Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und die Hölle folgte ihm nach

Und die Hölle folgte ihm nach

Titel: Und die Hölle folgte ihm nach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
Vom Netzwerk:
Zuweilen erwies es sich als hilfreich, dass sie verhältnismäßig groß war. Dass das Fenster nicht vergittert war, hatte einen einfachen Grund. Es hätte wenig gebracht, es als Fluchtweg nutzen zu wollen – unten gähnte ein tiefer Abgrund. Sie kletterte wieder hinunter und setzte sich verzagt hin. Nicht einmal eine Öllampe hatte das Verließ.
    »Hast du irgendeine Idee, bei wem wir hier gelandet sind?«, fragte sie schließlich.
    Bruder Eolann zuckte mit den Schultern. »Dass sie vor frommen Brüdern und Schwestern nicht Halt machen, ist klar. Über die Täler diesseits der Berge weiß ich wenig, ich vermute aber, wir befinden uns auf dem Territorium des Seigneur von Vars.«
    »Hält er diesem König Grimoald die Treue?« Sie musste an die beiden Männer mit dem Symbol des Erzengels Michael auf den Umhängen denken. Die Geschichte Bruder Eolann erklären zu wollen, hatte keinen Zweck.
    »Ganz bestimmt nicht. Soviel ich weiß, stehen sich Trebbia und Vars feindselig gegenüber.«
    »Hast du nicht gesagt, du würdest auf den Bergen hier ziemlich regelmäßig herumklettern und würdest dich deshalb so gut auf den Pfaden des – wie hieß er doch gleich – des Monte Pénas auskennen? Wieso bist du da völlig hilflos bei der Frage, wo wir uns jetzt befinden?«
    »Ich habe die Berge sehr wohl erklommen, aber ich habe mich immer auf der Seite gehalten, die auf das Tal der Trebbia blickt. Man hat mich stets ermahnt, vorsichtig zu sein, immer hieß es, dass im Norden und Osten die Länder liegen, die ursprünglich Perctarit den Treueeid geleistet hatten. Selbstwenn sie Grimoald nicht hassen sollten, sind schließlich auch sie Anhänger des Arius und haben folglich nichts mit den Brüdern von Bobium im Sinn.«
    »Und zu welcher Seite neigen sie?«
    »Zu der einen oder anderen oder auch beiden, einen Unterschied macht das nicht.«
    »Und du hast keinerlei Ahnung, wo wir hier sind?«
    »Ich würde denken, der Fluss ist die Staffel, jedenfalls heißt er so im Langobardischen, auf Latein ist es die Iria. Wir müssten oberhalb der alten Salzstraße nach Genua sein.«
    »Solange wir nicht wissen, mit wem wir es hier zu tun haben und was man von uns will, können wir nichts weiter unternehmen. Raus kommt man hier wohl nur durch die Tür.«
    Bruder Eolann stöhnte. »Hoffentlich bringen sie uns bald was zu essen und trinken. Wir sind fast den ganzen Tag unterwegs gewesen und seit heute früh ohne jeden Bissen geblieben.«
    Fidelma fiel ein, dass die Verpflegung, die sie mitgenommen hatten, in ihren Umhängetaschen steckte. »Haben sie dir auch den Mantelsack weggerissen?«, fragte sie.
    »Ja. Da war noch Zwieback, Käse und Obst drin. Nun sitzen wir ohne alles da.«
    Sie lächelte matt. Wenigstens das
marsupium
hatte sie noch, wenn da auch nichts zu essen drin war. Dafür aber der
ciorr bholg,
die Kammtasche, ein kleines Täschchen, das alle Frauen von Rang in Hibernia stets bei sich trugen. Im Allgemeinen befanden sich darin ein
scathán,
ein kleiner Spiegel, eine
deimess,
eine Schere, ein Stück Seife, und Fidelma hatte auch ein Fläschchen mit Geißblattduft darin verstaut. Die meisten Frauen in Hibernia hatten sogar ein Fläschchen mit Beerensaft bei sich, um die Lippen rot anzumalen oder dieAugenbrauen nachzudunkeln, wie es dort der Brauch war. Fidelma verzichtete auf dergleichen.
    Jetzt ging es ihr aber nicht um ihre Toilettenartikel, sondern um die Goldmünze, die sie klugerweise eben da verborgen hatte. Im gleichen Moment kam ihr ein schrecklicher Gedanke. »Könnten es die Krieger, die uns hierher verschleppt haben, gewesen sein, die Freifrau Gunora ermordet haben?« Bruder Eolann horchte alarmiert auf. »Was für einen Grund sollten sie sonst gehabt haben, ausgerechnet dort herumzulungern?«
    Ihr Gefährte war deutlich beunruhigt. »So etwas wie heute habe ich noch nie erlebt. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wer diese Männer sind und was sie im Schilde führen. Die Festung, auf der wir uns befinden, muss einem Kriegsherrn gehören. Aber wie gesagt, die Gegend hier ist mir fremd. Wie sollen wir uns jetzt verhalten?«
    »Wir können nur warten, bis unsere Widersacher den nächsten Zug machen.«
    »Wir können doch nicht einfach herumsitzen und hoffen, dass sie uns etwas zu essen bringen«, sagte Bruder Eolann verzweifelt.
    Fidelma sah ihn mitleidig an. »Hat man dich nie
dercad
gelehrt?«
    Dercad
war eine alte Form der Meditation, die etliche Kirchenführer ablehnten, weil sie zu Zeiten praktiziert

Weitere Kostenlose Bücher