Und die Hölle folgte ihm nach
und die Regeln waren damals außerordentlich strikt. Mitunter musste man einfach mal raus in die Berge und in der Stille bei lauem Wind und Sonnenschein umherwandern.«
Er zog die Falltür auf und stieg einige Steinstufen hinab in einen kurzen Durchlass, der gerade einmal drei Schritte lang war. Ranken von Kletterpflanzen, die vor der Öffnung draußen hingen, gaben dem Dämmerlicht einen grünlichen Schimmer. Fidelma folgte ihm.
Plötzlich standen sie außerhalb der Abtei in einer Waldung. Zielsicher ging der Ehrwürdige Ionas hügelan durch die Bäume und dann über ein ebenes Gelände, bis sie zu Fidelmas Erstaunen am oberen Ende des Gottesackers anlangten. Sie befanden sich unmittelbar hinter den sonderbar aussehenden Mausoleumsbauten.
»Und nun?«, fragte er.
»Ich vermute, wir finden das, was ich suche, im dritten Mausoleum.«
»In Abt Bobolens Mausoleum? Du willst doch nicht etwa, dass wir es öffnen? Das wäre ein Sakrileg. Erst vor kurzem ist es fertiggestellt und versiegelt worden.«
»Die geheiligte Stätte ist bereits entweiht worden, wenn mich nicht alles täuscht, und um Gewissheit zu erlangen, müssen wir prüfen, was drin ist.«
Dem Ehrwürdigen Ionas war sehr unwohl zumute, während sie sich mit größter Vorsicht dem kleinen Marmorbaunäherten. Niemand schien in der Nekropole zu sein, auch nicht auf den umliegenden Hängen. Sie waren unbeobachtet. Fidelma blieb vor dem Portal des Grabmals stehen. Die Torflügel waren ungemein breit, fügten sich glatt in das solide gemauerte Bauwerk ein und waren sogar aus Eisen. Der Klosterherr betrachtete die Schließvorrichtung und verzog abschätzig den Mund.
»Sehr merkwürdig. Haltbar sieht das nicht aus, wirkt mehr wie ein Provisorium. So ein Schloss müsste bei einem Portal wie diesem doch viel kompakter sein.«
»Umso wichtiger ist es, einen Blick hineinzuwerfen«, versicherte ihm Fidelma. »Wir müssen da hinein und zwar sofort.«
»Aber warum, in aller Welt?«
»In diesem Mausoleum liegt die Erklärung für alle bisherigen Todesfälle und für die, die noch folgen werden. Ich bitte dich, mir zu vertrauen.«
Verblüfft starrte er sie an, spürte aber, wie überzeugt sie von ihrer Sache war. Er zögerte noch einen Moment und sagte dann, er sei einverstanden. »Also gut. Zum Glück lässt sich so ein lachhaftes Schloss leicht wieder zusammensetzen.« Er bückte sich, nahm einen Stein auf und schlug damit gegen das eiserne Türschloss. Drei kräftige Schläge genügten, und es fiel zu Boden. Gemeinsam zogen sie einen der schweren Torflügel auf. Was immer der Ehrwürdige Ionas drinnen erwartet haben mochte, einen mit Lederbeuteln vollgestapelten Wagen jedenfalls nicht. Der nahm fast den ganzen Raum ein, der Sarkophag fehlte.
Mit unbewegter Miene ging Fidelma zu dem Gefährt, knüpfte einen der Beutel auf und ließ ihren Begleiter hineinblicken. Der Sack war bis zum Rand gefüllt mit Goldmünzen.
»Doch nicht das
Aurum Tolosanum
?«, keuchte der alte Gelehrte. »Gibt es das wirklich?«
Fidelma schüttelte den Kopf. »Aus Tolosa mag es sein, aber das legendäre Gold des Caepio ist es nicht.«
»Was denn sonst?«
»Damit soll der Seigneur von Vars für seine Dienste entlohnt werden, und ich fürchte, er wird sich seinen Lohn sehr bald holen. Versuchen wir, das Schloss wieder vorzuhängen, und gehen wir zurück in deine Kammer. Dort müssen wir überlegen, was weiter zu tun ist.«
Schweigend saßen sie eine Weile in der Studierstube beisammen. »Seit wann weißt du davon?«, fragte der Ehrwürdige Ionas schließlich.
»Erst seit gestern Nacht. Wäre ich nicht so lange dem legendären Goldschatz hinterhergejagt, wäre ich früher auf diese Lösung gekommen.«
»Du meinst das
Aurum Tolosanum
?«, fragte der Ehrwürdige Ionas vollends verwirrt. »Woher stammt denn nun dieses Gold? Du sagst, es ist der Lohn für den Seigneur von Vars – aber wofür und warum?«
»Es stammt von Perctarit, damit soll Grasulf geködert werden, sich ihm anzuschließen, wenn er gegen Grimoald zu Felde zieht. Während ich auf Vars festgehalten wurde, habe ich erfahren, dass Grasulf einen derartigen Lohn erwartet. Im entscheidenden Moment, wenn Perctarit mit seinen Vorbereitungen fertig ist, wird er Grasulf durch seinen Mittelsmann wissen lassen, wo das Gold lagert.«
»Seinen Mittelmann? Das müsste ja dann der sein, der das Gold in das Mausoleum für Bobolen geschafft hat.«
»Ich glaube, ich weiß bereits, wer das ist, muss aber noch ein oder zwei Sachen klären.
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