegen wären. Ich glaube, Sie wissen auch, daß ich mir zu viel aus Ihrer Nichte mache, als daß ich Sie in Schwierigkeiten bringen würde.«
Franca rümpfte die Nase., »Weil Sie sich etwas ›aus meiner Nichte machen‹ ? Warum vermeiden Amerikaner immer das Wort Liebe?«
»Es sind tatsächlich Fälschungen?« fragte Mrs. Pollifax, immer noch staunend.
»Beabsichtigte Fälschungen?«
Franca lächelte schwach. »Mein Großvater hinterließ kein Geld, das ist wahr, nur Bücher, aber - das dürfte Sie interessieren, Farrell - da war eins... Warten Sie, ich werde es Ihnen zeigen.«
Sie ging zum Regal und zog ein sehr altes, fast zerfallendes Bündel Papiere heraus, dessen Seiten mit Hanf zusammengeheftet waren. »Es handelt sich um eine griechische Schrift, wie Sie sehen.« Das klang fast zärtlich. »Ich war neugierig und sah mich gezwungen, rudimentäres Griechisch zu lernen, um sie lesen und übersetzen zu können. Sie ist Jahrhunderte alt, und doch erwähnt der Mönch, der diese Worte niederschrieb, daß er sie von einer sogar noch älteren Aufzeichnung kopierte. Aus ihr lernte ich, wie Maler im Mittelalter ihre Leinwand grundierten, ihre Temperafarben, aus Eigelblösungen und dergleichen, mischten, und ihre Öllasuren herstellten. Die Anweisungen und Rezepte stehen alle hier. Als ich es fand«, fuhr sie plötzlich leidenschaftlich fort, »wurde mir klar, wie ich mich selber und auch das Dorf retten konnte.«
»Aber das ist ein Wunder!« Farrell tippte ehrfürchtig auf eine Seite. »Was für ein Fund!«
»Ja.«
Neugierig fragte er: »Haben Sie viele große Meisterwerke kopiert? Oder sollte ich lieber sagen, die Technik kopiert, um eigene zu schaffen?«
Seine Frage ignorierend, sagte sie: »Wahrscheinlich erinnert sich keiner von Ihnen an die Toasty-Cozy-Werbekampagne von 1974 mit der Mona Lisa... Das war meine Mona Lisa, eine perfekte Kopie. Dadurch erkannte ich erst meine Begabung auf diesem Gebiet.«
Farrell blieb hartnäckig. »Sie begannen mit Kopieren, und dann?«
Franca lächelte. »Dann kam ich hierher nach Sizilien und verdiente recht gut mit meinen Kopien - kleine Skizzen von Picasso, Modigliani, Dufy, Derain -, doch nicht gut genug für meine Zwecke. Und dann entdeckte ich dieses wundervolle, jahrhundertealte Buch mit seinen vielen Geheimnissen, und außerdem einen hilfsbereiten Kunsthändler in Palermo mit Verbindungen nach Rom und New York. Und das Dorf brauchte noch so viel Geld.«
»Dann sind Sie - äh - zum Meister geworden?« fragte Farrell.
Sie nickte. »Der Correggio ist mein bestes Werk. Aber es war eine sehr anstrengende und zeitraubende Arbeit. Deshalb beschloß ich gestern, an diesem Matisse weiterzuarbeiten und mich ein wenig zu erholen.« Sie fügte bescheiden hinzu: »Ich markiere jedes meiner Gemälde mit einem winzigen Punkt in einer Ecke, damit ich sie in den Museen erkenne.«
»Museen!« wiederholte Farrell benommen. Und dann zuckte er zusammen, wie vom Blitz getroffen. »Dieses niederländische Gemälde vor vier Jahren - ein Frans Hals, nicht wahr?
Ein früher Frans Hals, der als Vorläufer seiner Regentinnen des
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