UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER
dürfen.“
„Ich habe dich für gar nichts missbraucht. Keine Ahnung, wie du so etwas auch nur denken kannst.“
„Jetzt verkaufst du mich für dumm. Du wusstest es, Alex. Du wusstest, dass es für deine Mutter ein Skandal ist, wenn du zu diesem wichtigen Event ein Mädchen aus Winslow anschleppst. Ist das vielleicht überhaupt der wahre Grund, warum du dich mit mir triffst? Aus Protest?“ Rosa spürte, wie ihr die Tränen heiß in die Augen stiegen, doch sie riss sich zusammen. „Ist es das, was du den ganzen Sommer über getan hast?“
Alex hörte zu tanzen auf und blieb mitten auf der Tanzfläche stehen. Er hielt sie fester im Arm als vorhin. Vielleicht spürte er, dass sie kurz davor war wegzulaufen. „Wie, zum Teufel, kommst du auf so etwas?“ Er starrte sie fassungslos an.
„Weil du deinen Eltern verschwiegen hast, dass du mich mitbringst, und weil du mir nicht gesagt hast, dass ich nichts Schulterfreies anziehen soll, und weil du …“
Er legte einen Finger auf ihre Lippen. „Mein Gott, Rosa, ich hatte ja keine Ahnung, wie unsicher du bist.“
Ich auch nicht.
„Du hast überhaupt keinen Grund“, sagte er. „Du gehörst hierher. Zu mir.“
Sie schloss kurz die Augen. Dann sah sie ihn wieder an.
„Möchtest du gehen?“, fragte er.
„Wie kommst du bloß darauf?“ Irgendwie brachte sie ein Lächeln zustande. „Lass uns tanzen.“
Und das taten sie auch. Für ein paar Augenblicke vergaß Rosa alles um sich herum und fühlte sich wunderbar. Dann forderte ein Junge namens Brandon Davis sie zum Tanzen auf und fragte sie grinsend: „Ich habe gehört, heute soll eine ganz besonders talentierte Kleine aus Winslow unter uns sein?“
„Talentiert?“
„Kannst du mir mal eine deiner Freundinnen vorstellen?“ Seine Hand auf ihrem Rücken glitt nach unten. Rosa stieß ihn so fest von sich, dass er stolperte.
„Du widerliche Ratte.“
Er lachte, aber es war ein gepresstes Lachen. „Aber hallo, große Titten und eine große Klappe!“
Nun war Rosa es, die in Gelächter ausbrach. Und sie lachte immer noch, als Alex zu ihr trat.
„Amüsierst du dich gut?“, fragte er.
Sie konnte gar nicht aufhören zu lachen und hoffte nur, dass die Lachtränen ihr Make-up nicht völlig ruinierten „Oh, und wie!“, antwortete sie. „Es ist einfach klasse hier.“
Nach diesem Vorfall mit Brandon Davis ging es ihr besser. Der Typ hatte ihr einen großen Gefallen getan. Dank ihm wusste sie nun, dass die Leute hier überhaupt nichts Besonderes waren. Wie überall gab es auch hier kleinkarierte und großherzige, schüchterne und gesellige, fiese und nette Menschen. Und obwohl sie selbst die Fehlbesetzung des Abends war, gefiel es ihr hier. Ihr gefielen die elegante Atmosphäre, die diskrete Bedienung, das schwere Kristallglas in ihrer Hand und sogar die livrierten Diener, die sich draußen mit Witzen und Zigaretten die Zeit vertrieben, bis sie wieder Autotüren aufhalten mussten. Rosa entging nichts, was um sie herum geschah – auch nicht das kleinste Detail. Ihr fiel die hervorragende Qualität der Tischtücher ebenso auf wie der tolle Sound der Stereoanlage und die enorme Größe der Blumenvasen oder die Dekoration der Canapés auf den Silbertabletts, die die Kellner durch den Saal balancierten.
Sie nahm sich ein paar Häppchen, kostete und lächelte höflich. Doch Alex kannte sie zu gut.
„Du findest das Essen grauenhaft“, stellte er fest.
„Nein, es schmeckt richtig …“
„Schon in Ordnung. Ich finde es auch grauenhaft.“
„Und ich dachte schon, es ginge nur mir so.“
Er schlang den Arm um ihre Taille. Rosa bemerkte, dass seine Mutter – wie immer mit einem Martiniglas in der Hand – sie scharf beobachtete. Neben ihr stand ein etwas untersetzter Mann mit schütterem Haar. „Wer ist der Mann neben deiner Mutter?“, fragte sie.
„Irgendein Anwalt. Ich glaube, er heißt Milton Banks.“
„Ist sie in Schwierigkeiten?“
Alex runzelte die Stirn. „Warum fragst du das?“
„Die Leute nehmen sich doch keinen Anwalt, wenn sie nicht in Schwierigkeiten stecken.“
„Klar tun sie das. Meine Eltern haben mit vielen Juristen zu tun. Auch die Firma beschäftigt einige Anwälte. Ich glaube, ihr Job ist es, uns davor zu bewahren, in Schwierigkeiten zu geraten .“ Seine Mutter stellte ihr Glas ab und nahm sich noch einen Drink von einem Tablett, mit dem ein Kellner gerade an ihr vorbeiging.
„Gehen wir ein bisschen an die frische Luft“, schlug Alex vor. Er führte sie durch eine
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