UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER
sie nie gemocht.
„Aber“, fuhr sie fort, „ich habe mir gedacht, dass ich einfach ein Jahr warte.“ Sie bemühte sich, optimistisch zu klingen.
„Ich könnte hierbleiben und ganztags arbeiten.“
„Was? Warten?“ Er schüttelte den Kopf. „Du wirst deine Pläne nicht ändern, Rosina. Du gehst aufs College.“ Seine Augen funkelten.
„Wirklich? Ist das dein Ernst?“
„Es ist das, was meine Rosa möchte und wofür sie hart gearbeitet hat. Natürlich gehst du!“
Sie warf ihre Arme um seinen Hals, schmiegte sich an ihn und atmete seinen vertrauten, tröstlichen Geruch ein. „Danke, Paps. Ich danke dir so sehr.“
„Du wirst ja ganz schmutzig“, sagte er.
Der Sommer verging wie im Flug. Alex und Rosa hatten beide so viel zu tun, dass sie viel zu selten die Gelegenheit hatten, Zeit miteinander zu verbringen. Er arbeitete tagsüber für den YMCA, und sie war abends meistens in der Pizzeria und versuchte, so viel Geld wie möglich für das College zu verdienen.
An einem heißen Julitag schafften Alex und Rosa es jedoch, sich ausnahmsweise beide freizunehmen. Sie trafen sich auf einen Kaffee, und Rosa war begeistert, dass er nicht vergessen hatte, wie sie ihren immer trank – mit viel Milch und Zucker. Alex hatte sich im „Rosemoor Country Club“ ein schnittiges Segelboot ausgeborgt, und sie segelten hinüber zum Block Island. Rosa genoss es, sich zurückzulehnen, die Hände hinter dem Kopf zu verschränken und Alex die ganze Arbeit zu überlassen.
Der Himmel über ihnen war strahlend blau. Rosa konnte sich keinen anderen Ort auf der ganzen Welt vorstellen, wo sie lieber gewesen wäre als hier mitten auf dem blauen Atlantik. Sie näherten sich bereits der Insel mit ihren schroffen, mit Wildblumen und Blaubeerbüschen überwucherten Felsen, und Rosa war von der wilden Schönheit der vorüberziehenden Landschaft regelrecht geblendet. Dann legten sie in einer sonnigen Bucht an und gingen an Land. Nach einem Picknick am Settlers Rock, wo die Namen der Einwanderer aus dem 17. Jahrhundert in Stein graviert waren, sammelten sie Muscheln und Steine, und Rosa fand sogar ein Rochenei.
Alex betrachtete es interessiert. „Das ist die Eikapsel eines Rochens.“
„Ja, man nennt es ‚Meermaid’s Purse‘, die Tasche der Meerjungfrau. Es hat magische Kräfte.“ Sie gab ihm das Rochenei. „Hier, für dich.“
Er steckte es in seine Hosentasche. „Ich kann alle magischen Kräfte brauchen, die ich nur kriegen kann.“
Sie überlegte, ob sie ihm erzählen sollte, dass sie immer noch die Nautilusmuschel besaß, die er ihr bei ihrem ersten Treffen damals gegeben hatte. Doch dann ließ sie es. Er würde sie für hoffnungslos romantisch halten. Vor allem wenn sie zugab, dass sie sie nicht nur aufbewahrt, sondern ihr in ihrem Zimmer einen Ehrenplatz auf der Glasvitrine gegeben hatte, wo sie im Sonnenlicht wunderbar schimmerte.
„Es ist schön, mal einen Tag wegzukommen“, sagte sie. Hier oben auf den hohen Klippen, den berühmten „Mohegan Bluffs“, und unter all den vielen fremden Menschen und Touristen kam es Rosa gar nicht merkwürdig vor, Hand in Hand mit Alex zu gehen. Sie fühlte sich einfach wie … wie seine Freundin.
Er hatte keine Ahnung von dem Stipendium, das sie nicht bekommen hatte. Vielleicht wusste er nicht einmal, dass seine Mutter in dem entscheidenden Gremium saß. Rasch schob sie den Gedanken beiseite und versteckte ihre Sorgen hinter einem fröhlichen Lächeln. Wenigstens heute wollte sie nicht an ihre Probleme denken.
Am Nachmittag segelten sie zurück zum Festland. „Das machst du richtig gut“, lobte sie ihn, als er eine Wende vorbereitete.
„Das sagst du bloß, weil du möchtest, dass ich die ganze Arbeit allein mache.“
Sie lehnte sich zurück und ließ ihre Hand durch das kalte Wasser gleiten. „Ich sage es, weil es stimmt.“ Als kleiner Junge war Alex nie sportlich gewesen, doch er hatte seine Defizite eindeutig aufgeholt. Er manövrierte sie gekonnt hinaus aufs offene Meer, auf dem sich die Sonne spiegelte. Doch irgendwie schien Alex weniger Augen für die beeindruckende Naturkulisse zu haben als vielmehr für ein bestimmtes anderes Detail.
Er starrte auf ihren Busen – daran bestand für Rosa überhaupt kein Zweifel. Vielleicht sollte sie ihre weiße Bluse, unter der sie ein knallrotes Bikinioberteil trug, doch etwas mehr zuknöpfen. Doch sie tat es nicht. Und sie zog auch ihre Schwimmweste nicht an. Denn wenn sie ehrlich zu sich selbst war, gefiel ihr die Art, wie
Weitere Kostenlose Bücher