und der verschwiegene Verdacht
mitten in einen Irrgarten und wartete, dass der richtige Kandidat vorbeikam. Und ganz bestimmt betraute man niemanden mit einer wichtigen Aufgabe, der auf solche Art durch das Zufallsprinzip ausgewählt worden war. Oder?
Vielleicht doch, jedenfalls in Penford Hall, wo niemand besonders geradlinig zu denken schien.
Der Torhüter hielt sich für Che Guevara, der Diener hielt sich für Dickens, das Zimmermädchen dachte, sie sei die neue Coco Chanel, und der Herzog selbst schien sich für den Weihnachtsmann zu halten, der die Dorfbewohner mit neuen Straßen und einem Arzt beglückte, der mit einem Helikop-ter durch die Gegend flog, und seine Diener mit Laptops und Handys. Auch Emmas Denkweise schien unter diesem Einfluss ein wenig ins Wanken zu geraten. Denn für einen kurzen Augenblick hatte sie dort unten im Garten anscheinend geglaubt, sie sei Marilyn Monroe und könne es mit der reizen-den Ashers im Kampf um den blauäugigen Mann ihrer Träume aufnehmen. Also, konnte sie nicht genauso gut einen Sommer lang so tun, als sei sie Gertrude Jekyll, die große Gartengestalterin? Wer würde es merken? Ich würde es merken, dachte Emma verlegen. Ich bin ebenso wenig eine Femme fatale, wie ich ein längst verstorbenes Gartengenie bin, und als Hochstaplerin kann ich in dem Kapellgarten nicht arbeiten. Wenn ich in Penford Hall bleibe, so beschloss sie, dann nicht unter Vortäuschung falscher Tatsachen. Im Stillen gab sie sich das Versprechen, dem Herzog bei erster Gelegenheit die Wahrheit zu sagen.
»Oh, und noch etwas«, fügte Kate hinzu, als Emma sie zur Tür geleitete. »Mattie ist erst ein paar Monate hier, und im Gegensatz zu ihrem Großvater neigt sie dazu, die … etwas schillernde Vergangenheit von Penford Hall stark zu dramatisieren. An Ihrer Stelle würde ich dem, was sie über den Popstar erzählt, nicht zu viel Bedeutung beimessen.«
Emmas verständnisvolles Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht, sobald Kate das Zimmer verlassen hatte. Toll, dachte sie. Hier sitze ich nun, ohne Auto, in einem verrückten Schloss voller Irrer, und man sagt mir, ich solle mich vor dem Thema Lex Rex hüten. Was haben die Pyms mir da bloß einge-brockt?
Dank Crowley, der pünktlich um zwanzig nach acht anklopfte, kam Emma in der Bibliothek an, gerade als die Standuhr in der Ecke halb neun schlug. Sie war erleichtert, dass sie weder die Erste noch die Letzte war. Der Herzog war noch nicht zu sehen, aber Susannah hatte Derek in einem Erker-fenster neben einer außerordentlich schönen Harfe festgenagelt, wo sie ihm einen Vortrag über (Gott steh ihm bei, dachte Emma) Spiritualität und gesunde Ernährung hielt.
Derek hatte seine abgewetzten Jeans und den blauen Pullover mit einem am Kragen offenen Hemd und Cordhose vertauscht, und statt seiner Arbeitsstiefel trug er ein Paar müde aussehende Mokassins. Es schien ihm unmöglich, den Blick von Susannah abzuwenden, die etwas Schwarzes, Trägerloses und Knöchellanges trug, das wie Farbe an ihren reizvollen Kurven haftete. Ihr Make-up war makellos, ihr glattes blondes Haar in ihrem schlanken Nacken zu einem Chignon geschlungen, in ihren zarten Ohrläppchen glitzerten Brillanten. Weder sie noch Derek schienen Emmas Eintreten bemerkt zu haben.
Ihre Ankunft blieb jedoch nicht gänzlich unbe-merkt. Kaum hatte Crowley Emma in den Raum geführt, als ein Ruf ertönte. »He! Sind Sie das Mädchen mit den grünen Daumen, von dem wir so viel gehört haben? Syd Bishop. Susies Manager.
Was trinken Sie?«
Syd Bishop war ein dicker Amerikaner, etwa Mitte sechzig, und sein ehemals rotes Haar lag in langen Strähnen über seine kahle, sommersprossige Kopf-haut. Sein Akzent war reinstes Brooklyn und seine Stimme so laut, dass sie fast das Grollen des Donners übertönte, der gleichzeitig mit den ersten Regentropfen einsetzte, die an die Fenster prasselten. Angesichts Syds Smokingjacke musste Emma anerkennen, dass er diesbezüglich Vernunft bewiesen hatte. Die dunkelrote Paspelierung der breiten Revers biss sich hingegen mit der zinnoberroten Fliege und dem gleichfarbigen Kummerbund, ganz zu schweigen von den rosa eingefassten Rüschen seines weißen Hemds.
Syd saß neben Kate auf einer Couch aus burgunder-rotem Brokat. Kate trug ein weinrotes Samtkleid mit eng anliegendem Oberteil und weitem Rock. Neben ihr wirkte Syd Bishop so deplatziert wie ein Garten-zwerg in einem Schlosspark.
»Danke, ich hätte gern einen Sherry«, erwiderte Emma.
Syd schnippte mit den Fingern nach dem Diener mit der
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