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UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER

UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER

Titel: UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Charly-Brown-Gesicht stand hinter den Gardinen und starrte sie an. Sie sah noch einmal hin, doch da war der Geist schon wieder weg. Verschwunden.
    „Heiliger Bimbam“, murmelte sie.
    „Was?“ Mrs. Carmichael drehte den Hahn für den Gartenschlauch auf.
    „Ach, nichts.“ Es war aufregend, wenn man einen Geist sah. Manchmal sah sie auch Mamma, aber das erzählte sie niemandem. Die Leute würden glauben, dass sie flunkerte, aber das stimmte nicht.
    „Stell dich hierher.“ Mrs. Carmichael deutete auf ein Stückchen Rasen, auf das die Sonne schien. Hier war das Gras so weich wie ein Teppich. „Streck die Arme zur Seite.“
    Rosas Schatten fiel auf die Wiese. Er sah aus wie ein dünnes, kleines Kreuz, auf dem oben eine Kugel mit strubbeligem Haar saß. „Oh, das ist kalt“, rief sie.
    „Halt still, dann ist es gleich vorbei.“
    Sie konnte nicht stillhalten. Das Wasser war eisig. Dort, wo sie die Bienen gestochen hatten, war es zwar eine Wohltat, doch überall sonst war es fast unerträglich. Sie sprang von einem Bein auf das andere wie die Weinbauern, wenn sie die Trauben stampfen. Paps hatte erzählt, dass man das in Italien früher so gemacht hatte.
    Der Geist erschien wieder am Fenster.
    „Wer ist das?“, fragte Rosa. Ihre Zähne klapperten vor Kälte.
    „Mrs. Montgomerys Sohn.“
    „Ist er ganz allein hier?“
    „Ja. Leg deinen Kopf zurück“, befahl Mrs. Carmichael. „Seine Schwester ist ins Sommerlager gefahren.“
    „Ich wette, er fühlt sich einsam. Vielleicht könnte ich ja mit ihm spielen?“
    Mrs. Carmichael gab ein schnaubendes Lachen von sich. „Das glaube ich eher nicht, Kleines.“
    „Ist er schüchtern?“ Rosa ließ nicht locker.
    „Nein, er ist ein Montgomery. Nun dreh dich um, dann ist es gleich vorbei.“
    Rosa krümmte sich unter dem kalten Wasserstrahl. Als Mrs. Carmichael fertig war, musste Rosa mit ihr zur Veranda hinter dem Haus gehen und dort warten. Mrs. Carmichael verschwand im Haus und zog die Tür leise hinter sich zu. Kurz darauf kam sie mit einem Stapel Handtücher und einem weißen Bademantel aus dickem Frottee wieder. „Zieh das an, dann gebe ich dein nasses Zeug in den Trockner.“
    Als Rosa begann, sich auszuziehen, starrte Mrs. Carmichael entsetzt auf ihre Beine. „Heilige Maria Mutter Gottes, was ist denn mit dir passiert?“
    Rosa betrachtete ihre geschwollenen Beine und Füße. „Bienenstiche“, erklärte sie. „Ich bin mit dem Fuß in einen Bienenstock geraten. Es war keine Absicht, das schwöre …“
    „Aber warum hast du mir das denn nicht gesagt?“
    Rosa war der Meinung, es wäre unhöflich, jetzt darauf hinzuweisen, dass sie die ganze Zeit versucht hatte, es zu erklären.
    „Grundgütiger“, rief Mrs. Carmichael und wickelte Rosa in ein großes Handtuch. „Du bist ja hart im Nehmen, Kind. Tut das nicht höllisch weh?“
    „Ja, Ma’am.“
    „Du darfst ruhig weinen, weißt du das?“
    „Ja, Ma’am, aber davon tut es auch nicht weniger weh. Der Schlamm hat allerdings geholfen. Und das kalte Wasser auch.“
    „Lass mich rasch eine Pinzette holen, damit ich dir die Stacheln entfernen kann. Vielleicht sollten wir einen Arzt holen.“
    „Nein. Ich meine, nein, danke.“ Rosa hoffte, sie klang nur entschlossen, nicht unhöflich. Während Mammas Krankheit hatten sie zu Hause genug mit Ärzten zu tun gehabt. „Ich brauche keinen Arzt.“
    „Dann setz dich mal, ich suche eine Pinzette.“
    Nach ein paar Minuten kam sie mit einem weiß-blauen Verbandskasten wieder und begann, die Stacheln – es waren mindestens sieben – herauszuziehen. „Hmm“, sagte sie nachdenklich, „vielleicht war es gar keine schlechte Idee, in den Teich zu springen. Ich glaube, es hat verhindert, dass die Stiche noch mehr anschwellen.“Vorsichtig legte sie Rosa erst die Hand auf die Stirn, dann auf die Wange.
    Rosa schloss die Augen. Sie hatte schon vergessen, wie gut es sich anfühlte, wenn jemand prüfte, ob man vielleicht Fieber hatte. Das war eines von Millionen von Dingen, die sie vermisste, seit Mamma nicht mehr da war.
    „Kein Fieber“, stellte Mrs. Carmichael fest. „Du hast Glück, dass du nicht allergisch auf Bienenstiche reagierst.“
    „Ich bin gegen überhaupt nichts allergisch.“
    Mrs. Carmichael gab Rosa ein Grapefruit-Eis und verarztete die Stiche mit Natronpulver. „Du bist sehr tapfer“, lobte sie.
    „Danke.“ Rosa kam sich gar nicht besonders tapfer vor. Die Bienenstiche taten zwar ziemlich weh, doch im Vergleich zu allem, was mit Mamma

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