und die große Versoehnung
Krankenhausbett lag. Und sie dachte an die Cantrip-Familie, die den Konzertabend fröhlich ausklingen ließ.
Verena sah sich im Hausflur um, als Glenda die Tür für die Nacht verriegelte. Ich fühle mich wie eine Gefangene, dachte sie. Jetzt werde ich Großmutter nicht mehr entkommen können.
»Möchtest du vielleicht eine Tasse heißen Kakao?«, fragte Glenda, ging in die Küche und schaltete das Licht an.
»Ja, bitte«, erwiderte Verena, die ihr gefolgt war.
»Du hast heute Abend sehr gut gesungen«, sagte Glenda, während sie Milch aus dem Kühlschrank holte und in einen kleinen Topf goss. »Es ist sehr schade, dass dein Vater nicht dabei sein konnte.«
»Und Mummy«, fügte Verena hinzu, die sich an einen der Küchenschränke lehnte.
»Ja, und deine Mutter«, sagte Glenda und stellte den Topf auf die Herdplatte.
Verena starrte auf den steinernen Fußboden. Alles um sie herum hatte eine Menge Geld gekostet: die Küche, die Kleider, sie sie trug, das Auto, in dem sie nach Hause gefahren waren. Aber irgendwie sind das alles nur leere, tote Dinge, dachte sie. Ich würde sie alle sofort gegen eine warmherzige, liebevolle Familie eintauschen.
»Geht es dir gut, Verena?«, fragte ihre Großmutter. »Du scheinst seit zwei Tagen so bedrückt. Ist irgendetwas? Warum siehst du dauernd deine Hände an?«
»Tue ich doch gar nicht!«, sagte Verena schnell und ließ ihre Hände sinken.
Glenda lächelte ein dünnes Lächeln. »Fühlen sie sich anders an?«
»Meine Hände? Nein, nein sie … sie sind genau wie immer«, behauptete Verena.
»Ich habe mich gefragt, ob sie wohl kribbeln«, sagte Glenda, während sie die heiße Milch in einen Becher schüttete und Kakaopulver hineinrührte.
»Kribbeln?«, fragte Verena und schnappte überrascht nach Luft. Was antworte ich nur?, dachte sie. Sie darf es nicht erfahren. Sie darf einfach nicht erfahren, was mit mir los ist …
»Ja«, sagte Glenda, reichte ihr den Becher heißer Schokolade und sah sie forschend an. »Kribbeln.«
Verena blinzelte.
Glenda hielt ihren Blick ein paar Sekunden fest, dann wandte sie sich ab. »Ich hatte den Eindruck, deine Hände hätten vielleicht gekribbelt«, sagte sie und stellte den Wasserkocher an.
Verena stand da wie angewurzelt, den Becher Kakao in der Hand.
»Es ist nämlich so, als ich in deinem Alter war, begannen meine Hände plötzlich zu kribbeln«, sagte Glenda und drehte sich um, damit sie Verena in die Augen sehen konnte. »Und es machte mir große Angst, weil ich nicht wusste, warum sie kribbelten.«
Glenda wartete ab und betrachtete ihre Enkelin eine Weile, aber Verena starrte weiter schweigend ihre Tasse an. Schließlich sagte Glenda: »Ich finde, es ist Zeit fürs Bett. Du hattest heute einen langen Tag. Morgen schmücken wir gemeinsam den Weihnachtsbaum.«
»Ja«, erwiderte Verena rasch. »Ja, ich gehe nach oben. Gute Nacht, Grandma. Und danke für den Kakao.« So schnell sie konnte, ohne ihr Getränk zu verschütten, rannte Verena die Treppe nach oben in ihr Zimmer.
Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, schnappte sie nach Luft. Sie lehnte sich haltsuchend gegen die Tür und blickte in die Dunkelheit. Dann stellte sie den Becher ab, berührte den Türknauf mit der linken Hand und deutete mit ihrem rechten Zeigefinger auf die kirschrote Deckenleuchte.
Sie fühlte, wie die Magie durch ihren rechten Arm schoss, und
Pling!
erstrahlte die Lampe in hellem Licht. Gleichzeitig legte sich der Lichtschalter an der Wand von allein um. Verena sah ihn einen Moment verwundert an, dann nahm sie ihren Becher und stellte ihn auf ihr Nachttischchen.
Ich habe Angst, was diese magischen Kräfte bedeuten könnten, dachte sie und nahm erschöpft auf der Bettkante Platz. Bin ich jetzt ein Freak? Was wird mit mir passieren? Werden die Leute merken, dass ich anders bin?
Es wird stärker, das fühle ich, dachte sie und legte sich auf ihr Bett. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich bin so durcheinander. Und ich fühle mich so allein. Grandma beobachtet mich die ganze Zeit. Ich bin mir sicher, sie kann sehen, was mit mir los ist. Oh, ich wünschte, Mummy käme bald nach Hause …
Verena presste ihr Gesicht in das Kissen und schluchzte.
Eine halbe Stunde später klopfte ihre Großmutter an der Zimmertür und öffnete sie. Sie sah Verena angekleidet auf dem Bett liegen.
»Verena, warum hast du deinen Schlafanzug noch nicht an?«, fragte sie. »Es ist kalt, zieh dich bitte um und leg dich unter die Bettdecke.«
Verena setzte
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