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Und die Goetter schweigen

Und die Goetter schweigen

Titel: Und die Goetter schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Janson
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Kind phantasierte oder redete im Schlaf. Das nervte etwas, aber Disa war andererseits froh, dass sie nicht schrie oder sang oder irgend so was Komisches spielte, wie Kinder es taten. Langsam rollte der Mercedes durch die Stadt. Das war eine Triumphfahrt! Natürlich hätte sie auch die Ringstraße nehmen können, das hätte das Risiko, entdeckt zu werden, gemindert. Aber es hätte nicht den gleichen Kick gegeben wie die Fahrt vorbei an der Polizeiwache und der Goldenen Taube, wo, wie sie wusste, Direktor Sved gerade mit Geschäftsfreunden beim Essen saß. Frau Direktor war sicher auch dabei, piekfein angezogen. Disa stellte das Radio an und legte eine CD ein. Wählte sorgfältig und lachte mit vom Rauchen heiserer Stimme. »Baby, you can drive my car«, tönte der Lautsprecher. Disa sang mit, laut und falsch. »Yes, I’m gonna be a star«! Wie gut das passte! Der Kiosk! Disa bremste scharf und setzte zurück. Mitten vor einer Gruppe festlich gekleideter Damen sprang sie aus dem Auto, wie ein Dämon, der direkt aus der Nacht kommt. »Ich glaube nicht, dass Sie hier parken dürfen«, sagte der Bursche hinter der Scheibe verunsichert. »Du solltest lieber deinen kleinen Hintern bewegen und mir ein Paket Camel ohne Filter geben, du kleiner Wurm.« Disa sah zu ihrer Freude, wie er errötete. »Und eine Zeitung dazu. Stimmt so«, sagte sie und funkelte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Vergiss es!«, knurrte der junge Mann verlegen, gab aber gehorsam das Bestellte heraus. »Baby, you can drive my car! Yes, I’m gonna be a star!« Disa zündete sich eine Zigarette an und setzte sich aufrecht hin. Bald schon würden sie in der Türkei sein! Da galten dann nur noch die drei S: Sonnen, Saufen und Stehlen. Später, wenn es brenzlig wurde, mietete man sich einfach einen Wagen und verschwand nach Bulgarien. Sich irgendwo in einem billigen Hotel einmieten. Dort konnten sie lange von dem Geld leben. Bekanntschaften machen. Das würde sich dann ergeben. Disa machte sich keine Sorgen. Die Wärme im Auto nahm schnell zu. Der Mantel war groß und warm. Disa knöpfte die oberen Knöpfe auf und lachte vor sich hin. Auf Direktor Sved warteten an diesem Silvesterabend mehrere Überraschungen. Seine Konten waren von einem kräftigen Aderlass betroffen, und der Schmuckkasten seiner Frau gaffte leer in dem verschlossenen Tresor. »Yes, I’m gonna be a star!« Disa schaltete um auf das Autoradio. Die Lichter des Flughafens erleuchteten den dunklen Himmel. Der Strahlenglanz lag über den Baumwipfeln wie eine Ehrenkrone, siegesgewiss und nahe. »Yes, I’m gonna be a star and maybe I love me!« Disa klopfte auf die Innentasche des Mantels, um sich zu vergewissern, dass der Pass an seinem Platz war. Linda wimmerte im Schlaf. Sie fuhren auf den Langzeitparkplatz. »Echo des Tages, 16.00. Ein zweijähriges Mädchen ist aus ihrem Zuhause in Kronköping entführt worden. Das Mädchen trug einen roten Overall und eine weiße Mütze mit Bommeln … eine Frau, wahrscheinlich mit marineblauem langen Mantel und karierter Mütze.« Disa schob sich noch eine Zigarette in den Mund und grinste breit. Das war noch eine Überraschung für Direktor Sved, wenn er das nächste Mal seine Nase in seinen Schrank steckte. Sie konnte ihn richtig vor sich sehen, wie er da stehen und seinen süßen kleinen Mund aufreißen würde. Ein Streifenwagen fuhr auf den Eingang zu und hielt. Disa startete den Mercedes und glitt langsam vor, um besser sehen zu können. Freyja stieg aus. Der lange blonde Zopf blinkte wie helles Metall im Lampenlicht. Einen Augenblick lang flatterte ihr Mantel, und dann war sie in der Menschenmenge am Haupteingang verschwunden. »Verflucht!« Disa schüttelte sich vor Wut, zog das Messer aus dem Stiefelschaft und stach mit ein paar kräftigen Hieben auf den Beifahrersitz ein. Jetzt hätte sie ihr Gehöft gebraucht, um sich zurückzuziehen. Sie hätte allein beim Brunnen sein sollen. Bei Odin! Warum hatte sie so viel Pech? Hatte sie nicht geopfert?! Hatte sie nicht richtig geopfert?! Noch ein Streifenwagen glitt auf den Eingang zu. Disa begegnete ihm an der Außenseite, als sie auf die Ausfahrt zufuhr, hinaus in die Dunkelheit.
    »Dein Mann ist nach Hause gekommen, er will, dass du ihn sofort anrufst.« Arvidsson legte den Arm um Maria und schüttelte sie leicht, um zu ihr vorzudringen. »Ist Linda nach Hause gekommen?« Arvidsson schüttelte bedauernd den Kopf. Maria seufzte tief und nahm den Hörer hoch, tippte die vertraute Telefonnummer und

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