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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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vor.
    „Wenn das deine Pflichten als Prior zulassen - sehr gern, mein Freund!“ Heussgen strahlte.
    Auch um ihn hatte Arno sich viel zu wenig gekümmert. Ihn ständig allein essen lassen. „Der echte Prior ist auf den Beinen, es sollte also gehen“, versicherte er schnell und machte sich auf den Weg, ihr Abendessen zu besorgen.
     
    Das freundschaftliche Gespräch tat auch Arno gut. Warum hatte er sich in letzter Zeit dermaßen in seinen täglichen Belangen verkrochen? Anstatt sich abzulenken, Zerstreuung und Austausch mit diesem wahrhaft klugen und witzigen Gesprächspartner zu suchen?
    Erst als sie beide aufgegessen hatten und Heussgen eine seiner an der Klosterarmut vorbei gehorteten Weinflaschen zutage befördert hatte, kam er auf den ursprünglichen Gesprächsanlass zurück. „Ich will mich nicht in Dinge einmischen, die mich nichts angehen, Arno ...“
    Mittlerweile war dessen schlechtes Gewissen durch ihr nettes Miteinander so weit geschrumpft, dass er offen erwidern konnte: „Du bist momentan Hartwigs erster Ansprechpartner. Dementsprechend geht es dich an, Johannes.“
    Erntete ein verwirrtes Blinzeln. „Hartwig? – Oh.“ Er schüttelte den Kopf. „Dem geht es gut. Er ist ein überaus kluger und verständiger Kopf – und mutig. Wagt es, in Gedanken neue Wege zu gehen. Eigene Schlüsse zu ziehen. Seine Überzeugungen infrage zu stellen. Aber auch zu ihnen zu stehen, wenn es darauf ankommt. Wir führen fruchtbare Dispute, und ich glaube, ich tue ihm gut. Andersherum auch, ohne Zweifel!“
    Heussgens väterlich stolze Miene rührte Arno. Ja, das war bestimmt richtig. Die beiden waren gut füreinander, das hatte er doch auch immer gewusst. Es hätte eine Verschwendung wertvollen Potentials bedeutet, wenn Arno den Kontakt der beiden unterbunden hätte.
    „Nein, nein, ich meinte deinen anderen Schützling. Georg Flüger.“
    Georg? Überrascht hob Arno den Kopf. Der war doch die ganze Zeit im Klassenraum abgeschottet gewesen.
    „Ich bin neulich unfreiwillig Zeuge geworden, wie er mit seinem Freund Simpert über das Thema Zölibat reden wollte. 'Wie schafft man es, damit zu leben?' war seine Eröffnungsfrage.“
    „Du hast gelauscht?“, fragte Arno entgeistert.
    Heussgen grinste, sich nicht im Mindesten angegriffen fühlend. „Nein, nein. Es ist mir zugegebenermaßen schwergefallen, ich hätte zu gern mit den beiden diskutiert. Doch ich habe mich ordnungsgemäß sofort zu erkennen gegeben. Woraufhin die beiden die Bibliothek umgehend verlassen haben. Inhaltlich habe ich nichts mitbekommen. Nur als ich den Jungen heute Nachmittag mit dem Mädchen erlebt habe ...“
    „Was haben sie getan?“, war Arno entfahren, ehe er hätte an sich halten können.
    Heussgens Augen wurden weit.
    Arno hustete.
    Gnädigerweise sprach sein Freund dann weiter, als wäre nichts gewesen. „Mir schien es, als wäre der Junge mit der Anwesenheit der ... Frau überfordert“, vollendete Heussgen den Satz, geflissentlich Wein nachschenkend, anstatt Arno anzusehen.
    Wiederum wurde der von jäher Rührung ob der Sensibilität seines Freundes erfasst. „Oh.“ Doch diese dämliche Antwort hatte ihm gerade noch gefehlt.
    „Vielleicht solltest du die beiden fürs Erste trennen?“ Heussgen hatte den Kopf schief gelegt. „Jedenfalls wirkte der Junge alles andere als glücklich neben ihr. Und da fiel mir sein Gespräch mit Simpert wieder ein.“
    Arno nickte rasch. Auch wenn er im Moment nicht wusste, wie er dem Ganzen begegnen sollte. Mathilda wollte Georg gar nicht, der machte sich offenbar auch eher Gedanken um die Einhaltung des Zölibats als um das, was diese Einhaltung ausschloss.
    „Ich kann dir anbieten, mich der beiden Jungen oben im Skriptorium anzunehmen, dann könnte Mathilda unten allein ...“ Unvermittelt nahm er einen Schluck aus seinem Glas.
    Arno beeilte sich, es ihm nachzutun. Mathilda allein, das war eindeutig nicht das, was er gutheißen konnte.
    Erst jetzt wurde er der auf ihn gerichteten scharfen Augen seines Freundes gewahr.
    „Arno?“
    „Was?“ Alarmiert hatte der sich aufgerichtet.
    „Wie gesagt: Ich will mich nicht in deine Belange einmischen. Nur habe ich deine Schülerin heute gehört, wie sie sich Gedanken über dich machte ...“
    „WAS?“, stoppte Arno ihn harsch.
    „Sie fragt sich, ob du noch ihr Lehrer sein wollest“, sagte Heussgen ernst.
    „Sie ...“ Arno hatte keine Ahnung, was er darauf erwidern könnte.
    „Und da frage ich mich, ob du vielleicht auch Hilfe brauchst“, nahm

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