Und eines Tages kommt das Glück
wenn sie mich sieht, fragt, was sie bei mir falsch gemacht hat, und ich überlege mir: ›Ist das wirklich meine Mutter?‹ … Und, tja, das macht die Sache nicht unbedingt entspannter.«
»Du solltest etwas nachsichtiger mit ihr sein«, meinte Kathryn.
»Nachsichtiger!« Romy lachte. »In welcher Hinsicht sollte ich nachsichtiger sein, in Gottes Namen?«
»Sie lebt schon so lange allein«, erklärte Kathryn, »und hat im Lauf der Zeit ihre Gewohnheiten entwickelt. Wahrscheinlich ist es für sie auch nicht leicht, dich ständig um sich zu haben.«
»Ich weiß, ich weiß. Das Problem ist vermutlich, dass sie mich braucht, während ich vor Langeweile vergehe.«
»Dann such dir eine Arbeit.«
»Das erzählen mir alle«, erwiderte Romy ungehalten. »Ich rechne eigentlich nicht damit, noch so lange hierzubleiben, dass ich mir einen Job suchen müsste.«
»Oh, das habe ich ja ganz vergessen. Du bist ja immer auf der Flucht.«
Erstaunt sah Romy ihre Schwester an. »Ich laufe doch nicht davon.«
»Nenn es, wie du willst.«
»Nein , bestimmt nicht.«
»Ist ja schon gut.«
»Mein Beruf zwingt mich nun mal zum Reisen«, erklärte Romy. »Aber das ist doch kein Davonlaufen. Und das sagst ausgerechnet du! Du lebst in den Staaten. Ich kann wenigstens jederzeit wieder zurückkommen. Aber du bist ja mit Sack und Pack ausgewandert.«
»Ich habe geheiratet«, berichtigte Kathryn sie.
»Und Dad hast du nicht eingeladen.« Romy konnte sich diesen Seitenhieb nicht verkneifen.
Kathryn seufzte. »Ich habe keine Lust, das alles noch einmal mit dir zu diskutieren. Du kennst den Grund.«
Romy schien ungerührt.
»Ich wollte ja, dass er kommt. Ich hätte ihn gern dabeigehabt. Aber was hätte das gebracht? Ich wollte keinen Eklat, und den hätte es sicher gegeben. Das weißt du. Und Dad ebenfalls. Ich fand es übrigens auch schade, dass du nicht kommen konntest, aber ich habe verstanden, dass du zu viel zu tun hattest.«
Romy errötete. »Es tut mir leid, dass ich deswegen nicht gekommen bin«, sagte sie schließlich. »Ich hätte mir die Zeit nehmen sollen.«
»Weißt du was? Ich mache uns jetzt einen Kaffee.« Kathryn lächelte Romy aufmunternd zu, ging ins Haus und goss Wasser in die Filtermaschine. Während der Kaffee durchlief, ging sie rasch
nach oben und holte Handy und Zigaretten aus ihrer Tasche. Sie hatte sich am Flughafen mit einem Vorrat eingedeckt, denn bisher hatte sie es noch nicht geschafft, das Rauchen aufzugeben. Kathryn nahm eine Zigarette aus der Packung, zündete sie an, ging damit auf die Terrasse hinaus und inhalierte tief den Rauch.
Auf ihrem Handy waren keine Nachrichten eingegangen. Sie wusste nicht, ob sie überrascht sein sollte oder nicht. Einerseits hatte sie fest damit gerechnet, dass Alan sich melden würde, andererseits fragte sie sich, ob er wohl seine Meinung über sie geändert hatte, jetzt, da sie weg war. Auf dem Zettel, den sie hinterlassen hatte, hatte sie geschrieben, dass sie für eine Woche zu ihrer Mutter fliegen würde, um zu sehen, wie es ihr ging. Sie würde sich bei ihm melden, hatte sie hinzugefügt. Doch eigentlich war sie überzeugt gewesen, dass er vorher versuchen würde, sie zu erreichen.
»Ich habe mir überlegt, so gegen zwei Uhr ins Krankenhaus zu fahren.« Romys Stimme drang plötzlich an ihr Ohr. »Darragh – und Giselle, falls sie dabei ist – kommt meistens gegen drei. Normalerweise gehe ich dann immer, aber du kannst ja bleiben, wenn du willst.«
»Zwei Uhr ist okay für mich«, sagte Kathryn. »Und danach … wir werden sehen.«
»Bis dahin kannst du machen, was du willst«, meinte Romy.
»Das weiß ich«, erwiderte Kathryn. »Das ist schließlich auch mein Zuhause.« Bei den Worten zuckte sie innerlich zusammen. Auf Romy mussten sie wie ein rotes Tuch wirken. Aber ihre Schwester hob nur die Schultern und sah sie überrascht an.
»Du rauchst ja!« Romy hatte den Zigarettenrauch zwar gerochen, aber erst jetzt registriert, was er zu bedeuten hatte. »Du! Unsere Miss Bio 1995!«
Lange bevor das Thema in der breiten Öffentlichkeit diskutiert wurde, hatte Kathryn sich in einem Schulprojekt mit den Absatzchancen biologischer Lebensmittel auseinandergesetzt. Ihr Projekt hatte als beste Arbeit des Jahres den ersten Preis gewonnen.
Während ihrer Recherchen hatte Kathryn darauf bestanden, nur Biokost zu essen, was Veronica (die damals gerade die Trennung von Dermot durchmachte) zur Weißglut getrieben hatte.
»Nur eine dumme Angewohnheit«, wiegelte
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