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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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wieder ändern.“
    Gut, Arno würde es ihm erklären. Was er seinem Freund vor ihrem endgültigen Abschied schließlich auch schuldig war. „Selbst wenn sich das eines Tages ändern sollte, so wird Gott niemals mehr das für mich sein können, was er einmal war. Ich werde nicht aufhören, Mathilda zu wollen, und dass ich sie will, werde ich niemals bereuen können. Ich bin kein Priester mehr.“ Doch, es war gut, diese Endgültigkeit laut auszusprechen.
    „Äh ...“ Heussgens verständnislose Augen starrten ihn an. „Du willst sie? Du bist kein Priester mehr, weil du sie nicht bereuen kannst? Aber sagtest du nicht gerade, du wollest sie gehen lassen und selber hier ...“
    „Ich werde mein Priesteramt niederlegen.“
    „Du ... warum kommst du dann nicht mit?“ In seiner Verwirrung war Heussgen aufgestanden, Arno nicht aus seinem Blick lassend. „Ich werde zunächst nach Augsburg, von dort aus aber zur Ebernburg reisen. Franz von Sickingen hat Luther selbst Asyl angeboten. Dort können wir bleiben, bis wir uns neu orientiert haben. Und du und Mathilda ...“
    „Es gibt kein 'ich und Mathilda'“, unterbrach Arno ihn harsch. Aber nun hatte er keine Wahl mehr, nun musste er vorbringen, warum. In schnellen, holperigen Worten berichtete er seinem Freund von Aurelia, von Rosa, von seiner Schuld, die ihm Mathilda verwehrte. War an der Tür, noch ehe er den letzten Satz zu Ende gesprochen hatte.
    „Moment, Arno, eines musst du mir noch erklären.“ Heussgen war schon neben ihm, hielt ihn am Ärmel zurück.
    Arno wandte sich ihm zu, allen Ernstes lächelnd. „Ich werde dich vermissen, mein Freund“, sagte er leise.
    Heussgen ließ einen Moment eines einverständigen Lächelns zwischen ihnen vergehen, ehe seine Miene ernst wurde, konzentriert. Er wusste, dass er nur noch einen Satz hätte, und den wollte er perfekt formulieren. „Du willst demnach Buße tun, weil du dich am Selbstmord einer Frau schuldig fühlst, die du verlassen hast, obwohl sie dich geliebt hat – indem du eine andere Frau verlässt, die dich genauso liebt? Habe ich das richtig verstanden?“
    Das Lächeln war aus Arnos Gesicht herausgefallen, und es fühlte sich an wie zerbrochen.
    „Wäre es nicht viel sinnvoller, deine Tat, die eine Frau ins Unglück gestürzt hat, zu sühnen, indem du es diesmal anders machst? Und Mathilda glücklich?“
    Das war ...
    „Die Glocke zum Ende von Sexta, hörst du? Ich erwarte dich dann später hier.“ Mit diesen Worten schob Heussgen ihn fast brüsk aus seiner Kammer und schloss die Tür zwischen ihnen.
    Dieses Argument war ...
    Nein. Arno würde jetzt nicht nachdenken. Er würde nur das tun, was er sich vorgenommen hatte.

Schlimme Nachrichten
     
     
    Mathilda wäre am liebsten sofort in die Unterrichtsstube gerannt. Sie musste Arno so viel erklären. Dass sie gar nicht die Absicht gehabt hatte sich umzubringen, zum Beispiel. Dass es nur die schlimme Sehnsucht nach ihm gewesen war, die ihr Trugbilder von ihm vorgegaukelt hatte. Zu seiner Beruhigung konnte sie ihm ja auch sagen, dass dies stets nur auf dem Balkon der Laienschwestern geschehen war – den sie ab sofort meiden würde wie die Pest. Sogar schon heute während der Rekreation hatte sie dem Drang, dorthin zu gehen und nachzusehen, ob er – der wahre, echte Arno – nicht vielleicht doch in der Nähe wäre, nicht nachgegeben. Zugegebenermaßen auch aus dem Grund, weil sie sich selbst nicht über den Weg traute. Der Schreck darüber, sich so unvermutet auf der Brüstung wiedergefunden zu haben, die Beine schon über dem Abgrund, saß ihr noch immer tief in den Knochen. Was war es nur, was sie dorthin gezogen hatte, dieser Sog? Immer wenn sie zu singen aufgehört hatte, war er besonders stark gewesen. Musste sie ab nun Angst dort haben, dass irgendeine Macht ... der Teufel vielleicht?
    Ihr, die sie sich seit Arnos Auftauchen warm gewähnt hatte, wurde klar, dass sie in Wahrheit vor Anspannung bitterlich fror. Sie rieb ihre steifen Hände aneinander. War dieser Sog des Teufels? Hatte Pater Heussgen unrecht – und es gab ihn doch? Auch das war etwas, was sie nur mit Arno klären konnte.
    Was sie wiederum zum Hauptgrund ihrer Angst führte: Was war mit ihm? War er noch der, für den sie ihn hielt? Tagelang war er weg gewesen. Was hatte er in dieser Zeit getan? Was plante er für jetzt? War sie Teil seines Plans? Beruhigend war im Moment strenggenommen nur, dass er zurück war – und dass sie jetzt gleich zum Unterricht gehen und ihm begegnen

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