und der sizilianische Dieb
Schoß einen wundervollen alten Tonkrug mit zwei Henkel, von denen einer abgebrochen war, den er eben mit Kleber bestrich. Der Untergrund des Krugs war schwarz, aber er leuchtete rundum von exquisiten bernsteinfarbenen Figuren: griechische Tänzerinnen in wallenden Gewändern, bärtige Männer mit Kränzen auf dem Kopf, die auf Liegen ruhten... Mrs. Pollifax wußte plötzlich, was Farrell gemeint hatte, als er behauptete, ein Museumsstück griechischer Topferkunst gesehen zu haben; sie bestaunte gerade selbst eines.
Sie drehte sich um. Farrell war mit einer Tasse Kaffee in der Hand in den Garten getreten.
»Farrell?« rief sie. Als er nicht hörte, rief sie erneut. »Hier ist etwas, das Sie sich ansehen müssen«, sagte sie grimmig und wandte sich wieder dem alten Mann unter dem Baum zu.
»Was ist los?« fragte er. »Ich habe kei...« Er starrte offenen Mundes und stammelte: »Aber, aber das...«
»Ja«, sagte Mrs. Pollifax nur.
Farrell kniete sich nieder, berührte mit ungläubiger Miene behutsam den Krug, den der Alte hielt, dann fuhr er ehrfürchtig mit einer Fingerspitze rundum. »Prähellenisch«, sagte er leise.
»Sehr, sehr alt. Nicht die Vase, die ich gesehen habe, aber ebenso alt.«
Mrs. Pollifax nickte und sagte: »Da ist noch etwas, das ich Ihnen zeigen möchte, Farrell. Im Haus.«
»Aber ich wurde schändlich belogen! Ich sollte glauben, ich hätte es mir eingebildet!«
»Das haben Sie mir gesagt. Und auch ich wurde belogen. Es geht uns absolut nichts an, doch ich möchte brennend gern wissen, warum, und vielleicht können Sie mir das Warum erklären. Sie haben gestern einen Safe geknackt, jetzt hätte ich gern, daß Sie ein Schloß öffnen. Grazie!« sagte sie zu dem alten Mann und zog Farrell mit sich fort.
Auf dem Weg zum Haus sagte Farrell unbehaglich: »Sie haben gesagt, daß es uns nichts angeht, Herzogin, und Sie haben recht. Es ist nicht unsere Angelegenheit.«
»Das ist mir klar, aber ich habe was gegen Rätsel, und daß Franca so lügt, paßt absolut nicht zu ihr. Das gefällt mir auch nicht.«
»Es könnte sein, daß wir eine Art Büchse der Pandora aufmachen.«
»Möglich, und doch...« Sie zögerte. »Aber wenn ich erst wieder in den Staaten bin, werde ich mich immer wieder fragen, was hier vorgeht und was sie verbergen. Und Ihnen wird es genauso gehen, glaube ich, schon wegen Kate.«
Er blieb abrupt stehen und starrte sie an. »Woher wissen Sie...? Ich habe mir eingebildet, ich hätte meine Gefühle für Kate sehr geschickt getarnt. Ich habe mir wahrhaftig größte Mühe gegeben.«
Mrs. Pollifax lachte auf. »Das haben Sie auch, mein lieber Farrell, aber ungewollt hörte ich gestern nacht, als wir auf dem Hügel über Raphaels Haus waren, Fetzen Ihres Gesprächs.«
»Und Franca ist Kates Tante«, gab er zu bedenken.
»Stimmt. Aber ich muß Ihnen noch etwas sagen - eher kam ich nicht dazu. Vorgestern nacht weckte mich der Motor eines Lastwagens. Ich schaute aus dem Fenster und sah drei Männer zum Dorf zurückkehren, während Peppino, der ein Gewehr unter den Arm geklemmt hatte, kurz danach zu Francas Atelier ging, anklopfte, sich mit ihr unterhielt und dann wieder ging.
Das war um drei Uhr früh. Als ich am nächsten Tag erwähnte, daß mich ein Lastwagen und Stimmen geweckt hatten, blickten mich sowohl Franca als auch Peppino verwundert an und behaupteten, daß weder ein Lastwagen noch irgend jemand nachts hier gewesen sei.«
Als sie bemerkte, daß Farrell zuerst verblüfft, dann nachdenklich dreinschaute, fügte sie hinzu: »Und gestern, während Sie und Kate pokerten, warf ich einen Blick in Francas Atelier.
Aber ich glaube, daß es gar nicht wirklich eins ist.«
Farrell runzelte die Stirn. »Gut, Sie haben gewonnen. Was soll ich mir ansehen?«
»Das Atelier.«
»Ich bin noch nicht einmal richtig wach«, brummelte er, während sie durch die jetzt leere Küche schritten. »Wo ist Franca?«
»Keine Ahnung. Sie schläft vielleicht noch, aber da es bereits nach sieben ist, vermutlich nicht mehr lange.« Mrs. Pollifax führte ihn durch den langen Korridor, vorbei an seiner und ihrer Tür, und deutete zu der Tür von Francas Atelier.
»Das heißt also, daß ich mich beeilen soll?«
»Unbedingt, ja.«
Seufzend zog er eine Kette aus seiner Hosentasche, an der ursprünglich nur ein vielseitiges Taschenmesser gehangen hatte, an der jedoch inzwischen noch diverse andere Utensilien befestigt waren. »Behalten Sie um Himmels willen die Küche am Ende des Ganges im Auge!« Er
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