Und erlose uns von dem Bosen
nicht fertig wurde. Sie haben Atomwaffen. Das ist kein Bluff. Es wird geschehen. Ein Holocaust.
Um achtzehn Uhr Maryland-Zeit beschloss ich, die Kinder anzurufen. Ich redete über all die Dinge in Paris, die ich heute nicht gesehen hatte. Kein Wort über das, was mir tatsächlich
zugestoÃen war. Bis jetzt war noch nichts in den Medien gekommen, aber es würde nicht lang dauern.
Dann rief ich Nana an. Ihr erzählte ich die Wahrheit. Wie ich mich gefühlt hatte, als ich auf der StraÃe saà mit einer Bombe am Handgelenk. Sie war die Einzige, der ich immer alles über meine schlimmen Tage erzählen konnte, und heute war wohl einer der schlimmsten meines Lebens gewesen.
83
Als ich in meinem kleinen Büro in der Préfecture ankam, wartete dort eine Ãberraschung auf mich. Martin Lodge saà da. Es war Viertel nach sieben, fünfundvierzig Minuten bis zum Weltuntergang.
Ich schüttelte Martin die Hand und sagte ihm, wie ich mich freute, ihn zu sehen. »Nicht viel Zeit mehr. Was führt Sie her?«
»Die Abschiedsrede, schätze ich. Ich muss über die neueste Entwicklung in London berichten. Und in Tel Aviv. Von unserem Gesichtspunkt aus.«
»Und?«
Martin schüttelte den Kopf. »Sie wollen diese ScheiÃgeschichte doch nicht zweimal hören.«
»Doch, will ich.«
»Nicht diese Geschichte! Ach zum Teufel, alles ist total beschissen, Alex. Vermutlich muss er tatsächlich eine Stadt in die Luft jagen, damit sie endlich etwas tun. So schlimm ist es. Am schlimmsten ist Tel Aviv. Dort ist es meiner Meinung nach hoffnungslos. Sie machen keine Deals mit Terroristen. Sie haben mich gefragt!«
Die Morgenbesprechung begann um Punkt acht Uhr. Erst kam eine Kurzfassung der Techniker über die Bombe, die sie auseinander genommen hatten. Laut ihrem Bericht war die Bombe authentisch gebaut, aber es gab â wie mir bekannt war â keinen Neutronenemitter, keinen Zünder, und eventuell nicht ausreichend radioaktives Material.
Ein Armeegeneral schilderte die gegenwärtige Situation in Paris: Die Menschen waren verängstigt und hielten sich von den StraÃen fern. Nur ein kleiner Prozentsatz hatte die Stadt
verlassen. Die Armee war bereit, zur Zeit des Ultimatums, um achtzehn Uhr, einzurücken und das Kriegsrecht zu verkünden.
Dann kam Martin an die Reihe. Er ging nach vorn und sprach Französisch. »Guten Morgen. Ist es nicht unglaublich, was geschehen kann, sobald wir uns auf eine neue Realität eingestellt haben? Die Menschen in London waren groÃartig â jedenfalls zum gröÃten Teil. Ein paar Unruhen. Nicht viel, wenn man bedenkt, was hätte geschehen können. Ich vermute, dass die Leute, die uns den gröÃten Ãrger bereitet hätten, London schon früh verlassen haben. Was Tel Aviv betrifft: Sie sind an Krisen gewohnt und leben ständig unter einem bedrohlichen Szenario â nun, sagen wir mal, sie werden mit dem Problem recht gut fertig.
Also, das waren die guten Nachrichten. Die schlechte ist, dass wir den GroÃteil des Geldes zusammenhaben, aber nicht alles. Das trifft auf London zu. Aber Tel Aviv? Die Israelis lassen sich auf keinen Deal ein. Sie lassen sich auch nicht in die Karten schauen. Daher sind wir nicht sicher, was sich dort tut.
Selbstverständlich üben wir Druck aus. Washington ebenfalls. Ich weiÃ, dass man Privatpersonen angesprochen hat, um den Rest der Gesamtsumme des Lösegelds beizutragen. Das könnte immer noch geschehen. Aber es ist nicht klar, ob die Regierung das Geld annimmt. Man will auf die Forderungen der Terroristen eben nicht eingehen.
Weniger als zehn Stunden«, sagte Martin Lodge. »Brutal gesagt: Wir haben keine Zeit mehr für Bullshit. Man muss jeden zwingen, der sich weigert, das Lösegeld zu zahlen.«
Ein Polizist kam zu mir und flüsterte mir ins Ohr: »Entschuldigung. Sie werden gebraucht, Dr. Cross.«
»Worum gehtâs?«, flüsterte ich zurück. Ich wollte alles hören, was auf dieser Besprechung gesagt wurde.
»Kommen Sie mit. Es ist ein Notfall. Bitte gleich.«
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Es mag ironisch klingen, aber zu diesem Zeitpunkt vor dem Ultimatum hielt ich den Ausdruck »Notfall« für eine gute Neuigkeit. Um halb neun saà ich in einem Polizeifahrzeug und brauste mit Sirene dahin. Wir störten auf dem gesamten Weg durch Paris den Frieden der Stadt.
Mein Gott, die StraÃen waren trostlos und verlassen. Abgesehen
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