Und ewig währt die Hölle (German Edition)
feststellen, welche IP-Adresse sie in den letzten zwei Tagen hatte?»
Der Ingenieur fuhr sich mit der Hand über zwei dünne Haarbüschel und blickte an die Decke.
«Das dürfte kein Problem sein.»
«Und wenn wir die Betreiber der Internetseite kontaktieren und ihnen genau diese IP-Adresse nennen, haben wir dann eine gute Chance, ihren Nutzernamen herauszufinden?»
«Vermutlich schon. Das hängt ein bisschen von den Gepflogenheiten des Seitenbetreibers ab …»
«Und dann können wir auch den Mann ermitteln, zu dem sie Kontakt hatte?»
«Sie haben dann einen Nutzernamen und Zugriff auf die Kommunikation zwischen den beiden, aber es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass er seine echte Mail-Adresse angegeben hat, ich meine …»
«Ja? Was meinen Sie?» Lykke gab sich große Mühe, einen freundlicheren Ton anzuschlagen.
«Wenn er geplant hat, die Frau umzubringen, hat er sicher eine Hotmail-Adresse angegeben oder einen PC benutzt, der sich nicht zurückverfolgen lässt. In einem Internetcafé, zum Beispiel. Die einzige Chance, ihn in einem solchen Fall ausfindig zu machen, bestünde darin, dass er vielleicht unvorsichtig war und mit Kreditkarte bezahlt hat, aber selbst dann wäre es schwierig. An einem solchen Ort sind jeden Tag Hunderte von Usern.»
Lykke stand auf und streckte die Hand aus, zum Zeichen, dass das Gespräch beendet war.
«Das gehört leider zu unserem Alltagsgeschäft», sagte er und lächelte etwas steifer als beabsichtigt. «Vielen Dank, dass Sie den langen Weg hierher gemacht haben.»
Der Kommissar sank auf seinen Stuhl zurück und sah zu, wie sich die Tür hinter dem Ingenieur langsam schloss. Er war müde, verärgert und merkte, wie sich hinter seinen Schläfen langsam ein quälender Kopfschmerz zusammenbraute. Ein rasches Überfliegen von VG und Dagbladet verbesserte seine Laune keineswegs. Beide Zeitungen hatten Tipps zum Waschpulver bekommen und walzten die Sache auf mehreren Seiten breit aus. Dagbladet brachte Interviews mit den Vorsitzenden der Einwandererorganisationen und zielte mit seiner Berichterstattung vorwiegend auf Rassismus ab. Der Slogan «Blenda wäscht weißer» wurde selbstverständlich bis zum Erbrechen zitiert. Der arme Marketingchef von Lilleborg wurde sogar zu der Aussage genötigt, dass die ganze Sache sich vermutlich negativ auf den Verkauf auswirken werde. VG war wie üblich noch dreister und sprach nur noch vom «Blenda-Mann».
Lykke stöhnte leise. Er wusste genau, wohin diese Art Berichterstattung führen würde, und ihm grauste schon vor dem Anpfiff der Polizeidirektorin. Warum mussten immer irgendwelche Idioten sensible Informationen an die Presse weitergeben? In den letzten dreißig Jahren hatte er keinen einzigen größeren Mordfall gehabt, bei dem nicht irgendwas an die Medien durchgesickert war. Er spuckte seinen Kaugummi in den Papierkorb. Nicht einen einzigen!
Fast eine Viertelstunde saß er an seinem Schreibtisch und blätterte in den Unterlagen zu den beiden Fällen. Ab und zu hielt er bei einer Information inne oder studierte ein Foto. Kurz nach zwölf erhob er sich, nahm eine Packung Kaugummi aus der Schublade mit und steuerte den großen Besprechungsraum am Ende des Flurs an.
Parisa saß auf ihrem Stammplatz, dem Stuhl, der am weitesten von der Tür entfernt war, und blätterte in einer VG. Eriksen und Kuvås sahen sich Fotos auf Eriksens Handy an. Lykke zog den Stuhl am Kopfende des Tisches hervor, setzte sich und beobachtete die beiden Polizisten. Es war offensichtlich, dass Eriksen den neuen Mann von Kripos ins Herz geschlossen hatte.
Er räusperte sich.
«Viker?»
«Musste noch kurz für kleine Jungs», grinste Kuvås.
«Aha.»
Lykkes Blick verweilte einen Moment bei dem kräftigen Schnauzbart. Etwas an der Ausdrucksweise dieses Mannes ging ihm gegen den Strich.
«Wir fangen an», sagte er und nickte Parisa zu.
«Siri Røymark, eine enge Freundin, glaubt, dass Lakshmi von einem Mann getötet wurde, den sie vor wenigen Tagen im Internet kennengelernt hat. Vermutlich hat Røymark ihn gesehen. Sie erinnert sich vage an einen Mann, der vor dem Eingang neben einem Auto stand, als sie von Lakshmi wegfuhr, aber sie ist nicht imstande, ihn zu beschreiben.»
Lykke hob die Augenbrauen.
«Das kann sich noch ändern.»
«Wahrscheinlich. Wir haben auch nicht weiter gebohrt.» Parisa Sadegh blätterte in ihren Unterlagen. «Er nannte sich Terje», sie hielt ein Foto hoch, «aber der Mann auf diesem Bild heißt in Wirklichkeit Clas Eriksson.
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