UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER
Tisch. Sie schob ihre Tasse von sich. „Mist.“
„Ach Rosa …“ Linda streichelte mitfühlend ihre Hand. „Es tut mir leid.“
„Es war einfach total seltsam, verstehst du? Es hat sich so komisch angefühlt, dass jemand, der mir einmal alles bedeutet hat, plötzlich ein Fremder geworden ist. Vielleicht ist es mir auch deshalb so seltsam vorgekommen, weil ich mir zum ersten Mal bewusst machen musste, dass er ein Leben jenseits von hier hat. Weißt du, als wir jünger waren, habe ich darüber nie nachgedacht. Wenn der Sommer vorbei war, ist er immer von hier fortgegangen, und ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, wie sein Leben in der Stadt wohl aussieht. Irgendwie habe ich im Glauben gelebt, dass er nur jene drei Monate existiert, in denen er bei mir ist. Und nun hat er zwölf Jahre ohne mich verbracht! Aber vielleicht bausche ich das alles auch viel zu sehr auf, und es ist im Grunde gar nicht so wichtig.“
„Ach Rosa, komm schon. Es ist wichtig. Vielleicht sollte es das nicht sein, aber es ist nun mal so für dich.“
„Wir waren so jung. Gerade erst fertig mit der Schule …“
„Du hast ihn geliebt.“
Rosa nahm einen Schluck Kaffee. Zu süß. Sie verzog das Gesicht. „Mit achtzehn sind doch alle verliebt. Und jeder wird mal sitzen gelassen.“
„Und jeder legt es zu den Akten“, sagte Linda. „Nur du nicht.“
„Linda …“
„Ist doch wahr! Du hattest nach Alex nie mehr einen Mann, der dir wirklich etwas bedeutet hat.“
„Ich treffe mich ständig mit Männern.“
„Du weißt genau, was ich meine.“
Rosa schob die Kaffeetasse wieder von sich. „Mit Greg Fortner war ich sechs Monate zusammen.“
„Der war ja auch in der Navy. Von diesen sechs Monaten war er fünf gar nicht da.“
„Vielleicht hat es deshalb so gut mit uns funktioniert.“ Rosa sah ihre Freundin an. Linda nahm ihr eindeutig nicht ab, was sie gerade von sich gab. „Na gut, aber was war mit Derek Gunn? Das waren acht Monate. Mindestens.“
„Auch nicht gerade das, was man als Lebenspartnerschaft bezeichnen würde. Ich wünschte, du wärst bei ihm geblieben. Er war ein toller Mann, Rosa.“
„Ja, es gab nur einen Nachteil an der ganzen Sache“, murmelte Rosa.
„Wirklich? Welchen denn?“
„Du wirst mich für doof halten, wenn ich es dir sage.“
„Erzähl es mir trotzdem. Ich gebe ohnehin keine Ruhe, bis du es mir gebeichtet hast.“
„Er war langweilig “, sprudelte es nun aus Rosa heraus.
„Er fährt einen Lexus. Wie kann so jemand langweilig sein?“
„Ich sage jetzt nichts mehr.“
Linda holte eine zweite Tasse und schenkte Rosa von ihrem Tee ein. „Er hat ein Haus am Meer in Newport.“
„Ein langweiliges Haus an einem langweiligen Strand. Und was am schlimmsten war: Er hatte eine langweilige Familie. Mit seinen Verwandten Zeit zu verbringen war ungefähr so spannend, als würde man Farbe beim Trocknen beobachten. Himmel, wahrscheinlich komme ich jetzt in die Hölle, weil ich so gemein über sie rede.“
„Es ist wichtig, sich seinen eigenen Problemen zu stellen, bevor man sich auf eine Beziehung einlässt.“
„Du hast zu viel ‚Dr. Phil‘ geschaut. Ich habe nicht solche Probleme wie die Psychos in seiner Fernsehshow.“
Linda verschluckte sich beinahe. „Hör auf“, prustete sie. „Sonst kommt mir der Tee vor Lachen aus der Nase raus.“
„Okay, was ist also deiner Meinung nach mein Problem?“
Linda winkte ab. „Oh nein, dieses Thema schneide ich auf keinen Fall an. Ich brauche dich doch als meine Brautjungfer, und daraus wird nichts, wenn wir nicht mehr miteinander reden. Übrigens ist das der Grund, warum wir heute hier sitzen.
Meine Hochzeit! Ich! Aber mir ist natürlich klar, dass das alles nicht annähernd so interessant ist wie du und dein Alex Montgomery.“
„Er ist nicht mein Alex Montgomery“, protestierte Rosa. „Und nicht, dass ich jetzt ablenken will – aber habe ich gerade richtig gehört? Hast du mich eben gefragt, ob ich deine Brautjungfer sein möchte?“
Linda strahlte sie an. „Ja“, seufzte sie. „Das habe ich dich gefragt. Rosa, du bist meine älteste, beste Freundin, und ich wünsche mir, dass du mir bei meiner Hochzeit zur Seite stehst. Also, wirst du es tun?“
„Machst du Witze?“ Rosa drückte Linda herzlich die Hand. „Es ist mir eine große Ehre.“
Sie liebte Hochzeiten und war bereits sechsmal Brautjungfer gewesen. Dass es sechsmal war, wusste sie deshalb so genau, weil ganz hinten in ihrem Schrank sechs der
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