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und der verschwiegene Verdacht

und der verschwiegene Verdacht

Titel: und der verschwiegene Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Hoheit brauchen mich?«
    »Überhaupt nicht, wir kommen nur gerade vorbei«, sagte der Herzog. »Machen Sie ruhig weiter.«
    »Sehr wohl, Hoheit.« Hallard nickte geistesabwesend, dann wandte er sich wieder seinem Bildschirm zu, und man hörte sein schnelles Tippen.
    »Woran arbeitet er?«, fragte Emma.
    »Kapitel sechs seines neuesten Werkes vermutlich, aber es ist besser, man fragt nicht. Kommen Sie, Emma, hier entlang.«
    Kapitel sechs?, dachte Emma, aber ehe sie eine weitere Frage stellen konnte, hatte der Herzog sie in einen grasbewachsenen Gang geführt, der mitten durch die Ruinen verlief. Auf der einen Seite gaben Türöffnungen den Blick auf ehemalige Räume frei, die einst Dächer hatten, jetzt aber zu blühenden Gärten geworden waren. Der Herzog jedoch ging ohne Erklärung an ihnen vorbei und bis an das En-de des Ganges, wo sie in einen Raum traten, der einst ein großer Saal gewesen sein musste.

    Jetzt war es ein Gemüsegarten mit Reihen von frisch gepflanztem Kohl, Karotten und Rüben, dazwischen blühten Ringelblumen, Mohn und Kapu-zinerkresse, und an der sonnigen Mauer standen hochgebundene Tomatenpflanzen. Diese Art von Bepflanzung erinnerte Emma an ihren Garten zu Hause, jedoch mit einem großen Unterschied. In der Mitte des Raums erhob sich hoch über die Mauern hinweg eine Bogenlaube wie ein riesiger schmiedeeiserner Vogelkäfig, die völlig von Stangenbohnen überwuchert war. Es war das elegantes-te Bohnenspalier, das Emma je gesehen hatte.
    Der Herzog lachte, als er ihr Gesicht sah.
    »Großmutter gab hier früher gern Gesellschaften im Mondschein. Für Damen in perlenbestickten Kleidern mit hohen Stehkragen und Herren im Frack, dazu Grammophonmusik. Bantry hat einen Gemüsegarten daraus gemacht, und wie Sie sehen, mit großem Erfolg.«
    »Es ist überwältigend«, pflichtete Emma ihm bei.
    »Bantry ist ein Zauberer. Gemüse und Blumen machen Männchen für ihn, und wenn’s sein muss, singen sie sogar, aber was ihm fehlt, ist … ein gewisses Vorstellungsvermögen. Und das ist auch der Grund, warum er sich den Kapellgarten noch nicht vorgenommen hat. Er kann Großmutters Pläne da-für nicht finden, und ohne die ist er verloren.«
    Summend ging der Herzog auf dem Kiesweg an der Vogelkäfiglaube vorbei bis zum anderen Ende des Festsaals. Er machte große Schritte, und Emma musste sich anstrengen, um mithalten zu können.
    Es war frustrierend. Überall sah Emma Blumen in den herrlichsten Schattierungen von Rosa-, Blau-, Gelb- und Rottönen aufleuchten, wunderbare Cle-matis, die an den Mauern hochrankten, und Veilchen, die im Schatten blühten, aber der Herzog ließ ihr keine Zeit, diese Pracht zu bewundern. Sie wollte gerade ihren ganzen Mut zusammennehmen, um ihn zum Stehenbleiben zu bewegen, als sie die südliche Ecke der Burg erreichten, die dem Meer am nächsten war.
    Sie standen vor einer hohen grünen Holztür – der ersten Tür, die Emma sah, seit sie die Ruine betreten hatten. Die Tür war in eine starke, gerade Mauer eingelassen, die sich etwa dreißig Meter weit nach Osten und Westen erstreckte. Die Eintönigkeit der grauen Steine war von einer Reihe kleiner Nischen unterbrochen, die in unregelmäßigen Abständen in die Wand eingelassen und mit Primeln be-pflanzt worden waren.
    Der Herzog sah sie an. »Großmutter ließ diese Mauer aus Überresten der Burg bauen«, erklärte er.
    »Sie ist vier Meter hoch und einen Meter dick und sollte das schützen, was ihr das Wichtigste war.« Er griff nach dem Riegel. »Seit Jahren kümmert sich niemand mehr darum«, fügte er hinzu. »Bantry hat so viel anderes zu tun …« Er sah Emma entschuldigend an. »Kurz und gut, es tut mir Leid, dass es so eine Wildnis ist … es würde mir eine so große Freude machen, wenn Sie sich entschließen könnten …«
    Er nahm den Riegel fest in die Hand und holte tief Luft. »Wissen Sie, dieser Ort hat meiner Großmutter alles bedeutet, und sie hat mir alles bedeutet.«
    Der Herzog lächelte wehmütig, dann hob er den Riegel. Als sich die Tür öffnete, trat Emma an ihm vorbei und stieg eine Treppe aus zehn unregelmäßigen Steinstufen hinab. Unten blieb sie stehen.
    »Ich lasse Sie jetzt am besten ein wenig allein, ja?«, sagte er leise.
    Emma merkte nicht, dass er gegangen war. Einen Augenblick vergaß sie sogar zu atmen, bis sie schließlich einen tiefen Atemzug tat, der gleichzeitig ein Laut der Trauer war.

5
    EMMA STARRTE auf einen toten Garten. Die vertrockneten Halme, die im Windhauch zitterten,

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