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Und die Goetter schweigen

Und die Goetter schweigen

Titel: Und die Goetter schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Janson
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müssen sie fragen, in welchen Geschäften Gunilla Berggren gewesen ist. Vielleicht hat sie die eine oder andere Quittung aufgehoben, oder ein Verkäufer kann sich an sie erinnern. Wir werden sehen«, sagte Hartman und fuhr sich mit der Hand über die Bartstoppeln, die üppig, grau und kräftig am ganzen Hals wuchsen, »wir werden sehen.«
    »Was gibt es denn heute Abend für ein Neujahrsbüfett?« Marias Augen blinzelten schelmisch zu Ek hinüber. Würdig streckte er sich in ganzer Länge, nachsichtig hob er eine Augenbraue: »Heute Abend soupiere ich mit einer schönen Frau, die auch auf dem schwierigen Terrain der Kochkunst bewandert ist. Daher speisen wir auswärts.«
    »Was für ein Glück! Dann bist du vielleicht morgen im Dienst«, lächelte Arvidsson und schwang seine Tolle. »Und du, Hartman?«
    »Wir kochen am liebsten zusammen, Marianne und ich. Aber viel zu häufig ist es passiert, dass sie bis nach Mitternacht mit dem Essen allein dasaß und dann ins Bett ging. Ist sie guter Laune und will geweckt werden, wenn ich nach Hause komme, dann nimmt sie das Schachspiel raus und fängt eine Partie an. Dann weiß ich Bescheid. Das macht doch Freude, gemeinsam zu kochen, und man ist gespannt auf das große Gourmeterlebnis.« Maria dachte an die Eier, die sie in ihrer Wut nach ihrem Mann geworfen hatte. »Bei uns ist das eher so, dass wir uns in der Küche abreagieren. Ist das o.k. wenn ich jetzt gehe? Wir wollen uns ein Haus ansehen.«
    »Ein Haus? Wollt ihr umziehen? Das Haus, in dem ihr wohnt, ist doch in Ordnung?« Hartman hörte sich beunruhigt an. »Da spukt es! Es gibt eine ältere Frau, deren Seele keine Ruhe findet. Sie sucht uns Tag und Nacht heim. Schiebt Möbel hin und her, nimmt Sachen. Ihr Geist flattert in den synthetischen Vorhängen. Wir hören ihre schleichenden Schritte und ihr Atmen …«
    »Lass mich zusammenfassen, was du gerade gesagt hast: Du hast ein Schwiegermutterproblem.« Ek setzte seine Verständnisvoller-Psychologe-Miene auf und fuhr sich mit der Hand durch seinen spärlichen Bart. »Das habe ich nicht gesagt!«
    »Ich habe am Telefon mit ihr gesprochen. Sie hat nach dir gefragt, als du nicht da warst. Ich habe versucht, sie ein wenig aufzumuntern, aber das war nicht ganz leicht. Ich fragte sie, ob sie den Witz von dem Mädchen und dem Zahnarzt gehört hätte. Hatte sie nicht, da habe ich ihn ihr erzählt.« Maria riss entsetzt ihre Augen auf. »Was hat sie da gesagt?«
    »›Wie hieß der Zahnarzt, ich habe nicht mitgekriegt, wie der Mann hieß?‹, hat sie gefragt. Die Pointe schien sie überhaupt nicht mitbekommen zu haben. Habt ihr irgendeinen Zahnarzt in eurem Bekanntenkreis?«
    »Du lügst!«
    »Ja!«
    »Ich verschwinde jetzt, rechne damit, dass ich heute Abend zu Hause zu erreichen bin.«
    »Geh nur, bevor ich es mir anders überlege!«, brummelte Hartman.
    Auf dem Weg hinaus warf Maria einen schnellen Blick in das Zimmer, in dem der Zeichner mit Disa Månssons Mitpatientin aus der chirurgischen Klinik saß. Sie waren bei ihrer Arbeit ein Stück vorangekommen, gingen von dem Bild der ›alten‹ Disa aus und versuchten so das veränderte Gesicht zu zeichnen. »Die Nase ist sozusagen kürzer und schmaler, noch schmaler. Die Augen sind gut, vielleicht ein wenig schräger.« Maria beugte sich vor, um besser zu sehen. Das Gesicht kam ihr bekannt vor und doch auch wieder nicht. Die Augen, da war etwas mit den Augen. Das war das gleiche Gefühl, als wenn man aus einem Traum erwacht und sich zu erinnern versucht, wie die Personen im Traum, ihre Schatten und Details ausgesehen haben. Wenn Maria ihrem Mann nicht auf Ehre und Gewissen versprochen hätte, um halb eins zu Hause zu sein, wäre sie noch ein Weilchen bei dem Skizzenblock stehen geblieben. »Da ist was mit dem Kinn. Das muss noch etwas weniger und weicher werden. Ich begreife nicht, dass man sein Aussehen so zerstören will!«, war das Letzte, was Maria hörte, als sie am Silvesternachmittag die Tür ihrer Dienststelle hinter sich zuzog.

29
    »Papa hat eine Überraschung!« Emil kam auf Maria losgestürzt und blieb abrupt mit einem Geräusch stehen, das dem Bremsen eines Volvo nicht unähnlich war. »Und was könnte das sein?«, fragte Maria vorsichtig. »Er hat ausgezeichnetes Essen gekocht!«
    »Was hast du gesagt?« Maria kam der Ausdruck irgendwie bekannt vor, das konnte kein Zufall sein. »Ausgezeichnetes Essen! Er hat das Rezept von einem bei deiner Arbeit bekommen!«
    »Machst du Spaß?« Emil schüttelte den Kopf,

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