Und die Eselin sah den Engel
fleischige Venus-mit-Armen, die aus einem versenkten Bad stieg, die Haare hochgesteckt, Schaumfetzen rutschten glitzernd über die geschwollenen Hänge ihrer goldenen vorgereckten Brüste, diese seifigen Zitzen, sie hatte den Bauch eingezogen, und der Rest ihres Körpers verschwand in dem warmen Schaum, in den, knapp hinter ihrem Hintern, ein vergoldeter Wasserspeier mit grimmigen Augen einen dampfenden Strahl aus seinen Nüstern spie; andere waren schlicht dunkelrot; wieder andere zeigten die Radierung eines alten Raddampfers; auf manchen fanden sich Reklamedrucke, zum Beispiel für »Vestal Padlocks« oder »Cure ‘em Quieks«; eine Sorte gab es, auf der eine Weidenmustervase mit einem Rosenstrauß zu sehen war, und eine andere mit einem Korb voll rotbrauner Kätzchen; zwei Spiele machten Reklame für Schnaps – Malt Hash Bourbon und Kentucky Straight –, und ein anderes pries Havannazigarren an; wieder ein anderes zierte eine Silhouette von Präsident Lincoln; eins war mit einem Harlekinmuster aus gelben und schwarzen Rauten bedruckt; ein anderes zeigte einen Vorstehhund; dann gab es welche mit einem Photo des ersten Ford T-Modells, neben dem ein junger Mann in Reithosen stand, einen Gamaschenfuß auf das Trittbrett gestellt; und schließlich gab es ein Spiel, auf dem ein kleines Mädchen mit einem komischen kleinen schielenden Gesicht abgebildet war, etwa zehn Jahre alt – auf keinen Fall älter –, sie trug einen schmutzigen rotweißen Skipullover mit dazu passenden Fausthandschuhen, einen Schal und eine Mütze, unter die ihr Haar gesteckt worden war, obwohl einige Strähnen herausgefallen waren und in dünnen blonden Büscheln über ihr trauriges kleines Gesicht hingen. Die Mütze hatte einen Bommel, der komisch nach einer Seite baumelte. Unter dem Pullover sah ein roter Rock hervor, und sie trug eine dicke weiße Wollstrumpfhose, die faltig über den Rändern ihrer knöchelhohen weißen Gummistiefel stand und deren Schritt unter den Rocksaum gerutscht war, so daß ihre dünnen Kinderbeine ein wenig zu kurz geraten wirkten. In den Armen hielt sie ein rußfarbenes Kätzchen, das über einem Auge einen weißen Fleck hatte, so daß es ebenso verwahrlost aussah wie das Kind. Am unteren Rand des Bildes stand zu lesen: »Lumpenmädchen und Klecksauge«.
Als Euchrid bei seiner panischen Flucht aus dem Haus den Tisch mit den Karten umgestoßen hatte, waren sämtliche zwanzig Spiele – über tausend Karten – mit dem Gesicht nach unten, Bildrückseite nach oben, auf dem Boden gelandet; mit einer Ausnahme. Neben der Tür, ein wenig abseits von den anderen Karten, lag eine »Lumpenmädchen«-Karte anders herum. Eine königliche Karte. Ein Bube. Ein Pik-Bube.
Euchrid begrub sämtliche Leichen und Kadaver dieses schwarzen Morgens an Ort und Stelle, dort auf dem Hof, wo der Turm gestanden hatte. Sein Gesicht war so gleichgültig wie das der Sonne triumphierend war, und er bückte sich unter ihren geißelnden Peitschenhieben und grub und grub und grub immer weiter, während die Sonne strahlend am Himmel kreiste, ein arroganter Tyrann, der mit seinem aufgeblasenen Geprahle und Getue das ganze Tal belästigte.
Zunächst grub er um die zerborstenen Stelzen des Turms, die noch fest im Boden saßen. Mit größter Mühe zerrte er sie heraus, jeden einzelnen dieser schweren morschen Pfeiler, die mit einem Klumpen aus Draht und Beton im Boden verankert waren.
Dann begann er das Loch zu graben.
Er grub von Mittag bis Einbruch der Dunkelheit, verschmiert mit Schweiß und Schmutz, das Gesicht ein leeres Blatt wie das eines Toten; die ganze Hölle des Tages hindurch, bis ihn ein hoher Wall aus dunkler Erde umgab und die Grube im Abenddämmer schummrig wurde, schummrig und in Schatten getaucht, so daß Euchrid nichts mehr sehen konnte und aufhören mußte.
Er zerrte sich aus dem Grab und brach auf einem Berg frischen Lehms zusammen, die blasigen blutigen Handflächen nach oben gedreht.
Am nächsten Tag schaufelte Euchrid, beide Hände mit schmutzigen Mullverbänden umwickelt, den ganzen toten und verwesten Auswurf in den umgekippten Tank zurück; dann befestigte er an einer Seite des Tanks ein Seil und schleifte ihn herum, so daß die stinkende Hekatombe ins Rutschen geriet und sich unter Scheppern und Knochengerassel in die Grube ergoß. Euchrid schleifte die Leiche seines Vaters an den Füßen zum Loch und kippte sie rein, wozu er in die Knie gehen und mit den Händen nachhelfen mußte, so sperrig war der steife
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