und der sizilianische Dieb
kniete sich nieder und beäugte das Schloß, während Mrs. Pollifax hinter ihm Wache hielt. Nach einer Ewigkeit, wie ihr vorkam, stand er auf, drehte den Knauf, und die Tür öffnete sich. »Wenn Franca Geheimnisse wahren will«, murmelte er, »sollte sie bessere... Was zum Teufel!«
»Eben«, flüsterte Mrs. Pollifax.
Er schaute sich verblüfft um. »Das ist - ja, was ist das?«
»Ich finde, es sieht wie ein Laboratorium aus.«
»Nicht ganz.« Er schritt hinüber zu dem langen, glänzend weißen Kunststofftisch, studierte die Glasflaschen auf dem Regal darüber, nahm eine herunter und öffnete sie. Er roch daran, nickte, öffnete eine zweite und schnüffelte auch daran.
»Sie pulverisiert ihre eigenen Farben«, erklärte er und drehte sich zu der großen behangenen Staffelei um. Während er schnell darauf zuging, sagte er: »Das dürfte erklären, was hier vorgeht.«
Er zog das Tuch zur Seite und ließ es auf den Boden fallen.
Mrs. Pollifax japste nach Luft. Auf der Staffelei befand sich eine Leinwand, auf der in leuchtenden, klaren Farben ein Cafetisch, Blumen, ein Mann, der am Tisch vor dem Hintergrund einer lebhaften Tapete saß, zu sehen waren.
»Matisse?« stammelte Mrs. Pollifax, ehe ihr bewußt wurde, daß es kein Matisse sein konnte, weil das Gemälde noch gar nicht fertig war. Der Vordergrund war noch unbemalte weiße Leinwand. »Einen Augenblick hielt ich es für einen Matisse«, gestand sie.
Farrell studierte das Ganze eingehend. »Ich glaube, es wird ein Matisse werden, es ist nur noch nicht fertig.«
»Richtig.«
Stirnrunzelnd drehte er sich um und trat an die Maschine in der Mitte des Zimmers, drehte einen Schalter, und auf der großen leeren Leinwand, die Mrs. Pollifax bei ihrem ersten Kurzbesuch hier Rätsel aufgegeben hatte, erschien eine starke Vergrößerung des Cafetischs und der Tapete. Farrell war beeindruckt. »Sie kopiert also Gemälde! Das auf der Leinwand dürfte ein Detail eines Matissewerks sein, das sie kopiert.« Er zog die Stirn kraus.
»Und ich muß zugeben, es ist eine verdammt gute Arbeit. Diese Pinselstriche, die Farben, die Technik, alles wie bei Matisse...«
»Es gibt tatsächlich Leute, die so etwas...«
Farrell unterbrach sie abfällig. »Oh, ja. Neureiche Snobs, die es sich nicht leisten können, ein Original für Millionen zu ersteigern, bezahlen eine Menge für eine wirklich gute Kopie, während sie Reproduktionen als unfein abtun und gar nicht daran denken würden, die Arbeit eines noch unbekannten Künstlers zu erstehen!« Plötzlich huschte ein Blitz der Erleuchtung über sein Gesicht. »Mein Gott, Herzogin! Diese prähellenischen Töpferwaren! Sie sind offenbar ebenfalls Kopien! Franca führt hier anscheinend einen regelrechten Kopierbetrieb für alles, was Interessenten kaufen wollen und sie verkaufen kann!« Erschrocken fragte Mrs.
Pollifax: »Aber ist das legal?«
»Ja, solange die Leute wissen, daß sie eine Kopie, nicht ein Original kaufen.« Er starrte wieder auf das unfertige Gemälde und zog verwirrt die Brauen hoch. »Oder...«, begann er nachdenklich, »oder...«
»Aber die Farben sind trocken«, stellte Mrs. Pollifax fest, die mit einem Finger auf die Leinwand getupft hatte. »Vielleicht gehört es gar nicht ihr. Ganz bestimmt hat sie in letzter Zeit nicht daran gearbeitet.«
»Nein«, antwortete Farrell grimmig. »Sie hat es wahrscheinlich aufgeschoben, um den Correggio fertigzumalen.«
»Den Correggio! Sie denken doch nicht wirklich, daß sie ihn gemalt hat? Farrell, Sie machen mich sehr nervös. Mir gefällt das hier nicht, verschwinden wir! Es tut mir leid, daß ich überhaupt...«
Hinter ihnen sagte Franca ruhig: »Sie haben also auch den Correggio gesehen?«
Beide wirbelten herum und sahen, daß Franca das Zimmer betreten hatte, unbemerkt wahrscheinlich, weil sie wie üblich barfuß war. Sie trug einen roten Bademantel und heute noch keine Perücke, dafür fiel von Grau durchzogenes blondes Haar bis zu ihren Schultern.
Mrs. Pollifax sagte rasch: »Es wäre lächerlich, wenn wir versuchten, uns zu entschuldigen, es ist zu spät, Franca. Wir haben gerade am Rand des Olivenhains einen Mann gesehen, der einen sehr alten Tonkrug klebte, und ich habe vorgestern nacht sehr wohl einen Lastwagen gehört, und...«
Franca wirkte amüsiert. »Ja, Peppino schalt mich ordentlich aus, weil ich Sie belogen habe.
Nun, was werden Sie jetzt tun, da Sie wissen, wovon ich lebe - mich anzeigen?«
Farrell blickte sie nachdenklich an. »Es würde also
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