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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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auf.
    „Der Genuss Deines Leibes, Herr Jesus Christus,
    den wir Unwürdige zu empfangen wagen,
    gereiche uns nicht zum Gericht und zur Verdammnis,
    sondern sei uns nach Deiner Güte
    ein Schutz des Leibes und der Seele und ein Weg zum Heile.
    Du lebst und herrschest von Ewigkeit zu Ewigkeit.
    Amen.“
    Das Seltsame war, dass sich dieses Vorgehen, sich in den Zustand eines Priesters zu versetzen, gar nicht so radikal von der Art und Weise unterschied, wie er es früher gehandhabt hatte, als er ... noch einer gewesen war.
    Die Örtlerin, die jetzt als erste Nonne vorgetreten war, nickte ihm so wohlwollend zu wie immer, schloss vertrauensvoll die Augen wie immer, schien sich genauso wie immer der Gabe der Hostie hinzugeben.
    „Christi Leib“, intonierte Arno in der äußeren Hülle des Priesters.
    „Amen.“
    Interpretiert hatte er diese Rollenübernahme anders. Hatte es als innere Versenkung in sein Amt gedeutet, als Konzentration auf das, was Gott von ihm erwartete.
    „Der Leib Christi.“
    Dabei war es all die Zeit nicht mehr gewesen als die bewusste Entscheidung, die Rolle des Priesters zu bekleiden und das auszustrahlen – genau wie heute auch.
    „Amen.“
    Eine Nonne nach der anderen trat an ihn heran, die Augen sittsam gesenkt.
    „Der Leib Christi.“
    Demut, Gottesfurcht, Hingabe an die höhere Macht. Auch Glück. Doch keine Begegnung zwischen Menschen. Er ausschließlich 'der Priester'. Eine Hülle für den Gottesdienst. Kein Mensch. Und erst recht kein Mann. Früher hatte er das nicht empfunden. Früher habe ich das gut gefunden.  
    „Amen.“
    Sie kamen nach vorne in Erwartung dessen, was sie erwarten sollten. Um dann wieder zu verschwinden in der Reihe ihrer uniformierten Schwestern, von der er nur einen kleinen Ausschnitt sah, ohne erkennen zu können, um wen es sich handelte oder was in der Betreffenden vorging. Und das interessierte auch gar nicht, solange die Liturgie reibungslos ablief. Es zählte allein der Schein.
    „Der Leib Christi.“
    Wenn er sich früher vorgestellt hätte, dass er eines Tages in seinem jetzigen Zustand als sündiger, gottloser Mann die Stirn haben könnte, mit Priesterskapulier und Hostien das Sakrament der Kommunion zu erteilen – er hätte sich bereits in der Hölle gewähnt. Nun dagegen beging er diese unfassbar ketzerische Sünde beinahe lässig. Und ob er dafür in der Hölle schmoren würde – was brachte es, sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen?
    Wo selbiger doch zum Bersten gefüllt war mit Bildern und Sinneseindrücken derjenigen Frau, der er gleich, als Letzter, nur durch dieses Fenster getrennt, gegenüberstehen würde. Der Frau, für die er hier war, um derentwillen er dieses Priesterschauspiel veranstaltete, den Schein aufrechterhielt. Für die er selbst in die Hölle gehen würde.
    „Amen.“
    Diese Schwester ging nicht. Er sah auf.
    Katharina lächelte ihn glücklich an. „Danke, Pater Arno.“ 'Wir werden all das hier hinter uns lassen', strahlte aus ihrem Gesicht. Hatte sie wirklich keine Angst? 'Ich will mit ihr zusammen sein, dafür zahle ich jeden Preis!' Elisabeth dagegen hatte Angst, wahrscheinlich sogar mehr als Arno. Er hatte auf sie achten wollen – doch sie war bereits an ihm vorbei, unauffällig wie immer. Er nickte Katharina unmerklich zu, die nun scheinbar demütig das Knie beugte, wie von ihr erwartet wurde, und in die Reihe der Schwestern zurück eilte.  
    Da war es so weit. Mathilda. Keine Überraschung, sie war die nächste nach Katharina. Und trotzdem war er zusammengezuckt, seine Augen in ihre. Wie ihre Lippen sich zu einem dieser wundervollen Mathilda-Lächeln formten, schienen sie ihn stumm zu grüßen. War das Blickfeld der übrigen Nonnen so groß, dass die ihn lächeln sahen?
    Er senkte den Blick, nahm eine der letzten aus dem Kelch der Hostien, hielt sie hoch, zitternd jetzt. „Der Leib Christi.“
    Es war nur ein Hauch. „Am...o.“ Ich liebe.  
    Arno blinzelte.
    Ihre Augen weit, seine aufnehmend. „Te!“ Dich! Wie ein kleines Husten.  
    Er starrte sie an. Holte Luft. Verspätet. Führte seine Hand mit der Hostie hoch an ihren Mund. Mathilda erwiderte unverwandt seinen Blick. Arno bebte, konnte nicht verhindern, dass sein Daumen – ganz kurz nur – ihre Unterlippe streifte. So ihre Augen sich schließen ließ, ihren Mund sich teilen, weil sie nach Luft schnappen musste. Er genauso, als die Oblate, noch in seinen Fingern, ihre Zunge berührte. Ihre Zunge, die gestern ...
    Hastig zog er seine Hand

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