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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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knien, bemüht, tief versunken auszusehen. Dann hob sie erst den Kopf und sich schließlich ganz von der Bank, drehte sich um – und sah Schwester Paumenin in der Wartebank knien.
    Sorgsam ihre Hände unter das Skapulier steckend, ging sie mit leisen Schritten auf die Nonne zu, die sie erst ein einziges Mal hatte sprechen hören.
    „Wartet Ihr etwa auf die Beichte?“, fragte sie mit deutlichem Bedauern in der Stimme. „Pater Arno ist leider schon weg.“
    Was nicht einmal gelogen ist , überlegte sie, ehe sie hinzufügte: „Er hat gefragt, ob ich die Letzte für heute sei.“ Mathilda sah die Nonne bedauernd an: „Die Kirche war völlig leer. Tut mir leid.“
    „Oh“, sagte Schwester Paumenin und sah an Mathilda vorbei zum Beichtplatz. „Ich hatte gehofft ...“ Doch dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich bleibe einfach noch und bete die Bußpsalmen.“
    Erleichtert lächelte Mathilda ihr zu, wandte sich dann aber ab und lief zur Treppe. Das hier war ja gerade nochmal gut gegangen. Sie aber würde heute noch so einiges zu überlegen haben. Über Heussgen – aber vor allem über Arno.

Streit ...
     
     
    Mathilda fuhr im Bett hoch. Hatte sie schon geschlafen? Das Klopfzeichen an der Tür jedenfalls war real. Leise, aber sich penetrant wiederholend. Katharina.
    Es kostete Mathilda große Überwindung, ihre warme Decke zurückzuschlagen und sich in die klirrende Kälte zu begeben – auch wenn sie zweifellos gehofft hatte, Besuch von ihrer Freundin zu bekommen, so aufgewühlt, wie sie im Augenblick war.
    „Habe ich dich geweckt?“
    Mathildas gespielt sarkastisches Schnauben blieb ihr in der Nase stecken, als sie die rotgeweinten Augen Katharinas im schwachen Schein ihrer mitgebrachten Kerze bemerkte. „Was ist passiert?“
    In selbstverständlicher Manier steckte Katharina die Kerze in die Halterung an der Wand, schlüpfte unter die Decke und wartete, bis Mathilda sich neben sie gelegt hatte.
    „Es ist alles vorbei“, presste sie dann hervor.
    Bestürzt stütze Mathilda sich auf, das unglückliche Gesicht der Freundin fixierend. „Was heißt das? Elisabeth hat sich doch schon so oft vor dir zurückgezogen. Was hat sie denn gesagt?“
    „Ich habe sie gefragt, ob sie mit mir aus dem Kloster fliehen wolle.“ Und dann sprudelte es nur noch aus Katharina hervor. „Pater Heussgen hat von Nonnen und Mönchen berichtet, die ihre Klöster verlassen, um sich Martin Luthers Anhängern anzuschließen. Du weißt, Luther selbst ist verschwunden, aber seine Lehren sind bis in die Klöster gedrungen. Es gibt eine Burg, die Ebernburg, in der Pfalz liegt die, und der Ritter von Sicklingen nimmt Ordensleute auf, die ...“
    Mathilda hatte sie mit großen Augen angestarrt. „Du willst Anhängerin dieses Luther werden?“, fragte sie entgeistert.
    Natürlich hatte sie mitbekommen, dass Pater Heussgen deshalb von vielen hier gemieden wurde und auch vom Konventsleben ausgeschlossen war. Dass er in seinen Ansichten in vielem radikal von denen der Kirche abwich, war ja auch nicht zu übersehen gewesen. Wenn er verkündet hätte, der Kirche den Rücken zu kehren und sich Luther anzuschließen, Mathilda wäre nicht im Mindesten überrascht gewesen. Aber Katharina? Gott, ihr Glaube, alles, was über ihre Liebe zu Elisabeth hinausging, schien ihr immer nebensächlich gewesen zu sein.
    „Du weißt, wie sehr ich das Leben hier hasse“, erinnerte sie Mathilda mit bitterer Stimme. „Und Luther – er hat einen Weg hinaus. Einen Weg für mich! Eine unverheiratete Frau ohne Familie. Und für ...“ Sie brach ab, wischte sich mit einer hektischen Bewegung die hervorschießenden Tränen aus dem Gesicht. „Wir könnten weg von hier“, war dann ein nur mühsam gedämpftes Brüllen. „Sie und ich könnten weg von hier und zusammen sein. Wir könnten endlich zusammen sein!“
    „Und sie hat 'nein' gesagt?“ Betroffen hielt Mathilda ihrer schluchzenden Freundin ein Tuch hin.
    War das Schicksal? Dass ausgerechnet jetzt, heute, hier zwei Frauen lagen, die sich beide nichts sehnlicher wünschten, als mit dem geliebten Menschen zusammen von hier zu flüchten? Während dieser jeweils – zauderte. Oder gar – ein Schauer durchlief sie – ablehnte?
    Der vorsichtige Optimismus, den sie verspürt hatte, nachdem sie Heussgen so ermunternd auf Arno hatte einreden hören, war schon seit Stunden verflogen. Hatte einer großen Erschöpfung Platz gemacht, von der sie wusste, dass sie – das war immer so bei ihr – lediglich dazu diente,

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