Und die Hölle folgte ihm nach
unserem Wein delektieren und unser Gespräch fortführen. Je früher wir dort sind, desto eher kann sich auch mein Arzt um Bruder Faro kümmern, wenngleich ich glaube, die kleine Gisa ist fürsorglich um ihn bedacht.«
Fidelma folgte seinem Blick. Schwester Gisa saß neben Bruder Faro, beide im Gespräch vertieft. So, wie er von ihr sprach, schien er Gisa gut zu kennen. Lag es daran, dass in diesem kleinen Tal keiner dem anderen fremd war?
Der junge Seigneur von Trebbia klatschte in die Hände und rief zum Aufbruch. Nicht lange, und jedermann war aufgesessen, und der Trupp setzte sich in Bewegung. Radoald forderte Fidelma auf, neben ihm zu reiten. Sie begriff rasch, dass ihm daran lag, ihr Fragen stellen zu können, ohne weitere Mithörer zu haben.
»Kennst du Magister Ado schon lange?«, wollte er als Erstes wissen.
»Seit unserer gemeinsamen Reise, also kaum ein paar Tage, von Kennen kann da keine Rede sein. Wir sind uns in Genua begegnet.«
Sie spürte, dass der junge Lord sie kurz anblickte. »Du hattest aber schon vorher von ihm gehört, oder?«
»Ich bin hier fremd«, erwiderte sie gleichmütig. »Es ist, wie Schwester Gisa gesagt hat, ich war auf dem Heimweg von Rom, als wir Schiffbruch erlitten. Ich verbrachte notgedrungen ein paar Tage in Genua auf der Suche nach einer anderen Schiffspassage, und da lernte ich zufällig Magister Ado kennen.« Sie unterließ es, die näheren Umstände ihrer Begegnung zu nennen. »Er erzählte mir von der Abtei Bobium und erwähnte, dass Bruder Ruadán ein Mitglied der dortigen Gemeinschaft sei. Bruder Ruadán war einst mein Lehrer und Mentor bei uns zu Hause. Und da ich ihn gern ein letztes Mal sehen wollte, nahm ich das Angebot an, Magister Ado und seine Gefährten nach Bobium zu begleiten.«
»Bruder Ruadán?« Radoald horchte auf. »Du warst eine Schülerin von ihm?«
»Ja. Ich war sehr jung damals und nahm dann ein Studium im Rechtswesen auf.«
»Bruder Ruadán hat sich sehr unverblümt gegen einige Bischöfe im Osten unseres Tals geäußert.«
»In welcher Hinsicht?«
»Er kritisiert ihre Glaubensauffassung, dass sie das lasterhafte Leben der Adligen unterstützen, ihr Trinken, ihren Umgang mit Frauen … ihre ganze Lebensweise hat er angeprangert, und das wird ihm keine Freunde einbringen.«
»Vielleicht glaubt er ohne diese Art Freunde auskommen zu können«, meinte Fidelma trocken.
»Hat man dir gesagt, dass Bruder Ruadán überfallen und grob zusammengeschlagen wurde?«
»Ja, genau deswegen habe ich mich entschieden, Genua zu verlassen und mit nach Bobium zu reiten. Weißt du Neueres über sein Ergehen?«
»Er ist noch am Leben, aber sein Zustand ist äußerst ernst.«
»Ist dir Näheres bekannt, wie er in diese Situation geraten ist?«
»Soviel ich weiß, reiste er immer nach Placentia, einer Stadt nördlich von hier, und predigte dort in der Antoninus-Basilika. Ich fürchte, Bruder Ruadán hat mit seinen Äußerungen Unruhen geschürt. Er hat den Bischof von Placentia, Bischof Britmund, einen Esel genannt.«
Fidelma zog eine Augenbraue hoch. »Einen Esel?«
»Er erklärte, ein des Lesens und Schreibens unkundiger Bischof wäre nur ein Esel mit einer Mitra. Einen Geistlichen, so sagte er, dürfe man nicht um seiner selbst willen bewundern, er müsse über Tugend und Wissen verfügen.«
Fidelma lachte. »Der arme Ruadán. Er hat lediglich eine alte Spruchweisheit von uns verkündet. Der Gedanke birgt nichts Umstürzlerisches.«
Radoald brummte entrüstet. »Seine Ansichten haben ihm Ärger eingebracht. Einen Bischof von Placentia als ungebildet zu beschimpfen und einen Esel zu nennen, heißt, mit dem Tod zu spielen. Wir haben zwischen den Bruderschaften ohnehin genügend Spannungen hier.«
»Ich habe von den Streitigkeiten um die Auslegung der Glaubenslehren gehört, die einen halten sich an das Glaubensbekenntnis von Nicäa und die anderen heißen die Ansichten des Arius gut.«
»Lass dich warnen, Fidelma von Hibernia. Bruder Ruadán ist zwar aus Placentia zurückgekehrt, hat es aber fast mit dem Leben gebüßt. Betrachte Bobium als eine Insel, die von mächtigen Adligen umringt ist, die die Lehren des Arius verteidigen. Es ist derzeit höchst unvernünftig, seine Ansichten lauthals kundzutun. Jedermann weiß, die Tinte eines Gelehrten ist langlebiger als das Blut eines Märtyrers.«
Fidelma versuchte die Worte des jungen Mannes zu verstehen. »Ich weiß deinen Rat an eine Fremde aus einem fremden Land zu schätzen, Radoald. Doch gestatte mir
Weitere Kostenlose Bücher