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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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nie mehr ohne ihn sein wollte.
    Stimmen! Mathilda verharrte bewegungslos und lauschte um sich. Ganz plötzlich wehten leise, männliche Stimmen zu ihr heran.
    Ihr Herzschlag beschleunigte sich, als sie Arnos dunkle Stimme bruchstückhaft und unbestimmt wahrnahm. Er war also doch hier, in ihrer Nähe. Nur - wo?
    Langsam drehte sie den Kopf. Die Richtung, aus der seine Stimme und eine zweite, ebenfalls männliche kam, war nicht zu orten. Es wisperte und raunte aus allen Richtungen.
    Ihr Blick fiel auf den Altar. Der Männerchor dahinter! Dort oben, nur vom Frauenchor und vom Balkon aus zu sehen, aber von hier unten vollkommen verborgen. Sicher kamen die Stimmen von da.
    Wieder setzten sich ihre Füße von alleine in Bewegung, doch schon nach ein paar Schritten verharrte sie erneut: Um in den Männerchor zu gelangen, müsste sie durch den Altarraum, hinaus in die Sakristei und den Männerkonvent – und von dort irgendwie dorthinauf zu finden. Sollte sie das wirklich wagen? Schließlich war Arno nicht einmal alleine.
    Mathilda biss sich auf die Lippen. Das durfte sie nicht riskieren, die Gefahr, in immense Schwierigkeiten zu geraten – und Arno ebenfalls - war einfach viel zu groß. Dennoch, sie wollte verstehen, was er sprach, wollte ihm nahe sein, auch wenn er das nicht wusste. Vielleicht reichte es, wenn sie bis zum Altarraum vorging. Von dort müssten die Stimmen deutlicher zu verstehen sein.
    Rasch trat sie vor die Absperrung, die die Kirche vom Hochaltar trennte, und hob lauschend den Kopf. Zu ihrer Enttäuschung hörte sie nichts mehr.
    Doch da! Tiefes Männergebrumm, weit entfernt jetzt. Sie hatte sich getäuscht, Arno war nicht im Männerchor – sondern – sie drehte sich um und suchte mit den Augen. Wo war hier noch eine verborgene Türe oder Nische?
    Langsam und aufmerksam lauschend ging sie zurück. Die Stimmen wurden deutlicher. Sie war also richtig.
    Das Beichtgitter, das musste es sein! Sie wurde schneller. Auch wenn der Platz dahinter sichtbar leer war, dort irgendwo war Arno.
    Schließlich stand sie vor der Beichtbank.
    „Allem Anschein nach hast du dich verändert, dich entwickelt. Deine damalige Entscheidung hat ihre Gültigkeit verloren. Du musst sie noch einmal treffen.“
    Das war doch Pater Heussgens Stimme! Sie reckte den Kopf, um vorsichtig durch das Gitter zu spähen.
    Oh ja, ja! Dort drüben, ein Fenster, davor eine Bank und – Pater Heussgen mit dem Rücken zu ihr. Arno neben ihm fast nicht mehr zu sehen, nur seine Kutte, sein Bein.
    Begierig, kein weiteres Wort zu verpassen, kniete sich Mathilda auf die Beichtbank und heftete ihren Blick auf Pater Heussgens Rücken. Worum ging es den beiden? Etwa um – sie?
    „Du überschätzt mich und meine Fähigkeiten. Ich will diese Entwicklung gar nicht.“
    Ihr sank das Herz, das sich beim Klang seiner schönen Stimme gerade beschleunigt hatte. Er will mich nicht wollen.  
    „Entwicklung ist Veränderung“ erwiderte Pater Heussgen ungerührt, drehte sich um und setzte sich auf die Bank, neben Arno.
    Mathildas Kopf schnalzte augenblicklich zur Seite, weg vom Beichtgitter. Wenn Pater Heussgen nur einmal die Augen heben würde – sie musste deutlich zu sehen sein. Das hätte jetzt noch gefehlt, dass sie entdeckt würde. Sie – die Lauscherin! Die damit genau das tut, was Arno auch schon getan hat.  
    Dieser Gedanke beruhigte sie. Sie tat nichts Schlimmes – und der Grund, warum sie es überhaupt tat ...
    Da hörte sie hinter sich die Frauentüre klappen und dann Schritte in der Kirche. Jemand kam!
    „Willst du etwa behaupten, du begrüßest Entwicklungen nicht?“, sagte Heussgen von vorn.
    Himmel! Was jetzt? Was konnte sie tun? Aufspringen und weglaufen? Dann würde sie nicht mehr hören können, was die beiden Männer dort auf der Bank zu besprechen hatten.
    „Nein ... doch“, widersprach Arno sofort. „Allerdings - es kommt schon sehr auf die spezielle Art an.“  
    Sie konnte jetzt nicht gehen, hatte keine Wahl, musste erfahren, worum es Arno ging. Sie musste also bleiben und so tun, als ob sie beichtete. Immerhin kniete sie unverfänglich auf der Beichtbank. Wenn auch völlig verdreht, damit sie für die Männer dort hinten durchs Beichtgitter nicht zu sehen war.
    So ging das jetzt allerdings nicht mehr. Sie lauschte noch einmal hinter sich: Die Schritte kamen schnell heran, gleich würde jemand ums Eck biegen und sie entdecken. Rasch drehte sie sich zum Beichtgitter zurück, reckte ihren Oberkörper hoch auf, um der Ankommenden in

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