und die Poker-Hoelle
müssten wir dich wohl jetzt in irgendeiner Gasse aufsammeln.«
Peter nickte anerkennend. »Dass du schauspielerisch so viel auf dem Kasten hast, hätte ich nicht gedacht, Erster. Du verblüffst mich immer wieder.«
»Mich hat vor allem deine Coolness verblüfft«, sagte Richie. »Ich wäre da unten gestorben vor Angst und Nervosität.«
»Danke, danke.« Justus hob abwehrend die Hand. »Aber als guter Detektiv muss man in allen Situationen Herr der Lage bleiben.«
»Und dieser Jin ist tatsächlich so ein berüchtigter Krimineller?«, wollte Bob wissen.
Der Erste Detektiv nickte. »Jackie Jin, genannt ›Der Drache‹. Ein gesuchter Bandenchef und eine mächtige Unterweltgröße, der für seine Skrupellosigkeit bekannt ist. Ich habe ab und zu etwas über ihn gelesen. Er ist in alle möglichen üblen Machenschaften verwickelt. Seit über drei Jahren ist die Polizei hinter ihm her, aber der Kerl ist nicht zu fassen. Er hat irgendwo einen Unterschlupf gefunden, von dem aus er seine Geschäfte abwickelt, und scheut das Tageslicht wie der Teufel das Weihwasser.« Justus kniff die Augen zusammen. »Aber vielleicht kann ihn Cotta jetzt hochnehmen.« Er sah Peter und Richie an. »So. Und nun seid ihr dran. Was war denn da bei euch los, während ich am Pokertisch saß? Peter, dich habe ich irgendwann gar nicht mehr gesehen, und du, Richie, warst ab einem bestimmten Zeitpunkt auch irgendwie … zerstreut. Hattet ihr Probleme?« Justus nahm sich einen Block und einen Stift zur Hand, um alles Wichtige mitschreiben zu können.
»Das nicht«, ergriff Peter das Wort, »aber ich habe Erstaunliches herausgefunden.« In kurzen Sätzen erzählte er den anderen, was sich in dem Büro zugetragen hatte. Danach schauten alle schweigend Richie an.
Der schaute eine lange Minute wortlos vor sich hin. Dann sagte er leise: »Dann stimmt es also.«
»Das behauptet nur Jin.« Justus wusste sofort, was Richie meinte. »Solange wir dafür keinen eindeutigen Anhaltspunkt haben, darfst du das nicht denken.«
Richie antwortete nichts. Doch seinem Gesichtsausdruck war zu entnehmen, dass ihn Justus’ Worte nicht sonderlich hatten trösten können.
»Aber davon abgesehen, wird mir jetzt einiges andere klar.« Richie sprach immer noch sehr leise, den Blick irgendwo auf den Boden gerichtet. »Als Teenager habe ich einmal ein Gespräch meiner Mutter mit einer Bekannten belauscht, in dem es um Onkel Tony und sein plötzliches Verschwinden ging. Es war darin von Schulden die Rede, von enorm viel Schulden. Ich konnte mir nie erklären, warum jemand wegen Schulden verschwindet. Jeder hat doch heutzutage Schulden. Aber Onkel Tony musste offenbar untertauchen, er musste dafür sorgen, dass ihn Jin und seine Leute nicht fanden. Weil er die Schulden bei ihm hatte.«
»Und … die Sache mit der Krallenhand?«, fragte Bob vorsichtig.
»Onkel Tony hatte eine Sehnenverkürzung an der rechten Hand«, antwortete Richie traurig. »Er konnte den kleinen, den Ring- und den Mittelfinger nicht strecken. Daher wohl der Name.«
Für ein paar Augenblicke herrschte betroffenes Schweigen im Wohnwagen. Jeder hing seinen Gedanken nach.
Schließlich sagte Peter: »Was mich allerdings wundert, ist, dass dein Onkel Jackie Jin angerufen und davon erzählt hat, dass er dir Geld schicken wollte und wann genau er das tun würde. Warum hat er das bloß getan? Dieser Jin ist doch sicher völlig taub auf dem Mitleidsohr, das musste deinem Onkel doch klar sein.«
Richie zuckte müde mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
Justus jedoch sah Peter aufmerksam an. »Das sollten wir im Auge behalten, Zweiter, du hast recht«, sagte er nachdenklich. Dann blickte er in seine Aufzeichnungen. »Gut. Rekapitulieren wir. Dein Onkel, Richie, hatte seit Langem Schulden bei Jin. Deswegen verschwand er wohl dereinst. Und dann erfuhr Jin, dass dein Onkel dir Geld zukommen lassen wollte. Und er wollte es abfangen, um damit die Schulden zu begleichen. Doch da es so wenig war, verdächtigte er Benni, ihn bestohlen zu haben. Das war zwar nicht der Fall, aber ob Jin jetzt wirklich davon überzeugt ist, dass diese 600 Dollar alles waren, was dein Onkel besaß, ist fraglich.«
»Das würde aber bedeuten, dass Richie in Gefahr ist«, schlussfolgerte Bob, »dass er Besuch von Jin oder seinen Leuten bekommt.«
»Das sehe ich auch so«, bestätigte Justus.
»Zumal«, Richie sah die anderen an, »mir Onkel Tony noch irgendetwas anderes zukommen lassen wollte.«
»Was?«
»Wie?«
»Aber woher …
Weitere Kostenlose Bücher