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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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und Linder die Hand gab.
    Die Aussicht durch die großen Panoramafenster war fabelhaft. Unten lag der Hafen oder vielmehr lagen die Häfen, die vor Aktivität barsten mit ihrem Gewimmel von Fracht und Passagierschiffen, Schleppern, Kränen, Lastwagen, rangierenden Zügen und aufgereihten Containern. Dahinter lagen der Öresund und Dänemark. Die Sicht war hervorragend, und er konnte mindestens zwanzig Schiffe erkennen, von denen mehrere Fahrgastschiffe auf dem Weg von und nach Kopenhagen waren. Das Panorama übertraf bei weitem das aus seinem Hotelfenster, und auch schon die Aussicht war eindrucksvoll. Hier aber war sie so schön, daß Beck gern einen Feldstecher zur Hand gehabt hätte.
    Ein Feldstecher befand sich auch unter den Einrichtungsgegenständen: ein Carl-Zeiss-Marinefeldstecher, hergestellt in Jena. Er lag rechts auf dem großen stählernen Schreibtisch. Der Tisch war so placiert, daß Linder mit dem Rücken zu einer fensterlosen Querwand saß, die ganz von einer riesigen Fotografie bedeckt wurde. Sie zeigte einen Fischtrawler in schwerer See mit schaumumtostem Freibord und kaskadenartig hochspritzenden Bugwellen. An der Steuerbordreling stand eine Reihe von Männern in Südwestern und Ölkleidung, die gerade das Trawlnetz hochkurbelten. Der Gegensatz war umwerfend. Der Unterschied zwischen der Arbeit dieser Seeleute, die unter unerhörten Mühen einen knapp bemessenen Fang aus der See holten, und dem genüßlichen Herumsitzen in einem luxuriösen Büro und dem Schaffen eines Vermögens sprang ins Auge. Ohne die Plackerei dieser Menschen wären Existenzen wie Linder nicht denkbar. Der Kontrast war, wie schon gesagt, umwerfend, aber vermutlich nicht beabsichtigt. Es muß schließlich für jede Art von Zynismus eine Grenze geben. An der Längswand gegenüber den Fenstern hingen drei Lithographien von Matisse, Chagall und Salvador Dali. Zwei lederbezogene Besuchersessel sowie ein Konferenztisch mit sechs hochlehnigen Stühlen vervollständigten die Einrichtung dieses Raums.
    Mats Linder war den Erkundigungen zufolge, die Beck und Mänsson zuvor eingeholt hatten, dreißig Jahre alt. Er sah genauso aus, wie es seinem Lebensalter und seiner Stellung entsprach. Er war hochgewachsen, schlank und durchtrainiert, hatte braune Augen, sorgfältig gekämmtes und gescheiteltes Haar und ein mageres Gesicht mit einem prinzipienfesten Profil und einem entschlossenen Kinn. Seine Kleidung war bemerkenswert korrekt. Martin Beck sah Mänsson an und fühlte sich zerknitterter und verschwitzter als je zuvor. Er nannte seinen Namen und gab Linder die Hand. Sie nahmen in den Ledersesseln Platz.
    Der Mann hinterm Schreibtisch stützte sich mit den Ellbogen auf der Schreibtischplatte ab und blieb mit erhobenen Händen und aneinandergelehnten Fingerspitzen sitzen. »Nun«, begann er, »haben Sie den Mörder gefaßt?«
    Mänsson und Martin Beck schüttelten gleichzeitig den Kopf.
    »Auf welche Weise kann ich Ihnen weiterhelfen?«
    »Hatte Direktor Palmgren irgendwelche Feinde?« fragte Martin Beck. Das war eine dumme und einfache Frage, aber irgendwo mußte man schließlich anfangen.
    Linder schien sie aber übertrieben ernst zu nehmen und erwog seine Antwort sorgfältig. Schließlich sagte er. »Wenn man mit Geschäften von der Größenordnung zu tun hat, wie sie Viktor Palmgren geläufig war, kann man kaum vermeiden, sich Gegner zu schaffen.«
    »Schwebt Ihnen ein bestimmter Gegner vor?«
    »Allzu viele«, sagte Linder mit einem blassen Lächeln. »Meine Herren, die Geschäftswelt von heute ist hart. Bei der heutigen Lage auf dem Kreditmarkt ist für Wohltätigkeit oder Sentimentalität kein Platz mehr. Es geht oft nur noch darum, getötet zu werden oder selbst zu töten. In wirtschaftlicher Hinsicht, meine ich. Aber…«
    »Ja?«
    »Aber wir Geschäftsleute bedienen uns anderer Mittel als irgendwelcher Mordwaffen. Wir schießen nicht aufeinander. Darum glaube ich, daß wir in aller Ruhe die Theorie begraben können, derzufolge irgendein Konkurrent, der sich übervorteilt glaubt, in ein erstklassiges Restaurant spaziert, um mit der Pistole in der Hand einen sozusagen privaten Ausgleich der Bilanz herzustellen.« Mänsson bewegte sich. Es war ihm anzumerken, daß ihm irgend etwas eingefallen war, aber er sagte nichts. Martin Beck mußte das Gespräch vorläufig allein weiterführen. »Haben Sie von dem Mann, der Ihren Chef erschossen hat, eine bestimmte Vorstellung?«
    »Ich habe ihn ja kaum gesehen, einmal, weil ich neben Vicke saß

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