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Und die Ratte lacht - Roman

Und die Ratte lacht - Roman

Titel: Und die Ratte lacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Persona Verlag
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dich Licht ist.
    Wer weiß, vielleicht wirst du mir irgendwann für Das Mädchen und die Ratte dankbar sein. Vielleicht vermachst du sie sogar deinen Nachkommen.
    Elternschaft.
    Wenn ich diese Chance gehabt hätte, mit meiner eigenen Gebärmutter …
    Sobald dein Bewusstsein wieder erwacht, werde ich die elektronische Mauer sprengen. Ich werde ins Unbekannte ziehen, meine genetische Karte in der Hand. Mit ihr bin ich auf die Welt gekommen, mit ihr werde ich gehen.
    Du kannst diesen Traum als Beweis benutzen, dass du alles getan hast, um mich zurückzuhalten, und dich von jeder Schuld freisprechen.
    Abschied.
    Die Sehnsucht ist keine Sache des Gehirns …
    Stasch …
    Ein Name, zu dem ich wieder und wieder zurückkehren werde …
    Ich werde mich erinnern.
    Stasch, mein Geliebter, wenn wir uns nur physisch treffen könnten, Körper an Körper.
    Vielleicht wirst du mich einmal in einem selbst gewählten spontanen Traum sehen. Du wirst mir in das Vakuum folgen. Y-mee Energelly geht mit ihrem eigenen Körper. Mit ihren Muskeln, ihren Sehnen, ihren Gelenken, Händen, Beinen. Mit ihrer Gebärmutter. Mit den inneren Organen, durch die ich so oft virtuell gewandert bin …
    »Deine Reisen werden dir keine Erleichterung schaffen; denn du reisest mit deinen Leidenschaften, und deine Übel folgen dir nach.« Mein Implant-Chip spuckt die Worte des Sokrates in die Erinnerung von Seneca.
    Erinnerung – ein langer Zug Amputierter, die den Kampf auf Krücken führen.
    Die Kinder jenes Mädchens, ihre Kindeskinder, die Kindeskinder ihrer Kinder …
    dieses Mädchens.
    Alle Stefans
    lauern auch mir auf
    irgendwo.
    Die Kirche, bei meinem dritten Beamen. Komm mit mir, Stasch, in das fremde Land, ins Vakuum. Mein Hand wühlt im Staub, ertastet ein Bündel verstaubtes Papier, doch jedes Mal, wenn ich versuche, das Geschriebene zu entziffern, zerbröckeln die Blätter und die Simulation hört auf.
    Die Blätter sind noch dort, da bin ich sicher.
    In den letzten beiden Tagen habe ich meinem Gehirn so viel Wegzehrung wie möglich einverleibt, aus den Speichern in Polnisch, Latein, Jiddisch und Hebräisch.
    Mein Implant-Chip teilte die Gehirnlappen. Das Gehirn zittert unter der Last. Etwas davon muss auch bei dir zurückbleiben.
    Die Blätter werde ich schon ohne den Implant-Chip aufheben.
    Mit meinen eigenen Augen werde ich das Geschriebene lesen. Wort um Wort. Ganz langsam.
    Segne mich …
    denn ich habe gesündigt …
    Jenes Mädchen musste etwas zum Erinnern haben, um sich so anzustrengen, es zu vergessen.
    Vielleicht habe auch ich …
    und ich weiß es noch nicht mal.
    Mit meiner eigenen Seele …
    Stasch, ich weiß, dass du in einem Top-Secret-Experiment im biotechnischen Labor im Keller des Instituts dabei bist, ein neues Körperorgan zu schaffen.
    Um das Codewort für deinen Traumchip zu finden, war ich gezwungen, erst dort einzudringen.
    Das ist die Krönung deines Zukunftsprojektes. Du screenst schon einen Kandidaten für die Transplantation. In der tiefsten Ebene schwebt in einem verschlossenen luftleeren Gefäß der Prototyp eines Organs, einer Seele.
    Aus den tiefsten Stellen des Körpers …
    steigt
    nach draußen
    dort in der Dunkelheit
    jemand, der lacht.
    Und auch meine Entdeckung soll aufgeschrieben werden, einfach und schlicht, wie es früher gemacht wurde. Die Finger ergreifen ein altes Schreibgerät, einen Bleistift oder einen Kugelschreiber, die andere Hand hält das Papier. Langsam, ganz langsam.
    Auch ohne Implant-Chip werde ich mir ein verzerrtes Lächeln auf deinen Lippen vorstellen können. Stasch grinst …
    Vielleicht ich
    sie
    und du
    Wer?
    Wenn ich den Witz nur verstehen würde …
    Stasch, wenn ich dir etwas mit eigenen Händen schreibe, wirst du es lesen?
    Ein Blatt und darauf Wörter, Flecken von unwillkürlich austretenden Körpersäften. Schweiß, Spucke, Urin, Blut und Tränen.
    Ich habe noch nie im Leben geweint. Es war die erste genetische Korrektur, die bei mir vorgenommen wurde. So steht es auf meiner Karte.
    Ich werde unter freiem Himmel schlafen.
    Nähe
    Körper, die einander berühren
    Eine Hand, die streichelt – eine Hand, die schlägt
    Ich gehe hinaus …
    Es tut so weh …
    Dort wird es Licht geben. Dort wird es Dunkelheit geben.
    Ich bete darum, dass ich sie unterscheiden kann.
    Beten?
    Wenn sie lachte …
    Aufwachen.

Fünfter Teil
Das Tagebuch

15. September 1943
    Gedächtnis der Schmerzen Mariens
    Segne mich nicht, Vater, denn ich habe gesündigt. Vergib mir nicht. Ich bin

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