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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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Palgmachers genervtem Aufseufzen:
    „Du wünschst dir, ihn zu küssen. Die Sünde der Wollust, das ist schlimm. Was geht in deinem Körper vor, wenn du dir das vorstellst?“
    Dieser Bastard! Arno musste sich gewaltsam an der Tür neben ihm festklammern, um sich daran zu hindern, vom Balkon zu springen, Mathilda zu greifen und von hier wegzuschleppen.
    Erst jetzt stotterte sie. „Ich ... ich wünsche es einfach, ich ...“
    Warum tut sie sich das an? Was bezweckt sie?
    „Ist auch dein übriger Körper betroffen, außer deinem Kopf?“, zerrte dieser Lump von Beichtvater von Neuem an ihr.
    „Das reicht doch für die Sünde der Wollust“, belehrte ihn das Mädchen im folgenden Moment. Arno musste schon wieder mit Gewalt an sich halten, diesmal, um nicht laut aufzulachen. Sie war wunderbar, und das hatte er von Anfang an gesehen.
    „Diese Sünde tut mir von Herzen leid, mein Jesus Barmherzigkeit“, schloss sie sogleich.
    Palgmachers entnervtes Stöhnen musste sie eigentlich auch gehört haben. 'Langweilige Jungfrau', das war es, was der Alte meinte – während Arno ...
    Sie will mich auch, sie ... sie liebt mich?
    „Um dich von deinen wirklich ganz furchtbar schrecklich wollüstigen Vorstellungen zu befreien, bete jede Nacht so lange Rosenkränze, bis du einschläfst.”
    Sie hat gesagt, dass sie mich liebt, sie hat es Palgmacher gesagt, sie hat ...
    „Amen.“
    Ihre raschen Schritte unter ihm. Rückwärts, von der Beichtbank weg, in den Raum.
    Keine Absolution? Wo blieb die Absolution durch Palgmacher? Warum lief sie jetzt einfach weg?
    Wie magisch angezogen trieb es ihn nach vorn, seine Beine, seine Hände, an die Brüstung, seine Augen ...
    Ihre. Dort unten und doch ... in seinen. Sie sieht mich, oh mein Gott, sie hat mich gesehen, sie hat gewusst, dass ich hier bin, sie hat dies alles ...  
    Er blinzelte, als er erst Sekunden später realisierte, dass ihre Augen, eben noch mit seinen verschränkt, verschwunden waren. Ihre Schritte entfernten sich durch die Kirche. Vermischten sich mit denen ihrer Begleiterin. Verklangen jenseits der Tür, noch bevor diese zuschlug.    
    Mathilda war gekommen und wieder gegangen – und alles, was sie in dieser Beichte ausgesprochen hatte, hatte allein dem Zweck gedient, es ihm, Arno, mitzuteilen. Und auf diese Weise hatte sie ihm gesagt, dass ... sie ihn auch liebe.
    OH MEIN GOTT, WAS SOLL ICH JETZT TUN?
    Nichts natürlich. Dass ... dieses wahnsinnig gewordene Schicksal nun auch zum Äußersten geschritten war, änderte nichts an sämtlichen Tatsachen in diesem absurden Drama. Machte nur alles um ein Vielfaches komplizierter.
    Sie war unglaublich mutig gewesen. Hatte alles gewagt, was sie in ihrer Situation hätte wagen können. Sie hatte ... ihm zu verstehen gegeben ...
    Ja, was?
    WAS STELLT SIE SICH DENN VOR, HERRGOTT NOCH EINMAL?
    '... und ich stelle mir vor, wie wir uns in die Augen sehen und unsere Lippen immer näher kommen und dann ...'
    Hastig stürzte er zurück, auf den Rundgang der Herren, mit einer extra ausladenden Bewegung seiner Schultern, um den Schmerz dort wieder aufwallen zu lassen, die Tür hinter sich zuschlagend. Trotzdem schaffte er nicht, den ihm nachjagenden Bildern zu entkommen, die Mathildas Antwort auf diese Frage heraufbeschworen hatte.
    WIE stellt sie sich das vor?, verbesserte er sich schnell, seine Füße vor sich her, zum Männerchor, durch die Tür, durch die Gänge des Konvents treibend. Sollte er sie bei der Hand nehmen und hier an Ort und Stelle vor den Traualtar schleifen? Er dehnte die Haut seiner Schultern und schnaubte ein frustriertes Schnauben, während er um die Ecke zum Schlaftrakt der Chorherren eilte.  
    Sie war so jung, so naiv! Wie man vorhin gehört hatte: Ein Kuss – und danach ein 'Sie lebten glücklich bis an ihr Ende' losgelöst von allem Leben. 'Aus einem Buch, ich kenne ihn aus einem Buch.' Genau so hatte sie es doch ausgedrückt.
    Sie kennt mich doch gar nicht! Das tat gut, vernünftige Gedanken zu denken. Alles, was sie kennt, ist ihr Lehrer, ihr Beichtvater. Von Arno, dem Mann, ahnt sie nichts. Und das würde sie auch niemals. Denn – selbst abgesehen von der Tatsache, dass Arno dieser Versuchung unter keinen Umständen nachgeben würde – sobald sie den wahren Arno kennenlernte, wäre ihre Liebe auf der Stelle vorüber.  
    Er hatte seine Kammer erreicht, flüchtete sich hinein und knallte schon wieder eine Tür aggressiv hinter sich zu.
    Auch er kannte nur das Bild, das sie der Welt von sich zeigte. Sie

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