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und der tote Richter

und der tote Richter

Titel: und der tote Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. C. Beaton
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schob, stand er auf und ging zu den anderen. Agatha, die mittlerweile ein ziemliches Nervenbündel war, blieb, wo sie war. Sie konnte das Gemurmel von nebenan hören.
    Wie früher in der Schule, dachte sie. Ihr fiel ein, wie die Direktorin ihnen gesagt hatte, es würden stichprobenartig Kontrollen der Schließfächer durchgeführt, und alle Schülerinnen hätten ihre zu öffnen, ohne dass man ihnen erklären müsste, warum. Oh, was hatte Agatha beim Aufschließen für eine Angst gehabt, dass sich darin etwas fand, was nicht dort sein durfte! Eine Polizistin hatte den gesamten Inhalt durchgesehen. Keiner erklärte ihnen, was nicht stimmte. Niemand sagte etwas. Agatha erinnerte sich gut an die stummen, eingeschüchterten Mädchen, die strengen, schweigenden Lehrer und die kompetente Polizistin. Und dann wurde eines der Mädchen abgeführt. Sie sahen es nie wieder. Alle glaubten, das Mädchen wäre wegen irgendetwas, was in seinem Schrank gefunden worden war, von der Schule verwiesen worden. Aber keine von ihnen rief bei dem Mädchen zu Hause an und erkundigte sich. Die rätselhafte Welt der Erwachsenen hatte über das Kind geurteilt und es aus demLeben der anderen gerissen, gleich einer göttlichen Strafe. Die anderen gingen weiter zur Schule, als hätte es das Mädchen nie gegeben.
    Nun fühlte Agatha sich wieder wie ein Kind, gefangen in ihrer eigenen Schuld und anklagender Stille. Sie sah zur Uhr. Wann hatte sie die Quiche in den Ofen geschoben? Sie öffnete die Ofentür. Die Quiche war aufgegangen und sah goldgelb und vollkommen aus. Erleichtert seufzte Agatha auf und holte die Form heraus. Im selben Moment kam Wong wieder in die Küche.
    »Wir lassen ihn ein bisschen abkühlen«, sagte er und klappte seinen Notizblock auf. »Also, zu den Cummings-Brownes. Sie waren mit ihnen im Feathers essen. Was haben Sie gegessen? Mmm. Und danach? Was haben die Cummings-Brownes getrunken?« So ging es eine ganze Weile weiter, während Agatha aus dem Augenwinkel zusah, wie ihre Quiche langsam in sich zusammenfiel.
    Schließlich klappte Wong seinen Block zu und rief die anderen herein. »Schneiden Sie uns ein kleines Stück ab«, sagte er. Mit Messer und Pfannenheber löste Agatha ein kleines matschiges Stück aus der Form.
    »Woran ist er gestorben?«, fragte sie verzweifelt.
    »Kuhtod«, antwortete Friend.
    »Kuhtod?« Agatha starrte die drei an. »Hat das was mit Rinderwahnsinn zu tun?«
    »Nein«, erwiderte Detective Chief Inspector Wilkes leicht gereizt. »Es ist eine Giftpflanze, nicht besonders verbreitet, aber man findet sie an mehreren Stellen auf den Britischen Inseln, unter anderem in den West Midlands. Und wir sind in den West Midlands, Mrs. Raisin. Die Untersuchung des Mageninhalts des Verstorbenen ergab, dass er kurz vor seinem Tod Quiche gegessen und Wein getrunken hat. Und bei dem Gemüse in der Quiche handelte es sich um Kuhtod. Die giftige Substanz bei dieser Pflanze ist ein ungesättigter, hochkonzentrierter Alkohol, Cicutoxin.«
    »Sie verstehen also, Mrs. Raisin«, sagte Wong sanft, »dass Mrs. Cummings-Browne glaubt, dass Ihre Quiche ihren Mann vergiftet hätte … das heißt, falls Sie jene Quiche tatsächlich gebacken haben.«
    Agatha blickte zum Fenster und wünschte sich inständig, sie würden alle verschwinden.
    »Mrs. Raisin!« Sie drehte sich erschrocken um. Detective Constable Wongs braune Augen waren auf einer Höhe mit ihren. War er nicht zu klein, um bei der Polizei zu arbeiten?, dachte sie verwirrt. »Mrs. Raisin«, wiederholte Bill Wong mit ruhiger Stimme, »meiner unmaßgeblichen Ansicht nach haben Sie in Ihrem ganzen Leben noch keine Quiche und keinen Kuchen gebacken. In Ihren Kochbüchern wurde offensichtlich noch nie zuvor geblättert, und an einigen Ihrer Kochutensilien kleben noch die Preisschilder. Wollen Sie nicht lieber noch einmal von vorn anfangen? Sofern Sie unschuldig sind, gibt es keinen Grund, uns zu belügen.«
    »Wird das vor Gericht zur Sprache kommen?«, fragte Agatha unglücklich. Sie überlegte, ob das Dorfkomitee sie womöglich verklagte, weil sie eine Quicherie-Quiche beim Wettbewerb eingereicht hatte.
    Wilkes’ Stimme klang zunehmend drohender. »Nur, wenn wir es für nötig halten.«
    Erneut fiel Agatha eine Geschichte aus ihrer Schulzeit ein. Sie hatte eine Mitschülerin mit zwei Schokoriegeln und einem roten Schal bestechen wollen, damit sie einen Aufsatz für sie schrieb. Leider hatte das Mädchen, das sich mitFeuereifer in einer christlichen Jugendbewegung

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