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und der tote Richter

und der tote Richter

Titel: und der tote Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. C. Beaton
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Hotel seltsam anmutete. Agatha lehnte sich auf dem riesigen Sofa zurück, nippte an ihrem Tee und aß Teekuchen, die ihr eine junge Bedienung mit engelsgleichen Gesichtszügen servierte. Von draußen hörte man leise den Verkehr auf der Beaumont Street, vorbei am Ashmolean Museum. Das Hotel hatte etwas von einer Kirche. Es war, als würden die Seelen der toten Dekane durch die hohen Räume geistern. Agatha schob den letzten Crumpet lustlos auf ihrem Teller hin und her. Ihr war nicht danach, ihn zu essen. Sie brauchte dringend eine Beschäftigung, ein Ziel, auf das es hinzuarbeiten galt. Wäre es nicht herrlich, sollte sich herausstellen, dass Cummings-Browne doch ermordet wurde? Und wenn sie, Agatha Raisin, den Fall löste? Sie würde schlagartig in den gesamten Cotswolds berühmt. Die Leute würden zu ihr kommen. Sie wäre angesehen. War es ein Unfall? Was für eine Ehe führten die Cummings-Brownes wirklich, dass sie nach Hause kam und ins Bett marschierte, während ihr Ehemann tot hinterm Sofa lag? Wieso getrennte Schlafzimmer? Von denen nämlich hatte Bill Wong ihr erzählt. Warum sollte Mr. Economides’ hervorragende, allseits geschätzte Quiche auf einmal Kuhtod enthalten, nachdem es in all den Jahren keine einzige Beschwerde gegeben hatte? Vielleicht sollte Agatha sich ein bisschen umhören. Bloß ein paar Fragen stellen. Das war ja kein Verbrechen.
    Fröhlich wie seit Langem nicht mehr bezahlte sie ihre Rechnung und gab der sanftmütig aussehenden Kellnerin eingroßzügiges Trinkgeld. Als sie dann später durchs Dorf fuhr und in die Lilac Lane einbog, stand die Sonne bereits tief hinter den Bäumen. Sie suchte gerade nach ihrem Schlüssel, da hörte sie ihr Telefon klingeln, laut und hartnäckig.
    Leise fluchend schloss sie auf. Es war das erste Mal, dass ihr Telefon klingelte. Hastig stolperte sie zur Tür hinein und tastete sich durch die Dunkelheit.
    »Ich bin’s, Roy«, erklang die vertraut affektierte Stimme ihres ehemaligen Assistenten.
    »Wie schön, von dir zu hören!«, rief Agatha in einem Ton, den sie ihm gegenüber noch nie zuvor angeschlagen hatte.
    »Tja, Aggie, ich hatte gedacht, dass ich dich vielleicht am Wochenende besuchen komme.«
    »Klar. Jederzeit gern.«
    »Ich habe einen Freund aus Australien zu Besuch, Steve, und er möchte unbedingt mal aufs Land. Ist es in Ordnung, wenn ich ihn mitbringe?«
    »Ja, nur zu. Kommt ihr mit dem Wagen?«
    »Nein, wir wollten Freitagabend den Zug nehmen.«
    »Warte kurz, ich habe einen Fahrplan.« Sie wühlte in ihrer Tasche. »Ja, es gibt einen durchgehenden Zug um zwanzig nach sechs ab Paddington. Mit dem seid ihr in Moreton-in-Marsh um …«
    »Wo?«
    »Moreton-in-Marsh.«
    »Schätzchen, das klingt reichlich übertrieben nach Agatha Christie.«
    »Sei’s drum. Ich hole euch am Bahnhof ab.«
    »Dieses Wochenende ist der 1. Mai, Aggie, und Steve will Maibäume und Morris Dancer und den ganzen Kram sehen.«
    »Ich hatte noch keine Zeit, die Plakate zu studieren, Roy. Ich war mit einem Todesfall beschäftigt.«
    »Na, na, hat dich etwa einer von den Bauerntrampeln unsittlich belästigt, Süße?«
    »Nein, nicht so was. Ich verrat’s dir, wenn wir uns sehen.«
    Agatha pfiff munter vor sich hin, als sie eines ihrer nagelneuen Kochbücher aufschlug und nach einem Rezept für den Fisch suchte, den sie am Vortag gekauft hatte. Anscheinend gab es nur lauter extrem exotische Zubereitungsarten. Briet man Fisch nicht einfach? Genau das tat sie, und als er fertig war, fiel ihr auf, dass sie weder Kartoffeln noch Blumenkohl aufgesetzt hatte. Also warf sie eine Tüte Mikrowellen-Pommes in die Mikrowelle und öffnete eine Dose grellgrüne Erbsen. Es schmeckte wirklich gut, stellte Agatha fest. Aber sie hatte auch keinen besonders anspruchsvollen Gaumen.
    Am nächsten Tag ging sie zu Harvey’s und las aufmerksam die Plakate an der Tür. Ja, es gab Morris Dancing, Maibaumtanzen und am Samstag einen Rummel im Dorf. Die Leute nickten und lächelten ihr zu. Keiner sagte das Wort »Quiche« oder etwas ähnlich Schreckliches. Vergnügt marschierte Agatha wieder nach Hause, wo sie allerdings Mrs. Barr überfiel, ehe sie es durch ihre Gartenpforte geschafft hatte.
    »Ich hatte Sie bei der Untersuchung gestern im Gericht in Mircester erwartet«, sagte Mrs. Barr frostig.
    »Mich hat niemand gebeten, dorthin zu kommen. Es war ein Unfall. Ich nehme an, die Polizei hat genügend Beweise dafür.«
    »Nicht für mich«, entgegnete Mrs. Barr. »Und es wurde nichts darüber

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