Und die Hölle folgte ihm nach
ihm gelang, eine griechische Stadt im Osten zu erreichen, und dass er dort verstarb.«
Fidelma schwieg. Was sie soeben gehört hatte, machte die wenigen Sätze verständlich, die sie in der Handschrift in der Bibliothek von Vars gelesen hatte.
»Bloß warum sind Seiten, die von Caepio handeln, aus Büchern der Abteibibliothek herausgetrennt worden?«, überlegte der Ehrwürdige Ionas laut.
»Mir ist da eine Legende zu Ohren gekommen, in der es um das Gold von Tolosa geht.«
Er schaute auf die Münze und nickte versonnen. »Der alte Traum vom
Aurum Tolosanum
.«
»Du kennst die Sage?«, fragte Fidelma rasch.
»Die Leute in den Tälern reden oft von dem Schatz. Mehr oder weniger ist das Katzengold oder Narrengold, kein echtes Gold. Ein Märchen also, den Goldschatz gibt es nicht.«
»Bitte, erzähl mir trotzdem davon.«
»Vor der Schlacht, in der die Streitmacht der Römer vernichtet wurde, hatte Caepio mit seinen Legionen die Stadt Tolosa überfallen und geplündert und eine riesige Menge Gold und Silber fortgeschleppt. Es heißt weiter, die Tolosanerhätten ihr Gold in einem großen, dunklen See verborgen gehalten, trotzdem sei es Caepio gelungen, seiner habhaft zu werden …«
»Was aus seinem nassen Grab geholt wurde, muss dorthin zurück«, murmelte Fidelma.
»Was sagst du da?«, fragte der alte Gelehrte aufhorchend.
»Verzeih, ich habe nur eben an einen Spruch gedacht, den ich von jemand gehört habe. Bitte, erzähl weiter.«
»Also die Angaben darüber schwanken, doch meist liest man, die Legionäre hätten sechsundvierzig Wagenladungen mit dem Gold und Silber gefüllt. Caepio hat sie dann in seine Villa in Placentia schaffen lassen. Als ihn später der Senat befragte, wo das Gold geblieben sei, hat er behauptet, die Wagen hätten nie Placentia erreicht, sie seien unterwegs von Banditen aufgehalten und ausgeraubt worden. Das glaubten ihm die Senatoren nicht, sie nahmen vielmehr an, er hätte sich das Gold angeeignet und irgendwo in den Bergen hier vergraben – deshalb wurde er so harsch verurteilt. Der Schatz blieb jedoch verschwunden, und über die Jahrhunderte haben sich Mythen darum gerankt. – Warum interessiert dich die Sache so?« Er hielt die Münze ans Licht und betrachtete sie noch einmal. »Eine Goldmünze aus Tolosa … eine Münze der Tectosagen.« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. »Wolltest du mir etwa erzählen, jemand will dir weismachen, dass dies eine Münze aus dem verloren geglaubten Goldschatz von Tolosa ist?«
Fidelma errötete leicht. »Nein, das nicht«, versicherte sie. »Ich wollte vor allem wissen, warum jemand die Seiten über Caepio aus dem Buch getrennt hat. Bruder Eolann war sehr unglücklich deswegen.«
»Dass die Beschädigung eines Buches ihn sehr gekränkt hat, kann ich durchaus verstehen. Er hätte es gleich meldenmüssen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Inhalt an sich für den Täter von Bedeutung war. Ein weit ausführlicherer Bericht über Caepio findet sich in einem anderen Buch, das ich erst kürzlich benutzt habe. Im
scriptorium
gibt es eine kleine Handschrift mit einer Lebensbeschreibung des Prokonsuls. Bruder Eolann war richtig stolz darauf, denn das ist eine sehr seltene Kopie. Offenbar wurde das Buch im alten Rom von den
curules aediles
in Acht und Bann getan.«
»Von wem, bitte sehr?«
»
Curules aediles?
Magistrate, Beamte im alten Rom. Seltsamerweise besitzen wir eine der Abschriften, die der Vernichtung entgingen. Sie ist vielleicht deshalb erhalten geblieben, weil ein Gallier aus Narbona – Pompeius Trogus – sie verfasst hat.«
»Warum mag man die Lebensbeschreibung des Caepio verboten haben? Lag es an dem Thema oder an dem Autor des Werks?«
»Ich könnte mir denken, das geschah, weil Prokonsul Caepio keineswegs eine Zierde der Servilius-Sippe war.«
Fidelma wollte schon gehen, doch bei dem Namen stutzte sie. »Hast du eben Servillius-Sippe gesagt?«
»Servilius war ein Vaters- oder Geschlechtername, ein Patronymikon. Der volle Namen des Prokonsuls lautete Quintus Servilius Caepio.
Vita Quinti Servilii Caepionis
heißt der Band, solltest du danach suchen. Der Servilius-Clan war eine alteingesessene Patrizierfamilie, schon während der Republik und auch im Kaiserreich stellten sie des Öfteren die Konsuln. Sie sind tatsächlich über sehr viele Jahrhunderte von Einfluss gewesen.«
Fidelma nahm die Münze an sich. »Danke Ehrwürdiger Ionas, dein Schatz an Weisheit war ein Gewinn für mich.« Sie wandte sich zum
Weitere Kostenlose Bücher