Und die Hölle folgte ihm nach
Aufmerksamkeit. Über ihm hing ein Schild, auf dem ein flammendes Schwert, umgeben von einem Lorbeerkranz, auf schwarzem Grund gemalt war.
Eine Hand zerrte sie am Ärmel, und eine hohe Stimme fragte: »Isst du Menschenfleisch?«
Entgeistert drehte sie sich um und blickte in das greisenhafte Gesicht einer grauhaarigen Frau, die sich, vornüber gebückt, auf einen Stock stützte.
»Wie sollte ich?«, erwiderte sie und befürchtete schon, am Abend ein für das Tal typisches, aber scheußliches Mahl aufgetischt zu bekommen.
»Natürlich tust du das«, erklärte die alte Frau giftig. »Die Leute aus Hibernia sind Kannibalen. Ich habe den heiligen Hieronymus gelesen, und der war sehr wohl ein Verkünder der Christenlehre. In
Adversus Iovinianum
schreibt er, er hätte als junger Mann selbst gesehen, wie die Iren den Schafhirten und ihren Frauen die Pobacken herausschneiden und essen.«
»Meines Wissens ist der heilige Hieronymus nie in Hibernia gewesen«, entgegnete Fidelma und hatte Mühe, nicht zornig zu werden. »Folglich kann man so einer schwachsinnigen, böswilligen und unwahren Behauptung keinen Glauben schenken.«
»Er hat es aber geschrieben.«
»Die Menschen schreiben vielerlei Dinge, und nicht alles ist wahr.«
»Er hat es aber geschrieben«, wiederholte die Alte, als wäre es ein Mantra.
Radoald tauchte neben Fidelma auf und nahm sie am Arm. Er redete grob auf die Alte in der für sie gängigen Sprache ein und zog Fidelma mit sich fort. »Ich möchte dir einige Schätze auf meiner Burg hier zeigen«, und als sie außer Hörweite der alten Frau waren, fügte er hinzu: »Sie war die Amme meiner Mutter. Ich habe sie in der Dienerschaft behalten, denn sie hat nirgendwo sonst eine Bleibe.«
Fidelma wollte etwas sagen, aber er ließ sie nicht zu Worte kommen. »Sie liest die ganze Zeit. Nur das Traurige an der Sache ist, dass sie alles Geschriebene für wahr hält. Es hat keinen Zweck, mit ihr darüber zu streiten.«
»Sie dürfte in Schwierigkeiten geraten, wenn sie auf zwei Abhandlungen mit einander widersprechendem Inhalt stößt«, merkte Fidelma mit eisigem Lächeln an.
»Eine interessante Feststellung. Leider ist ihr das bisher noch nicht vorgekommen.«
»Ich betrachtete gerade deinen Stuhl, als sie mich ansprach. Ist es dein Amtsstuhl?«
Er nickte bestätigend.
»Mir fiel das Motiv auf dem Schild darüber auf. Ist das dein Wappen?«
»Es ist das Wappen, mit dem sich viele langobardische Adlige schmücken, denn es sind die Insignien des Erzengels Michael, der unser Patron ist. Es heißt, er erschien vor drei Jahren unseren Truppen bei Sipontum, als wir die Heerscharen der Byzantiner zurückschlugen. Seitdem ist sein Name unser Schlachtruf, denn er ist der Anführer der Schlacht und Verteidiger des Himmels.«
»Tragen demnach alle deine Leute dieses Wappen?«
»Nur die Krieger unseres Königs Grimoald. Ich selbst schwinge das Schwert für Grimoald. Weshalb fragst du?«
»Erzähl mir etwas über diesen Grimoald«, forderte ihn Fidelma auf und überging seine Frage. »Wann wurde er euer König?«
»Als er König Godepert entthronte und dessen Schwester Theodata heiratete. Das war vor vier Jahren.«
»Hattest du nicht gesagt, er wäre Perctarit auf den Thron gefolgt?«
»Dein Gedächtnis ist bemerkenswert. Perctarit war gemeinsammit seinem Bruder Godepert König. Aber die beiden Brüder bekriegten einander. Einer war genauso schlimm wie der andere. Damals war Grimoald Herzog von Benevento. Er ermordete Godepert und trieb schließlich Perctarit ins Exil. Grimoald feiert Michael als den Beschützer unserer Krieger. Wir benötigen einen solchen Schutz, denn wir haben viele Feinde. Gegenwärtig zum Beispiel kämpft Grimoald gegen die Byzantiner im Süden. Während seiner Abwesenheit ist Lupus der Wolf, Herzog von Friuli, unser Regent. Friuli ist eine Stadt weit im Osten.«
»Das klingt, als durchlebtet ihr unruhige Zeiten.«
»Unser Volk kennt offenbar keine ruhigen Zeiten«, meinte er grimmig. »Vor Jahrhunderten wurden wir aus unserem angestammten Land weit im Norden vertrieben, und jedes Mal, wenn wir versuchten, sesshaft zu werden, trieben uns die, die nach uns kamen, weiter nach Süden und Westen. Wir waren ständig gezwungen, uns neue Gebiete, neue Heimstätten mit dem Schwert zu erkämpfen.«
»Und dennoch befehdet ihr euch untereinander wegen des Anspruchs auf den Thron.« Im Grunde genommen wollte sie ihre Feststellung als Frage verstanden wissen.
»Stärke ist das A und O eines
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