und der verschwiegene Verdacht
Recht. Sie müssen nämlich wissen, meine Liebe, dass der Kapellgarten bis zum ersten August wieder einigerma-
ßen präsentabel sein muss.«
Emma blieb der Mund offen stehen, aber eine Handbewegung des Herzogs verbot es ihr, etwas zu sagen. »Es geht hier nicht um Perfektion. Es geht nur darum, dass hier ein Anfang gemacht wird.
Und irgendwann einmal soll der Garten dann wieder so aussehen wie damals, als meine Großmutter noch lebte.«
»Aber Grayson, ich …«
»Machen Sie sich keine Gedanken«, sagte er bestimmt. »Sie sind mir von zwei unfehlbaren Kenne-rinnen empfohlen worden – Tante Dimity hätte gar keine besseren wählen können –, und Bantry wird Ihnen helfen.« Der Herzog schien gar nicht zu bemerken, dass Crowley, der Oberbutler, oben an der Treppe erschienen war.
»Ach ja, Dinner ist um neun«, fuhr er unbeirrt fort. »Und um halb neun etwa werden in der Bibliothek Drinks serviert.« Er sah Emma unverwandt an, als er hinzufügte: »Bitte begleiten Sie die Dame zu ihrem Zimmer, Crowley, und sorgen Sie dafür, dass sie alles hat, was sie benötigt. Jetzt, wo ich sie endlich gefunden habe, soll sie uns nicht wieder entwischen.«
6
DIE ROSENSUITE befand sich irgendwo zwischen dem zweiten und dritten Stockwerk von Penford Hall. Crowley hatte Emma mit leiser, respektvoller Stimme erklärt, dass das Gebäude im Grunde drei Stockwerke habe, zu denen aber, je nach Lust und Laune früherer Herzöge und ihrer Gemahlin-nen, hier und da ein halbes Stockwerk hinzugefügt worden sei. Natürlich gab es auch Kellerräume und Dachböden, aber die zählte man ebenso wenig wie die Türme, deren Vielzahl einen völlig verwirren konnte. Im Prinzip jedenfalls hatte Penford Hall drei Stockwerke. Emma hatte versucht, sich den Weg einzuprägen, aber als sie endlich an der Rosensuite angekommen waren, wusste sie nicht, ob sie die Bibliothek wirklich rechtzeitig wiederfinden würde.
Die Aussicht indessen war herrlich. Von ihrem Balkon aus überblickte Emma den großen Rasen und die Burgruine. Der Balkon lag nicht hoch genug, dass man in die Ruine hineinsehen konnte, aber durch einige Lücken in den Mauern sah man den schmiedeeisernen Aufsatz der Laube. Die kleine Kuppel war fast genauso kunstvoll gestaltet wie die Laube selbst, sie sah aus wie ein kleinerer Vogelkä-
fig, der auf den großen aufgesetzt und ebenfalls reich mit Ornamenten verziert war. Emma konnte auch das Dach der Kapelle sehen, das wie der Bug eines Schiffs auf den Ärmelkanal hinausragte, von wo sich eine schwarze Wolkenwand näherte. Es roch nach Regen.
Emma lehnte sich über die Balustrade und seufzte.
Sie wusste nicht, was sie von Penford Hall halten sollte. Die Kapelle, die Burg, die herrliche Laube, selbst der komische steife Kragen des Oberbutlers, all das waren Relikte einer längst vergangenen Zeit.
Und doch, bei näherem Hinsehen merkte man immer wieder, dass das zwanzigste Jahrhundert auch hier Einzug gehalten hatte – Hallards Laptop, Newlands Funksprechgerät, Gashs Handy. Es kam Em-ma vor, als ob sie mit den Beinen in verschiedenen Welten stand und zu keiner von beiden gehörte.
Zunächst gehörte sie ganz bestimmt nicht in dieses wunderschöne Zimmer. Die Rosensuite trug ihren Namen zu Recht. Der Nachttisch, das Himmelbett und der zierliche Sekretär, auf dem ein weinrotes Telefon sowie eine emaillierte, mit Edel-steinen besetzte Uhr standen, waren aus Rosenholz.
Die cremefarbenen Wände waren mit botanischen Illustrationen geschmückt – handkolorierten Holz-schnitten, die Rosen in verschiedenen Stadien von der Knospe bis zur Blüte zeigten. Die Steppdecke auf dem Bett war mit kleinen roten Rosenknospen bestickt, und die tiefen, weichen Sessel vor dem Kamin trugen Überzüge in einem Muster aus le-bensprallen Grandiflora-Rosen.
An das Schlafzimmer grenzten Ankleidezimmer und Badezimmer an. Emmas Röcke hingen im Schrank, und ihre Pullover lagen in der Schublade der Kommode, die mit Zedernholz ausgekleidet war.
Ihr Kamm und die Haarbürste, beides aus Kunst-stoff, waren sorgfältig neben eine silberne Bürste und einen Schildpattkamm auf das Toilettentischchen gelegt worden. Ihre Reisefläschchen mit Shampoo und Duschgel lagen in Reichweite am Rande der tiefen, von Mahagoni umkleideten Badewanne.
Der Wind frischte auf, und Emma schloss die Balkontür. Sie sah sich in dem eleganten Zimmer um und seufzte. Es gab keinen Zweifel, hier lag ein Irrtum vor, nein, eine ganze Kette von Irrtümern.
Der Herzog hatte die Botschaft der
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