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Und der Wind bringt den Regen

Und der Wind bringt den Regen

Titel: Und der Wind bringt den Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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    Auch Mabel Carter war froh, daß sie nicht nur Hilfe, sondern auch Gesellschaft bekam. Sie war von Natur aus ein umgänglicher, freundlicher Mensch; Siegfried Braun - sie nannte ihn nur «Sieg» - teilte alle ihre Mahlzeiten und, wenn man ihrer Schwester Min glauben wollte, auch ihr Bett. Im Lager der Kriegsgefangenen achtete man jetzt im Herbst 1918, als das Kriegsende in Sicht war, nicht mehr so genau auf das Kommen und Gehen der Gefangenen. Aber selbst Großtante Min hatte bisher nicht gewagt, Oma und Opa ihren Verdacht mitzuteilen. Die beiden Alten hätte glatt der Schlag gerührt, wenn sie sich Omas jüngste Schwester in den Armen eines Hunnen vorgestellt hätten.
    Mabel betrat das Haus und zog im Gehen ihren Mantel aus. «Hallo, Sieg!» rief sie. «Nachturlaub?»
    Langsam kam Siegfried in einer formlosen grauen Uniformhose in den Flur geschlurft. «Hallo, Meebl», grinste er und zeigte die starken weißen Zähne.
    Damit war die Unterhaltung erschöpft. Siegfried hatte nicht genügend Grips, um Englisch zu lernen; und Mabel mochte sich zwar darüber hinwegsetzen, mit einem Staatsfeind zu schlafen, aber seine Sprache zu lernen, das kam überhaupt nicht in Frage. So aßen sie zusammen am Tisch, stumm und zufrieden, und lächelten einander nur manchmal liebevoll zu.
    Der Oktobertag ging zu Ende. Noch donnerten an der Westfront die Geschütze, im Lazarett stöhnten die Verwundeten im Schlaf. Der Wendepunkt des schrecklichen Völkerringens kam näher.
     
    In dem überhitzten kleinen Zimmer hinter dem Laden saß Opa und mühte sich mit seiner Buchführung ab. Ein Kessel stand schief auf dem kaputten Ofenring. Ein Leimtopf hing an einem Haken; rundherum lagen Etiketten und Preisschilder und Muster von Mokett und Linoleum und Teppichstoffen. Auf einem Papierstapel auf dem Tisch stand eine Dose Kondensmilch, daneben eine offene Tüte mit Zucker, in der ein nasser Löffel in die Höhe stand. Die Tüte war ein Geschenk von Walter, das Opa sogleich für den Laden annektiert hatte. In einer Familie war so ein bißchen Zucker sofort verbraucht, während es bei ihm wochenlang reichte und ihm täglich den Tee versüßte. Außerdem standen noch zwei Tassen da und ein kleines Tee-Ei, das gerade für eine Tasse Tee reichte.
    Opa war unwirsch; die Sache von gestern abend ging ihm nicht aus dem Kopf. Diese Nell! Was mochte bloß in sie gefahren sein? Ging einfach aus dem Zimmer, und das bloß, weil vermutlich er es war, der an die Bahn geschrieben hatte wegen Taffy Evans. Marschiert einfach ab in die Küche - und dann diese Bemerkung übereinen, «dem nichts abgeht». Unglaublich!
    Er sah Nell noch vor sich, wie sie damals das Telegramm in Empfang nahm, es öffnete, dann ihn und Oma ansah und mit tonloser Stimme sagte: «Tom. Er ist gefallen.» Wie sie das Telegramm sorgfältig wieder in den Umschlag schob und damit nach oben verschwand, in ihr Zimmer. «Tom. Er ist gefallen.» Weniger hätte sie nicht sagen können, dachte er abfällig. Sie hatte überhaupt keine Gefühlsregung gezeigt — ganz anders als seine Frau, die von der Nachricht geradezu niedergeschmettert worden war, und als er selber, der sofort versucht hatte, Nell zu trösten: «Toms Frau wird hier immer ein Zuhause haben, Nell», hatte er gesagt. «Wir werden seinen Namen nie vergessen. Mach dir keine Sorgen, Nell, ich weiß, was ich meinem armenjungen schuldig bin.» Und noch vieles andere. Ja, er hatte sich wirklich bemüht. Und wie hatte sie es ihm gedankt? Mit dem kaum verhüllten Vorwurf, er habe jemanden um Arbeit und Brot gebracht. Und er sei «einer, dem nichts abgeht». Völlerei also — und beides am selben Abend.
    Er war kühl gewesen, beim Frühstück; und als er in den Laden ging, hatte er nur gesagt: «Ich mach mir meinen Tee selber, Nell.» Der Junge hatte mitgehen wollen, aber er hatte das abgelehnt. «Nein.» Konfrontationen ging er lieber aus dem Wege. Er zog es vor, seinen Groll zu schüren, hier und da ein Stückchen Holz oder ein paar Kohlen nachzulegen und alles schließlich mit einer Schaufel Kohlengrus zuzudecken; auf diese Weise glomm es noch tagelang, und er konnte sich eine ganze Weile an der warmen Glut seines Grolls wärmen.
    Die Ladenglocke ging, laut und heftig. Opa horchte erstaunt auf, denn Montag morgens vor zehn kam sonst kaum ein Kunde. Aber ein Blick in den im richtigen Winkel aufgestellten Spiegel belehrte ihm, daß es kein Kunde war, sondern Großtante Min.
    Schnell schob er die Zuckertüte in die Schublade. Wenn

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