und der verschwiegene Verdacht
Pullover war hier und da etwas fleckig, und seine Arbeitsstiefel waren abgewetzt und ausgetreten. Er trug einen ledernen Werkzeuggürtel um die Taille, an dem einige Mei-
ßel, ein Hammer und mehrere seltsam geformte Zangen hingen. Ein wirrer Schopf von graumelier-tem Haar fiel ihm in die hohe Stirn, und seine Augen waren tiefblau.
»Entschuldigung«, sagte der Mann. »Ich wollte nicht stören. Ich suche Grayson.«
»Grayson?«, sagte Emma verwirrt.
»Den Herzog«, erwiderte der Mann.
»Den Herzog?«, wiederholte Emma.
»Man hat mir gesagt, er sei hier draußen«, er-klärte der Mann. »Haben Sie ihn gesehen?«
Emma versuchte zu schlucken, aber ihr Mund war trocken geworden.
»Ja«, brachte sie heraus, »aber im Moment ist er nicht hier.«
»Aha.« Der Mann nickte. Eine kurze Stille trat ein, dann fragte er: »Kommt er zurück?«
»Ich glaube, ja«, erwiderte Emma, »er muss gleich wiederkommen.«
»Dann werde ich auf ihn warten.« Der Mann stieg in aller Ruhe die ausgetretene Steintreppe herunter und kam zu Emma herüber. Er schloss die Tür der Kapelle, ehe er den Blick über die verfallene Umgebung schweifen ließ. »Ein Ort der Ruhe«, bemerkte er.
Emma murmelte etwas, dann wischte sie sich mit dem Handrücken über die Stirn, die plötzlich feucht geworden war.
»Wenn Sie entschuldigen«, sagte der Mann. Er zog ein sauberes Taschentuch aus seiner Tasche und bot es Emma an. »Sie haben … äh …« Er deutete auf seine eigene Stirn. »Sie haben dort etwas Erde.«
»Tatsächlich?« Peinlich berührt nahm Emma das Taschentuch und wischte sich damit über die Stirn.
»Ist es weg?«, fragte sie.
»Nicht ganz. Bitte, wenn Sie gestatten.« Behutsam nahm der Mann ihr das Tuch aus der Hand und bog ihren Kopf leicht zurück, bis sie direkt in seine Augen sah »Hier ist noch ein kleiner Rest …«
»Nanu, was haben wir denn da?«, rief eine Stimme. »Ein kleiner Flirt im Garten?«
Blitzschnell drehte sich der Mann um und wurde rot, als er Susannah Ashley-Woods sah, die ihnen von der Treppe aus zusah. Mit ihren eleganten, hohen Pfennigabsätzen kam die Cousine des Herzogs vorsichtig die ungleichmäßigen Stufen herunter-gestakst und blieb vor dem großen Mann stehen.
»Jetzt stellen Sie sich meine Enttäuschung vor«, wandte sie sich mit gespielt verzweifelter Stimme an Emma. »Die ganze Woche liege ich Derek schon in den Ohren, dass er mir endlich sein grässliches Fenster zeigt, und nun komme ich ganz allein hierher gewankt, riskiere, mir sämtliche hoch versicher-ten Knochen zu brechen, und das alles nur, um eine andere Frau in seinen Armen zu finden.«
»Ich hatte etwas Erde auf der Stirn«, versuchte Emma zu erklären.
»Nicht nur auf der Stirn, auch weiter unten«, stellte Susannah fest, indem sie Emmas Rock fixierte.
Mit einem flauen Gefühl im Magen sah Emma hinunter und bemerkte zwei große nasse Flecken auf ihrem Rock – Abdrücke des nassen Grases, in dem sie gekniet hatte.
»Ich bin sicher, dass es keinen bleibenden Schaden angerichtet hat«, flötete Susannah. »Cord ist ein so robuster Stoff.« Sie fuhr mit ihren langen Fingern durch ihr seidiges Haar und sah erst den Mann, dann Emma an. »Was ist los? Haben Sie Ihre Zunge verloren? Ach, ich ahne es – mein Vetter hat es mal wieder versäumt, Sie einander vorzustellen. Wenn Sie also gestatten, Emma Porter –
Derek Harris.«
Derek streckte die Hand aus, und Emma wollte sie nehmen, sah dann aber, dass die ihre noch voller Erde war, und zog sie zurück. »Sehr erfreut«, murmelte sie, ihre Augen auf Dereks Werkzeuggürtel gerichtet.
»Ah – ja«, sagte Derek, dessen Hand immer noch in der Luft schwebte. Er lächelte, dann rieb er sich das Kinn. »Ganz meinerseits.«
»Derek ist hier, um das Fenster zu restaurieren«, fuhr Susannah fort. »Und wie ist es mit Ihnen, Emma?« Mit einem spitzbübischen Lächeln beugte sie sich vor. »Sind Sie etwa gekommen, um einen Blick auf den Ort zu werfen, der Penford berühmt gemacht hat?«
Emma sah Susannah verständnislos an.
»Lex Rex?«, half Susannah nach. »Der Rockstar?
Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass Sie noch nie von ihm gehört haben.«
»Natürlich habe ich das«, erwiderte Emma ärgerlich. Und als müsste sie es beweisen, erwähnte sie den ersten Titel, der ihr in den Kopf kam: »›Kiss My Tongue‹.« Emma errötete tief, während Derek be-harrlich in die Ferne blickte und Susannah grinste.
»Ja«, bestätigte sie, »das war eines seiner unver-gesslichen Videos. Wenn
Weitere Kostenlose Bücher